Neues Mietrecht – das ändert sich
Ab 1. Mai gilt das neue Mietrecht. Sanieren und Räumen wird leichter. Der Anstieg der Mieten soll begrenzt werden. Die AZ erklärt die Änderungen.
München/Berlin – Die Eigentümerverbände loben es, Mietervereinigungen schimpfen darüber: Das neue Mietrecht sorgte schon im Februar für Zank, als der Bundesrat den Änderungen überraschend zustimmte. Am 1. Mai gilt das neue Recht.
„Die Rechte der Mieter werden enorm beschnitten“, sagt Anja Franz vom Mieterverein München. „Die neuen Regelungen sind ausgewogen“, meint Rudolf Stürzer vom Eigentümerverband Haus+Grund. Sicher ist, dass sich einiges ändert. Die AZ stellt die wichtigsten Neuerungen vor:
Kappungsgrenze niedriger: Bisher dürfen Vermieter die Miete in drei Jahren maximal um 20 Prozent erhöhen. Das neue Recht erlaubt Landesregierungen, diese Grenze in Ballungsräumen auf 15 Prozent abzusenken. In München ist eine Senkung der Grenze sicher, für andere Gemeinden will das bayerische Justizministerium bis Mai Kriterien ausarbeiten. Ob es dann einen Gesamtentwurf für Bayern gibt, steht noch nicht fest.
Anja Franz vom Mieterverein reicht das nicht. Sie fordert, den Zeitraum für die Berechnung des Mietspiegels zu verlängern und die Kappungsgrenze auch bei Neuvermietungen einzuführen. Tatsächlich könnten die Mieten durch die neue Kappungsgrenze unterm Strich sogar stärker steigen. Rudolf Stürzer von Haus+Grund meint: „Der Schuss wird für die Mieter nach hinten losgehen, weil die Vermieter dann einfach öfter in kleinen Happen erhöhen.“
Öko-Aufschlag auf Vergleichsmiete: Vermieter dürfen die Miete erhöhen, wenn diese unter der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ liegt. Neu ist, dass bei der Vergleichsmiete nun energetische Sanierungen einberechnet werden – auch, wenn sie in der betroffenen Wohnung gar nicht durchgeführt wurden. Es zählt die Öko-Ausstattung der anderen.
Sanieren leichter: Um eine Sanierung zu begründen, braucht es nun kein eigenes, teures Gutachten mehr. Es reicht, auf vergleichbare Pauschalwerte hinzuweisen. „Das ist gut, denn Modernisierungen sollen nicht an Formalitäten scheitern“, meint Rudolf Stürzer von Haus+Grund.
Keine Mietminderung bei „energetischer Sanierung“: Mieter können bei Bauarbeiten am Haus eine Mietminderung beantragen, bis die Arbeiten vorbei sind. Das neue Gesetz schafft dieses Recht allerdings für die ersten drei Monate der Bauarbeiten ab – wenn es sich um eine „energetische Modernisierung“ handelt. Darunter fallen Maßnahmen, die dazu beitragen, dass Energie „effizienter genutzt“ wird. Das heißt nicht, dass die Mieter damit auch etwas sparen müssen.
„Da kann man vieles als Modernisierung reinwurschteln“, sagt Anja Franz. „Das wird eine Flut von Prozessen nach sich ziehen, in denen geklärt werden muss, was nun eine ,energetische Sanierung’ ist und was nicht.“
Rudolf Stürzer von Haus+Grund setzt auf vorherige Vereinbarungen zwischen Vermietern und Mietern. Außerdem sei eben nicht nur gut, was den Mietern Geld spart: „Es geht auch um die Umwelt und die Ressourcenschonung.“
Miete hoch nach Modernisierung: Die „energetische Sanierung“ kann den Mieter sogar teuer kommen: Wie bisher können Vermieter die Kosten einer Modernisierung mit jährlich bis zu elf Prozent auf die Miete umlegen. Kostet die Modernisierung zum Beispiel 15000 Euro, zahlt der Mieter einer 70-Quadratmeter-Wohnung monatlich 137,50 Euro mehr.
Der Mieterverein kritisiert, dass die Mieter damit mehr zahlen würden, als sie durch die Sanierungen sparen könnten. Außerdem müssten sie die höheren Mietpreise auch dann noch weiterzahlen, wenn der Eigentümer das Geld für die Sanierung längst wieder eingenommen hat.
Härtefälle verzögern nicht mehr: Bisher konnten Mieter eine Sanierung blockieren, wenn sie sich die anteiligen Kosten dafür nicht leisten konnten. Der Härtefall musste geprüft werden, bevor saniert werden konnte. Nun wird erst modernisiert und dann geprüft.
Der Vermieter muss die Sanierung mindestens drei Monate vorher ankündigen, der Mieter spätestens einen Monat vor Baubeginn schriftlich auf seinen Härtefall hinweisen. Die Bauarbeiten beginnen dann trotzdem. Erst im Mieterhöhungsverfahren danach wird geprüft, ob der Mieter die Erhöhung wirklich nicht zahlen kann.
„Münchener Modell“ verboten: Bisher konnten Investoren Mieter recht leicht aus ihren Wohnungen werfen, wenn sie die Mietshäuser zu Wohneigentum machen wollten. Um die Kündigungsfrist zu umgehen, gab es das „Münchener Modell“. Das klappte so: Investoren gründen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), kaufen das Haus und wandeln die Wohnungen zunächst nicht in Eigentum um.
Jedem Gesellschafter wird aber vertraglich eine Wohnung zugewiesen. Dann kündigen die Gesellschafter den Mietern wegen Eigenbedarfs. Die GbR löst sich auf und die Gesellschafter werden als neue Eigentümer der Wohnungen eingetragen. Das ist jetzt verboten.
„Berliner Räumung“ erlaubt: Hat ein Vermieter vor Gericht eine Räumung erstritten, kann der Gerichtsvollzieher das Urteil nun auch vollstrecken, ohne den Abtransport und die Lagerung der Möbel und Wohngegenstände zu organisieren. Räumung heißt dann schlicht, den Mieter vor die Tür zu setzen. Bisher musste der Vermieter die Kosten für die komplette Räumung vorstrecken.
„Mietnomaden“ verhindern: Vermietern können besser gegen Mietbetrüger vorgehen. Gerichte sollen Räumungen vorrangig bearbeiten. Sie können Mieter verpflichten, für die während eines Räumungsverfahrens fällig werdende Miete eine „Sicherungsanordnung“ zu hinterlegen.
Wenn bei einer Räumung nicht der Mieter, sondern ein Unbekannter die Tür öffnet und so die Räumung verhindert werden soll, bekommt der Gerichtsvollzieher nun per einstweiliger Verfügung schnell einen weiteren Räumungstitel gegen den unberechtigten Untermieter.
Anja Franz vom Mieterverein: „Mieter, deren Wohnung geräumt wird, sind ohnehin arm dran und brauchen Hilfe.“ Rudolf Stürzer sieht das anders: „Warum sollen Betrüger, die absichtlich keine Miete zahlen, geschützt werden?“
Kündigung bei fehlender Kaution: Mieter müssen nach wie vor eine Kaution von drei Monatsmieten ohne Nebenkosten zahlen. Neu ist, dass sie fristlos gekündigt werden können, wenn sie die Kaution in Raten zahlen und zweimal nicht gezahlt haben. Eine Abmahnung braucht es dazu nicht.
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