Neues Buch: Karl Valentins Blick auf unser München

Stadt-Bilder von heute in Verbindung zu setzen mit legendären oder auch wenig bekannten Valentin-Sprüchen: Das gelingt einem neuen Buch auf faszinierende und skurrile Weise.
von  Felix Müller
Sechs Richtige der Münchner Brauereien? Passen zu Valentins "Vaterunser eines echten Münchners".
Sechs Richtige der Münchner Brauereien? Passen zu Valentins "Vaterunser eines echten Münchners". © Herbert Becke

München - "Die Reichen reichen sich die Hände, die Armen reichen sich die Arme." "Ich habe keine Zeit, Ihr Buch zu lesen, schicken Sie mir bitte ein gelesenes." "Gar nicht krank ist auch nicht gesund." Sprüche von Karl Valentin - der eine sehr bekannt, der andere etwas weniger.

Die Anhänger des legendären Münchner Komikers und Volkssängers (1882-1948) lieben seine kleinen Sprüche. Mal witzig, mal lebensklug, mal einfach nur absurd - und sehr oft sehr münchnerisch.

Ein Karl-Valentin-Buch - in dem er fast nicht vorkommt

Doch wie würde Valentin heute die Stadt sehen? Wie passen seine Sprüche zum Bild Münchens dieser Jahre? Überraschend gut!

Das zeigt ein Buch-Projekt des Fotografen (und ehemaligen VHS-Chefs) Herbert Becke und Valentins "irdischem Statthalter" Gunter Fette, der über Jahrzehnte den urheberrechtlichen Nachlass Valentins verwaltet hat. Die AZ zeigt auf dieser Seite und in den kommenden Wochen in einer Serie Ausschnitte daraus.

Der valentineske Ansatz funktioniert

"Dieses Buch ist nicht von Karl Valentin", schreibt Alt-OB Christian Ude, der auch ein Kapitel zu dem Buch-Projekt beigetragen hat, "wenigstens nicht im Wesentlichen, und auch nicht über ihn, weil er fast überhaupt nicht vorkommt."

Fotograf Herbert Becke.
Fotograf Herbert Becke. © Volk Verlag

Es sei "genau genommen ein Bilderbuch, zu dem er nur die Bildunterschriften schreiben durfte, und das zu einem Zeitpunkt, als es die Bilder noch gar nicht gab".

Das ist ein wahrlich valentinesker Ansatz - der hervorragend funktioniert. Herbert Becke fotografiert seit Jahrzehnten in München, seine Perspektive ist meist eine "tiefe", er fotografiert etwa aus der Sicht, aus der Kleinkinder auf die Stadt schauen.

Ungewohnte Sichtweisen sind ohnehin das Faible dieses Fotografen. "Becke missachtet oft bewusst alle gängigen Fotografier- und Gestaltungsregeln", heißt es dazu im Buch. "Er ist ein kreativer Foto-Anarchist."

All das, man kann es sich zumindest vorstellen, hätte wohl auch dem großen Münchner Komiker Karl Valentin gefallen. Der ja auch stets seinen ganz besonderen Blick auf die Dinge pflegte nach dem Motto: "Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es ja auch."


"Karl Valentin Bildersprache" von Herbert Becke und Gunter Fette, soeben im Volk Verlag erschienen, 144 Seiten, 19,90 Euro.

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