Niemand will mehr kellnern: Strategien der Wirte in München gegen den Personalmangel

München - Ohne "Benefits" braucht sich heute kein Arbeitgeber mehr auf Mitarbeitersuche machen. In der Gastronomie waren solche Zusatzanreize für Arbeitnehmer früher eigentlich nicht nötig.
Die Arbeit mit Menschen, der Arbeitsort Wirtshaus und das Trinkgeld war vielen Haupt- und Nebenberuflern schon Anreiz genug, um sich ihr Geld dort zu verdienen.
Kellner-Mangel in München: Nach dem Corona-Lockdown kam die Kündigungs-Welle
Mit Corona hat sich alles verändert. Köche, Kellner, Küchenhilfen, "spätestens nach dem ersten Lockdown haben die meisten gekündigt", erzählt Fabian Stingl, der mehrere Lokale betreibt, unter anderem die Bäckerei Alof und das Wirtshaus Maximilian im Glockenbachviertel.
Die einen sind in ihre europäischen Heimatländer zurückgegangen und nicht wieder gekommen, andere haben die Branchen gewechselt. Auch die Studenten waren auf einmal nicht mehr in der Stadt und haben sich ihr Geld anders als mit Kellnern verdient.

Wenn sich Mitarbeiter krank melden, werden die Tische reduziert
Corona ist längst vergessen, dementsprechend sind die Wirtschaften wieder voll. Aber das Personal fehlt. Stingl hat sich schon viele Benefits für potenzielle Bewerber überlegt: Dirndl und Lederhosn, eine Mitarbeiter-Kreditkarte, Jobticket, berufliche Altersvorsorge und sogar eine Mitarbeiterwohnung hat er zu bieten.
Trotzdem fehlt ihm sowohl in der Bäckerei mit angeschlossenem Café als auch im Wirtshaus Personal in Küche und Service. Das Maximilian hat deshalb montags und dienstags zu – wie viele andere auch. Gäste gäbe es genug.

Und wenn sich Mitarbeiter krank melden, muss Stingl auch mal die Tische reduzieren. Denn einen guten Service möchte er seinen Gästen auf alle Fälle weiter bieten.
Mit Plakaten und Postkarten will er potenzielle Bewerber in seinen Lokalen jetzt direkt ansprechen. Wer jemanden erfolgreich vermittelt, bekommt eine Prämie. Schülern, die einmal in die Gastronomie hineinschnuppern wollen, bietet er ein dreimonatiges Praktikum an.
Nicht nur in der Gastronomie: Personalmangel in München und Bayern verschärft sich
Personalmangel ist nicht nur ein Problem der Gastronomie. "Die Schere zwischen Schulabgängern und Renteneintritten geht immer weiter auseinander", weiß Thomas Geppert, bayerischer Landesgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga.
Und der Höhepunkt sei noch nicht erreicht. Laut einer Statistik des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus gehen 2025 rund 97.000 Schülerinnen und Schüler von allgemeinbildenden Schulen ab und gleichzeitig treten 283.000 Menschen ihre Rente an.
Fachkräftemangel in der Gastronomie: Zuwanderung in den Arbeitsmarkt benötigt
"Das trifft die personalintensiven Branchen am stärksten", so Geppert. Darum fordert er von der Politik: "Wir brauchen Zuwanderung in den Arbeitsmarkt". Aber das allein reiche nicht. "Die Kernkompetenz eines Kellners in der Gastronomie ist der Umgang mit Menschen", sagt Geppert. Diese Skills sind auch für andere Branchen interessant, und die werben die Mitarbeiter ab.
Deshalb habe es die Gastronomie zusätzlich schwer, ihre Leute zu halten. Anreize müssen her. Gepperts Vorschlag: eine Wochenarbeitszeit. Benefits wie Homeoffice kann man einem Gastro-Mitarbeiter nicht bieten. Wenn statt der geregelten Tages- eine Wochenarbeitszeit eingeführt werden würde, könnten sie zumindest ihre Arbeitszeit flexibler gestalten, so Geppert. Das klingt in der Theorie schon einmal recht schlüssig.