Nockherberg: Die neue Angela

Christin Marquitan wird auf dem Nockherberg die Bundeskanzlerin verkörpern. Was sie an Merkel mag, was sie verbesserungswürdig findet und welche Gummibärchen die Politikerin bevorzugt
AZ: Frau Marquitan, was haben Sie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeinsam?
CHRISTIN MARQUITAN: Den Humor.
Dafür ist Merkel ja nun nicht gerade bekannt.
Wenn man sich Aufnahmen von ihr anschaut, merkt man, wie offen sie ist. Selbst nach einer harten Rede ist sie nie böse, sondern lächelt in die Runde. Ich habe einmal im Flieger von Köln neben ihr gesessen. Sie hat sich mit ihren Bodyguards eine Tüte Haribo geteilt und ich hatte meinen bissigen Hund auf dem Schoß. Als er sich von ihr hat streicheln lassen, hat sie sich unheimlich Freude. Sie war lustig, frei, ganz normal. Und während ich nur die grünen Haribos mag, mochte sie nur die roten.
Sie doublen Angie heuer auf dem Nockherberg und lösen damit Corinna Duhr ab...
Vor Corinna habe ich großen Respekt. Ich wusste nicht, dass es so große Wellen schlägt, wenn jemand aus dem Ensemble ausgetauscht wird. Ich bin weit davon entfernt, einer netten Kollegin das Wasser abzugraben. Ich weiß nur, dass es Regisseur Biedermann um Gesang ging und er deshalb mich gefragt hat. Ich habe nie darüber nachgedacht, am Nockherberg zu spielen, weil das für mich so bayerisch war. Die Anfrage kam für mich aus heiterem Himmel.
Haben Sie sofort zugesagt?
So einfach war das nicht. Ich musste Biedermann drei Mal vorsprechen. Er ist in loriotischer Manier sehr pedantisch, wie ich auch. Als dann die konkrete Anfrage kam, habe ich sofort zugesagt, weil ich wusste, dass er ähnlich wahrhaftig wie ich versucht, an Figuren ranzukommen.
Sie sehen Merkel gar nicht ähnlich. Wie kamen Sie dazu, gerade sie zu parodieren?
Vor zwei Jahren kam die Anfrage von meiner Agentur, ob ich Merkel könne. Ich war erst unsicher. Aber es ging wunderbar und mittlerweile habe ich mich in sie hineingefühlt und kann drei Neujahrsansprachen auswendig.
Wie nähert man sich Merkel?
Nicht über Äußerlichkeiten. Ich schaue, was sie beseelt, auf ihr Charisma.
Wie sieht das konkret bei Merkel aus?
Markant ist ihre Beharrlichkeit, ihr konsequentes Dranbleiben. Sie strahlt eine unheimliche Ernsthaftigkeit aus, aber sie ist auch in jeder Sekunde authentisch. Wie sie sich beim Fußball bei der WM Freude hat, wie sie mit Kollegen flachst, das zeigt, was sie für ein herzlicher Mensch ist.
Klingt als wären Sie ein ausgewiesener Merkel-Fan.
Ich mag sie, ja. Aber ich finde, sie hat manchmal die falschen Berater und als Synchronsprecherin glaube ich, dass sie in ihren Reden mit einer besseren Wortwahl vieles treffender überbringen könnte.
Sie leben in Hamburg. Haben Sie überhaupt den Nockherberg verfolgt?
Sicher, ich habe 14 Jahre in München gelebt, in der Schelling- und der Schleißheimer Straße. München ist mir nicht fremd. Der Nockherberg ist eine bayerische Kultveranstaltung, aber ich glaube, dass Deutschland auf ihn nicht verzichten kann.
Warum?
Dort analysiert man die Politiker mit viel Humor und nimmt sie auf das Korn, ohne bösartig zu sein. Das ist einmalig. Der erhobene Zeigefinger bringt nichts, aber wenn man mit Humor hart an der Wahrheit bleibt, dann müssen die Politiker oft schlucken.
Warum lassen sich Politiker besonders gut parodieren?
Das ist nicht berufsspezifisch. Alle Menschen lassen sich gut parodieren, wenn man genau hinschaut und vor allem hinhört. Merkel zeichnet sich durch ihre spezielle Art der Bewegung aus, durch ihre Handhaltung und ihren unergründlichen Dialekt. Sie ist wie ich in Hamburg geboren. Aber auch Söder lässt sich gut erfassen, genau wie Guttenberg. Den fand ich letztes Jahr irre.
Was machen Sie Irres am Nockherberg?
Eine spannende Merkel, die mit einigen Dingen rausrückt, die sie bislang zurückgehalten hat. Die Welt ist bereit zu erfahren, dass Angie eine unglaublich tolle Sängerin ist.
Sie singen Chansons, aber auch Opern. Ist Merkel mehr Carla Bruni oder Anna Netrebko?
Sie liegt dazwischen, das hängt sehr von ihrer Stimmung ab.