Neues Krematorium in München: Abschied in der Ofenhalle

Das neue Krematorium am Ostfriedhof neben der historischen Trauerhalle ist fertig- und in dieser dritten Version des Baus können Angehörige den Weg bis zum Feuer mitgehen.
von  Irene Kleber
Die historische Trauerhalle, neben der der Neubau steht, wird weiterhin für die Trauerfeiern genutzt.
Die historische Trauerhalle, neben der der Neubau steht, wird weiterhin für die Trauerfeiern genutzt. © Daniel von Loeper

München - Am Ende sind es dreieinhalb Kilo, die von einem Leben bleiben, das Gewicht der Urne mitgerechnet. Aber den Weg dorthin mitzugehen, wo der geliebte Mensch zu Asche wird, das ist bisher nicht möglich gewesen im Münchner Krematorium, das seit 1929 am Ostfriedhof steht.

Begleiten bis zum allerletzten Moment

Jetzt kann man das als trauernder Angehöriger. Denn das neue Krematorium, das am Dienstag neben der historischen Trauerhalle eingeweiht worden ist, hat diese Möglichkeit geschaffen. Begleiten - bis zum allerletzten Moment, in dem der Sarg ins Feuer einfährt.

Durch ein großes Glasfenster kann man aus einem Nebenraum in die sogenannte Ofenhalle schauen, ein weißer Saal mit insgesamt vier "Ofenlinien". Nur drei davon sind vorerst in Betrieb. Auf denen werden die Särge zu den Brennkammern gerollt - die Einäscherung dauert danach noch 60 bis 70 Minuten.

Die Ofenhalle im neuen Krematorium: Auf vier "Ofenlinien" (drei sind in Betrieb) fahren die Särge zu den Brennkammern. Angehörige können durch die Glaswand zusehen.
Die Ofenhalle im neuen Krematorium: Auf vier "Ofenlinien" (drei sind in Betrieb) fahren die Särge zu den Brennkammern. Angehörige können durch die Glaswand zusehen. © Daniel von Loeper

"Früher", sagt Krematoriumschef Arndt Schulte Döinghaus (43), "ist ein Vorhang zugegangen und dann hat man plötzlich die Urne in die Hand bekommen. Das war eine trauerpsychologische Lücke, die wir jetzt schließen können."

Neubau mit spannenden Lichteffekten

Zweieinhalb Jahre hat es gedauert, bis der Neubau fertig war, ein dreieckiges, flaches Gebäude mit einer hellen Sichtziegelfassade, die viel Helligkeit und spannende Lichteffekte ins Gebäude lässt. Damit werden die alten Einäscherungsanlagen (die 1979 östlich der Trauerhalle als Krematorium Nummer zwei gebaut wurden) nicht mehr gebraucht.

Zu Gast bei der Einweihung (v.l.): Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer, Bürgermeisterin Verena Dietl, Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek.
Zu Gast bei der Einweihung (v.l.): Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer, Bürgermeisterin Verena Dietl, Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek. © Daniel von Loeper

Neuer Verabschiedungsraum

Die Trauergäste gelangen über einen Meditationsgarten barrierefrei ins Foyer, das die bisherigen Beratungsräume mit dem Neubau verbindet. Von dort führt ein Flur zu einem kleinen Verabschiedungsraum - auch ein Novum. Hier können sich die Trauernden, wenn gewünscht, vor der Einäscherung in einem kleinen, sehr intimen Rahmen, am offenen oder geschlossenen Sarg von ihrem Verstorbenen verabschieden.

Diesen Verabschiedungsraum können Trauernde bis zu 24 Stunden anmieten, um vom Verstorbenen vor der Einäscherung Abschied zu nehmen.
Diesen Verabschiedungsraum können Trauernde bis zu 24 Stunden anmieten, um vom Verstorbenen vor der Einäscherung Abschied zu nehmen. © Daniel von Loeper

Warum Internetanschluss hier sinnvoll ist

"Man kann diesen Raum für eine halbe Stunde oder auch für 24 Stunden buchen", erklärt der Krematoriumschef. Auch einen Internetanschluss gibt es hier, für Menschen, die den Abschied zum Beispiel streamen wollen, damit auch Angehörige, die nicht anreisen konnten, zuschauen können. Dahinter findet sich ein weiterer verglaster Raum mit sechs Aufbahrungsabteilungen, hier können auch Urnen aufgebahrt werden.

Das historische Krematorium mit seiner Trauerhalle (1929 eröffnet) hat der Architekt Hans Grässel entworfen - es steht unter Denkmalschutz.
Das historische Krematorium mit seiner Trauerhalle (1929 eröffnet) hat der Architekt Hans Grässel entworfen - es steht unter Denkmalschutz. © Daniel von Loeper

8.000 Einäscherungen pro Jahr

Schon jetzt werden 70 Prozent der Verstorbenen in München und dem Landkreis eingeäschert - das sind pro Jahr etwa 8.000 Einäscherungen - nur noch 30 Prozent der Verstorbenen werden im Sarg begraben. Das hängt auch damit zusammen, dass eine Feuerbestattung wesentlich kostengünstiger ist als eine Sargbestattung. "Der Trend zur Urne begann, seit 2005 die Krankenkassen kein Sterbegeld mehr zahlen", sagt Arndt Schulte Döinghaus.

Das neue Krematorium, ein flaches, dreieckiges Gebäude, hat eine helle Sichtziegelfassade, die viele Lichteffekte ins Gebäude lässt.
Das neue Krematorium, ein flaches, dreieckiges Gebäude, hat eine helle Sichtziegelfassade, die viele Lichteffekte ins Gebäude lässt. © Daniel von Loeper

Bestattung im Sarg doppelt so teuer

Die "sparsamste" Feuerbestattung inklusive Sarg und Trauerfeier koste rund 2.500 bis 3.000 Euro (und in der teuersten Variante bis zu 9.000 Euro). Die Bestattung im Sarg jeweils "das Doppelte". Schon deshalb rechnet man in der Krematoriumsverwaltung damit, dass die Zahl der Einäscherungen in München in den nächsten Jahren noch deutlich steigen wird.

Ein Drittel der Urnen wird verschickt

Das neue Krematorium ist so ausgelegt, dass bis zu 11.000 Einäscherungen im Jahr stattfinden können. Jeweils zwölf täglich pro "Linie" in der Ofenhalle, von 6 bis 21 Uhr. Ein Drittel der Urnen übrigens wird dann nicht in München begraben, sondern von den Angehörigen in andere Städte verschickt, viele auch ins Ausland, "wie in die USA oder nach Afrika", sagt der Krematoriumschef.

Das immerhin fällt finanziell dann kaum noch ins Gewicht. Die dreieinhalb Kilo Asche mit Urne werden mit der Post verschickt, sagt er, "zu normalen Paketpreisen".

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.