Neuer Sonntag-Streit: Wer darf aufsperren?

  Gewerkschaft und Kirchen wollen weniger verkaufsoffene Sonntage in Umland-Kommunen. Wie Möbelhäuser darauf reagieren  
von  Myriam Siegert

 

Gewerkschaft und Kirchen wollen weniger verkaufsoffene Sonntage in Umland-Kommunen. Wie Möbelhäuser darauf reagieren

München Wie genau ist das jetzt also mit dem Tag des Herrn? Herrscht Ruhe am Sonntag? Da gibt es Zweifel.

Nach Ansicht der Initiative „Allianz für den freien Sonntag“ wird sonntags in viel zu vielen Fällen gearbeitet. Das Netzwerk aus Institutionen der evangelischen und katholischen Kirche sowie der Gewerkschaft Verdi setzt sich für den Schutz des freien Sonntags ein.

„28 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeiten häufig auch am Sonntag“, sagt der Sprecher der Katholischen Betriebsseelsorge in Bayern, Erwin Helmer. Die Tendenz sei steigend. In den letzen 20 Jahren sei etwa die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage um 70 Prozent gestiegen.

Das Netzwerk kritisiert: Die Kommunen verstießen bei der Genehmigung von so genannten Marktsonntagen gegen geltendes Recht. Zudem seien die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, die oftmals keine gesonderte Vergütung für die Sonntagsarbeit erhalten, nicht tragbar. Ein Paradebeispiel hierfür seien Möbelhäuser.

„Es gibt klare Regelungen, wann eine Kommune Sonntagsöffnung erlauben darf“, sagt Dirk Nagel, Verdi-Gewerkschaftssekretär für den Handel. Beispielsweise müsse bereits ein traditioneller, gewachsener Markt vorhanden sein. Nagel: „Ob das in einem Gewerbegebiet außerhalb der Gemeinde der Fall ist, darf man anzweifeln.“

Das Bündnis prüft nun die Rechtmäßigkeit der Sonntagsöffnungen diverser Möbelhäuser. Oft zeige sich, dass die Regelungen den Kommunen kaum bekannt seien oder ignoriert würden.

Zusätzliche Verwirrung entsteht dadurch, dass die Kommunen individuell entscheiden können, verkaufsoffene Sonntage zu erlauben.

Während die Stadt München sich gegen offene Sonntage entschieden hat, haben Möbelhäuser in vielen Umlandgemeinden an mehren Sonntagen im Jahr geöffnet. So etwa Segmüller in Parsdorf, Möbel-Mahler in Wolfratshausen sowie Ikea und Mömax in Eching.

„Für uns ist das ein klarer Wettbewerbsnachteil“, sagt Roger Tosetto, Hausleiter von Möbel Höffner in München-Freiham. Bei Höffner spüre man die Konsequenzen der uneinheitlichen Regelung deutlich. „Das hat eine Sogwirkung“, sagt Tosetto, „in der Woche vor und nach einem verkaufsoffenen Sonntag bei einem Konkurrenten ist bei uns definitiv weniger los.“ Er wünscht sich daher eine einheitliche Regelung: „Entweder alle oder keiner.“

Reinhold Gütebier, Gesamtvertriebsleiter von Segmüller, ist für die vier verkaufsoffenen Sonntage, die der Gesetzgeber erlaubt. „Möbelkauf ist Familiensache“, sagt er. „Die Leute brauchen eine Gelegenheit, mit allen gemeinsam zu schauen und auszuwählen, deshalb müssen die Ladenöffnungszeiten auf die Bedürfnisse der Verbraucher eingehen.“ Es sei kein Zufall, dass die verkaufsoffenen Sonntage sehr gut angenommen werden: „Die Volksabstimmung findet an der Kasse statt.“

 

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