Neuer Tiefpunkt für Markus Söder? Die CSU sucht nach der Landtagswahl nach Antworten

Wahlsieger ist er, doch ein richtiger Sieg fühlt sich anders an. Wieder muss Markus Söder mit seiner CSU einen Tiefpunkt bei einer Landtagswahl verkraften.
von  Heidi Geyer
Wahlsieger Markus Söder (CSU) wird in München gefeiert.
Wahlsieger Markus Söder (CSU) wird in München gefeiert. © Peter Kneffel/dpa

München - Der Applaus war riesig. Nur war er nicht für das CSU-Ergebnis in Bayern – sondern für das der CDU in Hessen. Bei den Christsozialen. Kurz vor 18 Uhr war die Stimmung im Konferenzsaal, in dem die CSU gestern zusammentraf, zwar nicht ausgelassen, aber relativ gelassen. Das änderte sich, als die erste Prognose kam.

Es ist ein erneuter Tiefpunkt für die CSU. 36,8 Prozent hat sie laut Infratest erreicht und liegt damit unter dem Wahlergebnis von 2018. Damals hatte die Partei 37,2 Prozent erreicht. Doch mittlerweile hat sich die CSU offenbar an solche Tiefpunkte gewöhnt: Von einer Schockstarre ist man an diesem Sonntagabend weit entfernt. Aber eben auch von Champagnerlaune. Die Stimmung erinnert eher so an das Motto "is ja numoi guad ganga". 

Gesundheitsminister Klaus Holetschek verteilt Seitenhieb an Hubert Aiwanger

"Ein stabiler Auftrag, um eine Regierung zu bilden", sagt kurz nach der ersten Prognose der bisherige Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) der AZ. "Man darf nicht vergessen, die Zeiten waren schwierig", sagt Holetschek. Von Corona bis zur Causa Aiwanger, sagt der frühere Bürgermeister von Bad Wörishofen. Holetschek wird auch als kommende Fraktionsvorsitzender gehandelt, wobei er zu einer möglichen Kandidatur am Wahlabend nichts sagen möchte.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) versuchte, das Wahlergebnis seiner Partei zu erklären.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) versuchte, das Wahlergebnis seiner Partei zu erklären. © Kay Nietfeld/dpa

Wie auch zu weiteren Personalspekulationen und versetzt den Freien Wählern einen kleinen Seitenhieb: "Das hab ich eh im Vorfeld schon nicht verstanden, dass der Kollege Aiwanger gesagt hat: Er will das Ministerium und er will nach Berlin."

In der CSU gibt man der Flugblatt-Affäre und der Ampel die Schuld für das eigene Abschneiden

Schockiert zeigt sich Holetschek über das AfD-Ergebnis. "Das ist sicherlich schon eine nationale Frage", sagt Holetschek. Gerade in Bezug auf Migration. Fehler bei der CSU bei diesem Thema sieht er jedoch nicht. Erst spät ist die CSU auf das Thema im Wahlkampf angesprungen, lange war es offenbar tabu – schließlich hatte die harte Rhetorik der CSU 2018 viele Wähler zu den Grünen getrieben. Als Mann der Zahlen spricht der bisherige Finanzminister Albert Füracker schon deutlichere Töne: "Das sind nicht die Höhen, die wir uns vorgestellt haben."

Das liege an Sondereffekten wie der Flugblatt-Affäre: "Es gibt halt auch Menschen, die das anders gesehen haben. Insofern sind wir mit dem Ergebnis glaube ich sehr, sehr gut." Zudem stellt der Oberpfälzer eine steile These auf. Damit die CSU wieder stärker werde, müsse "die Ampel in Berlin eine andere Flüchtlingspolitik machen. Füracker nennt zwar das hohe Ergebnis der AfD in Bayern und Hessen, sieht aber auch einen Zusammenhang zum Abschneiden der CSU.

Markus Söder will nach der Landtagswahl auch ein bisschen feiern

Die frühere Verkehrs- und Bauministerin und Kandidatin aus dem Stimmkreis München Land Süd hat Kerstin Schreyer, sagt der AZ, dass das Ergebnis eh nur zufriedenstellend sein könne, "wenn die AfD klein wird". Ob das Ergebnis personelle Konsequenzen haben wird, dazu will Schreyer nichts sagen, schließt es aber offenbar auch nicht aus. "Ich muss jetzt erst mal ein Ergebnis sehen und in Ruhe bewerten – dann reden wir weiter." Als Markus Söder auf der Wahlparty ankommt, bekommt er viel Applaus. Dass er auf einem schmalen Grat unterwegs ist, weiß Söder offensichtlich.

Denn schnell macht er klar: "Es ging uns nie um einen Schönheitspreis, sondern um einen klaren Regierungsauftrag." So bescheiden erlebt man den Ministerpräsidenten eigentlich nie. Aber Söder wäre nicht Söder, würde er nicht im selben Atemzug sagen: "Ich darf das sagen, wie ich gesehen hab', dass über 60 Prozent in Bayern der Meinung sind, dass auch dieser Ministerpräsident gute Arbeit macht." Er sieht darin einen klaren Auftrag an die CSU "mich persönlich" eine starke Regierung bilden zu lassen.

Der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter geht davon aus, dass es künftig immer schwieriger wird, mehr als 30 Prozent zu erreichen. Auch für die CSU: "Als Volkspartei muss sie alle möglichen Interessen vereinigen. Die gesellschaftliche Entwicklung geht aber in eine andere Richtung, weil die Leute keine Kompromisse sehen wollen."  Markus Söder schließt seine Rede mit den Worten: "Feiert auch ein bisschen." Gewinner klingen dann doch etwas anders. 

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