Nicht mehr CSU-Chef: Warum Spaenle jetzt geht

München - Als die Kreisvorstände der CSU München sich am Sonntagabend im Franziskaner treffen, soll es eigentlich um die Bundestagskandidaturen gehen, Partei-Alltag im Jahr vor einer Wahl. Doch dann wird es keine normale Sitzung. Ludwig Spaenle eröffnet den Teilnehmern, dass er sich schon in wenigen Wochen als München-Chef zurückziehen wird. "Überraschend", ist ein Wort, das hinterher häufig fällt.
An der Basis grummelt es ein bisserl. Dürfte aber kein Problem sein. Einerseits. Andererseits gibt es auch wichtige Münchner CSU-Leute, die sagen, man habe Spaenle, dem Ex-Kultusminister, der inzwischen wieder in den Landtag nachgerückt ist, schon länger angemerkt, dass er nicht mehr so engagiert wie all die Jahre als Parteichef im Einsatz gewesen sei. Und: Spaenle hat diesen Sonntag offenbar lange vorbereitet. "Den Sommer über und mit seiner Frau" sei die Entscheidung gereift, so sagt er es der AZ.
Georg Eisenreich: Wunsch-Nachfolger von Spaenle
Spaenle (59) präsentiert der Kaffeerunde umgehend seinen Wunsch-Nachfolger Georg Eisenreich (49), bisher einer der Stellvertreter. Als Vize nachrücken soll Stadtratsfraktionschef Manuel Pretzl. Die Franziskaner-Runde signalisiert in großer Eintracht Wohlwollen und Unterstützung für diese Variante. Das erzählen mehrere Teilnehmer. Nur CSU-Generalsekretär Markus Blume soll etwas zurückhaltender gewesen sein.
Spaenle begründet seinen Rückzug damit, dass die CSU sich jetzt mit einem jüngeren Nachfolger in Richtung Bundestagswahl orientieren soll. Eigentlich wäre seine Amtszeit wenige Wochen vor der Wahl zuende gegangen. Im Gespräch mit der AZ sagt er, sollte Corona es zulassen, solle sein Nachfolger bei einem Parteitag am 12. Oktober gewählt werden. Spaenle betont die Souveränität der Partei, dass es sich bei Eisenreich lediglich um einen "persönlichen Vorschlag" handele.
Nun ja. Spaenles Taktik dürfte aufgehen - und im Detail mit Eisenreich abgesprochen worden sein. Schon am Abend gilt er überall in der Partei als klarer Favorit, erklärt am Montag auch öffentlich, er sei "zur Kandidatur bereit, wenn die Mandats- und Funktionsträger das am nächsten Sonntag mehrheitlich unterstützen". Er wolle der "internen Meinungsbildung und Diskussion aber nicht vorgreifen".
CSU: "Geschlossen an einem Strang ziehen"
Dass die am Ende auf Eisenreich rausläuft, daran hat bei den einflussreichen CSUlern offenbar kaum einer einen Zweifel. Markus Blume betont: "Wir sind dann stark, wenn wir geschlossen an einem Strang ziehen!" Es gehe nun besonders darum, den Grünen und ihrer "machtpolitischen Skrupellosigkeit" etwas entgegenzusetzen.
Und die Stimmung an der Parteibasis? Bedauern über den Rückzug ist dort am Montag nicht oft zu hören.
Mancher ätzt, dass die Wahlschlappe bei der Kommunalwahl noch "überhaupt nicht aufgearbeitet" sei. Spaenle habe die Wahlkampagne für Kristina Frank ("Wieder München werden") maßgeblich verantwortet. "Altbacken", heißt es, "peinlich", "völlig missglückt".
Öffentlich freilich mag das keiner sagen, da klingt eher mal beiläufig eine gewisse Distanz durch, wie etwa bei Laurenz Kiefer, dem Chef des CSU-Ortsverbands Neuhausen-Oberwiesenfeld. Der Schritt verdiene "Respekt", sagt dieser, der Schritt sei aber auch "überfällig" gewesen.
Spaenle wird es verkraften. Und weiter Politik machen. Wenn die Partei ihn lässt, erzählt ein aufgeräumter Ex-Minister am Montag, tritt er 2023 erneut für den Landtag an.