Neuer Tiefschlag für Mieter in München
Am Donnerstag treffen sich die deutschen Mieterschützer auf dem Nockherberg. Schon jetzt gibt es Proteste – etwa weil ein Passus beim Kündigungsschutz geändert wurde. „Das ist unglaublich!“.
MÜNCHEN Wenn der Deutsche Mieterbund (DMB) sich alle zwei Jahre zum Mietertag trifft, hagelt es unbequeme Wahrheiten. So wie heute am Nockherberg. Doch es sind nicht nur die Zahlen von steigender Wohnungsnot und -miete, die schockieren. Es ist auch die Tatsache, dass in Bayern ohne weiteres Aufsehen eine alte Verordnung an eine neue gekoppelt wurde und so die Laufzeit der alten um vier Jahre gekürzt wurde.
Im Klartext: Seit dem 15. Mai gilt die neue Kappungsgrenzesenkungsverordnung. Dieses Wort-Ungetüm regelt, dass die Miete in bestehenden Mietverhältnissen in München innerhalb von drei Jahren nur noch um 15 Prozent erhöht werden darf – vorher waren es 20 Prozent. So weit, so gut. Was laut Mieterschützern allerdings im Trubel über die neue Verordnung wohl unterging, ist, dass die Kündigungssperrfrist flugs an die Kappungsgrenze gekoppelt wurde.
Und da diese eine Laufzeit bis 2018 hat, endet jetzt auch die Sperrfrist in fünf Jahren. Ursprünglich war sie bis 2022 angesetzt. Das heißt: Waren Mieter mit neuen Eigentümern bisher vor einer Kündigung wegen Eigenbedarf oder wirtschaftlicher Verwertung zehn Jahre nach einer Umwandlung geschützt, könnten es ab 2018 nur noch drei Jahre sein.
„Es ist unglaublich! Die Bayrische Staatsregierung wird nicht müde zu betonen, wie sehr sie sich für die Mieter in Bayern einsetzt und dann das“, sagt Beatrix Zurek, Vorsitzende des Mietervereins München. „Jetzt müssen Mieter damit rechnen, dass bereits 2018 die Karten neu gemischt werden. Das hat nichts mehr mit Rechtssicherheit zu tun.“
Von einem „riesigen Geburtsfehler“ spricht Monika Schmid-Balzert, Geschäftsführerin des DMB-Landesverbands Bayern. Auch weil die Kappungsgrenze derzeit nur für München gelte. „In den 139 anderen Gemeinden wird sie noch verhandelt“, sagt Schmid-Balzert.
Hinzu komme die hohe Wiedervermietungsmiete. Rund 28 Prozent mehr als ihre vorherige Miete zahlen Münchner, wenn sie eine neue Wohnung anmieten – wenn sie die überhaupt finden. Denn die Leerstandsquote beträgt in der Landeshauptstadt nur 0,6 Prozent. Dabei wären drei Prozent laut Experten notwendig, um der hohen Fluktuation gerechter zu werden.
„Die Wohnungsnot wächst und wächst“, sagt auch Franz-Georg Rips, Präsident des Deutschen Mieterbunds. Er hält am Mietertag am Nockherberg die Eröffnungsrede. „Mehr bezahlbare Wohnungen“ fordert er eindringlich. Eine Mammutaufgabe. Allein die steigende Zahl der Single-Haushalte sei ein Problem. Bis 2025 soll es über 41 Millionen Haushalte in Deutschland geben. „Rund eine Million Wohnungen werden dann fehlen – davon 500000 in Bayern“, sagt Rips.
Trotzdem würden derzeit bundesweit nur an die 70000 Wohnungen jährlich gebaut – „dabei müssten es doppelt so viele sein!“ Wie die Wohnungsnot die Preise explodieren lasse, sehe man gerade an München und seinem Speckgürtel – zu dem auch schon Augsburg zähle.
„89 Prozent der Bürger meinen, dass der Staat mehr gegen den Wohnungsmangel tun müsse“, zitiert Rips aus einer Studie. „Die jetzige Regierung hat viel zu wenig für die Mieter getan – darüber sind wir sehr enttäuscht.“
- Themen:
- Nockherberg