Neues Gutachten gegen den Onkel

Jetzt liegt das Ergebnis der umfassenden DNA-Analyse vor – was den Tatverdächtigen Thomas S. schwer belastet. Legt der 50-Jährige bald ein Geständnis ab?
von  Ralph Hub

München - Das erste DNA-Gutachten zum Mord an Sharon (†11) und Chiara (†8) liegt jetzt vor. Die Analyse der Wissenschaftler untermauert nach AZ-Informationen die bisherigen Ermittlungsergebnisse der Mordkommission: Der Tatverdächtige Thomas S. (50), der in U-Haft sitzt, wird immer schwerer belastet.


Als das rund 20 Seiten starke Teilgutachten am Donnerstag eintraf, machte sich bei den Fahndern der Soko „Magarete” fast so etwas wie Feierlaune breit. „Der dringende Tatverdacht hat sich weiter erhärtet”, sagt Staatsanwältin Andrea Titz.


Das Gutachten beschäftigt sich mit einem genetischen Fingerabdruck von Thomas S., der von der Spurensicherung am Tatort sichergestellt worden war. Die Experten fanden tatrelevante DNA-Spuren wie Blut, Hautschuppen und auch Speichel des Verdächtigen.


Sein Blut am Tatort hat Thomas S. bisher immer so erklärt: Er sei zwei Wochen vor der Tat bei seiner Schwägerin zu Besuch gewesen und habe Nasenbluten bekommen. Die Ermittler sehen darin nur eine Schutzbehauptung.


Den zweiten Teil des DNA-Gutachtens bekommen die Ermittlungsbehörden heute. Die darin zusammengefassten Ergebnisse sollen sich, wie es heißt, nahtlos in das bisherige Spurenbild einfügen.


Die Staatsanwaltschaft München II hat mehrere Gutachten in Auftrag gegeben. Darunter auch eines, das sich mit dem Springseil beschäftigt, das Chiara um den Hals geschlungen war, als ihre Mutter sie fand. Am Seil wurde nach AZ-Informationen auch die DNA des Onkel sichergestellt. Das Gutachten zum Seil liegt allerdings noch nicht vor. Die Untersuchungen gestalten sich hier besonders schwierig.


Momentan ist noch nicht einmal geklärt, woher das Seil stammt. Gehörte es Chiara und Sharon? Oder stammt es aus Peißenberg und zählte zu den Spielsachen der Kinder von Thomas S.? Rechtsanwalt Karl Peter Lachniet: „Sollte es aus dem Haus meines Mandanten stammen, wäre es völlig normal, dass seine DNA daran haftet.” Mit letzter Sicherheit ließe sich das aber nur klären, wenn auch von den drei Söhnen eine Speichelprobe vorliegt. Die können die Buben allerdings verweigern – falls sie befürchten müssten, dass sie damit ihren Vater belasten.


Per Fax bekam Karl Peter Lachniet, der Verteidiger von Thomas S., das erste Gutachten gestern zugeschickt. „Bisher ist die Schuld meines Mandanten noch nicht bewiesen”, betont der Münchner Rechtsanwalt, schränkt dann aber ein: Sollte eine 100-prozentig sichere DNA-Spur vorliegen, habe Thomas S. verloren.


„Dann kann er ein Geständnis ablegen oder machen, was er will”, erklärt der Rechtsanwalt, „dann steht das Urteil fest.” Dem 50-jährigen Postboten würde eine lebenslange Haftstrafe drohen. Sollte das Gericht auch die besondere Schwere der Schuld feststellen, könnte er erst nach 22 Jahren im Gefängnis mit einer Haftentlassung auf Bewährung rechnen.
Der Verteidiger gibt sich freilich nicht geschlagen. „Noch gilt die Unschuldvermutung”, sagt er. Die Veröffentlichung eines Fotos von Thomas S., mit dem die Ermittler mögliche Zeugen finden wollen, bezeichnet er als „Rufmord”.


Sollten die DNA-Gutachten nicht zweifelsfrei die Schuld seines Mandanten beweisen, werde er sofort Haftprüfung beantragen.

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