"Niemand muss sich schlagen lassen"

Über Weihnachten und das neue Jahr haben Frauenhäuser ungeheuren Zulauf, weshalb viele Einrichtungen hoffnungslos überfüllt sind. Dennoch kann jede Frau auf Hilfe hoffen
von  Cornelia Schmitz
Hilft mit ihrem Verein „Horizont “seit 15 Jahren Müttern und deren Kindern: Schauspielerin Jutta Speidel.
Hilft mit ihrem Verein „Horizont “seit 15 Jahren Müttern und deren Kindern: Schauspielerin Jutta Speidel. © Gregor Feindt

 

Ein Leben ohne häusliche Gewalt, das ist für viele Frauen ein Wunsch – nicht nur zur Weihnachtszeit. Jetzt haben die Frauenhäuser erheblichen Platzmangel und Hilfesuchende müssen abgewiesen werden.

Jede vierte Frau in Deutschland wird Opfer häuslicher Gewalt. In Bayern gibt es 38 staatlich geförderte Frauenhäuser mit 339 Plätzen für Frauen und 400 Plätzen für deren Kinder. Zwölf Frauenhäuser kümmern sich im Bayerischen Oberland um die Gewaltopfer, in der Stadt München sind es drei.

Im Jahr 2012 konnte die Frauenhilfe München, deren Träger der paritätische Wohlfahrtsverband des Landesverbands Bayern ist, 124 Frauen vorübergehend beherbergen und damit Schutz vor ihren Peinigern bieten. Doch die Kapazitäten reichen nicht aus: Alleine in diesem städtischen Frauenhaus mussten 162 Frauen „weitervermittelt“ werden – konnten also nicht untergebracht werden. Und: Die Situation hat sich 2013 nicht verbessert.

Die Leiterin der Frauenhilfe, Caroline Beekmann, hätte gerne mehr geeignete Räumlichkeiten, in denen sie die Gewaltopfer anonym, geschützt und behütet unterbringen könnte: „Man kann immer mehr tun.“ Nicole Pfeiffer, Mitarbeiterin im „Frauen helfen Frauen e.V.“, dem zuständigen Frauenhaus für den Landkreis Bad-Tölz-Wolfratshausen inklusive Miesbach, beklagt, dass in diesem Jahr bis einschließlich November nur 17 Frauen mit 25 Kindern aufgenommen werden konnten, wohingegen 46 Hilfesuchende abgewiesen werden mussten.

„Letztes Jahr waren es noch 40 Frauen, für die wir keinen Platz hatten“, erinnert sich Pfeiffer. Schuld an der Misere sei die Bedarfsplanung der Bayerischen Staatsregierung, die davon ausgehe, dass die Notleidenden nur vier bis sechs Wochen in einem Frauenhaus bleiben würden, so Pfeiffer. In dieser kurzen Zeit sei es jedoch unmöglich, die Bedrohung seitens der Gewalttäter auszuschalten oder rechtliche Regelungen zu treffen. Auf die Frage, was die Frauen machen, wenn sie abgewiesen werden, antwortet die Betreuerin lakonisch: „Sich erst mal weiter schlagen lassen.“

Wichtige rechtliche Grundlage zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt ist das Gewaltschutzgesetz (GeSchG). Demnach kann ein Mann, der seine Frau schlägt, aus der gemeinsamen Wohnung ausgewiesen werden – selbst wenn ihm die Wohnung gehört. In diesen Fällen ist es dem Gewalttäter untersagt, in die Nähe der Frau zu kommen.

Neben der Möglichkeit, in einer anonymen Adresse Unterschlupf zu finden, bieten die Frauenhäuser rund um die Uhr Notrufnummern, rechtliche Informationen, Beistand in akuten Krisensituationen und ambulante Beratungsstellen.

Caroline Beekmann und Nicole Pfeiffer ermutigen alle, die unter physischer oder psychischer Gewalt leiden, sich trotz prekärer Platzsituation an die Frauenhäuser zu wenden: „Wir helfen jeder Frau, die sich hilfesuchend an uns wendet, das Gewaltschutzgesetz gegenüber ihrem Peiniger durchzusetzen. Niemand muss sich schlagen lassen.“

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.