Neuer Radweg kommt doch noch nicht: "Entsetzen und Ungläubigkeit" bei Anwohnern in München
München - Katharina Engert (56) ist sauer, so sauer, dass sie OB Dieter Reiter (SPD) eine gepfefferte Mail geschrieben hat. Die Allgemeinärztin ist seit 30 Jahren mit dem Fahrrad in Sendling unterwegs. Ihre Praxis hat sie in der Pfeuferstraße, ganz nahe bei der Lindwurmstraße.
Die Straße ist auch der Grund für ihre Wut. "Mit Entsetzen und Ungläubigkeit habe ich vernommen, dass der Ausbau des Fahrradweges an der Lindwurmstraße gestoppt wurde. Wie kann das sein?", schreibt sie. Auch der AZ erzählt sie oben am Sendlinger Berg, wie es oft zu gefährlichen Situationen auf dem Radweg kommt. Immer wieder behandelt sie Radler, die sich verletzt haben. Auch sie ist hier schon gestürzt.
Lindwurmstraße in München – Anwohner fordern: "Es muss sich etwas ändern!"
Warum der OB das Projekt nun auf die lange Bank schiebt? "Die CSU hat propagandistisch gegen den Radweg gearbeitet. Dass der OB das Projekt daraufhin einstellt, finde ich sehr fragwürdig!" Im Bestand sei die Lindwurmstraße für Radler sehr gefährlich, das müsse sich ändern. "Und wenn die Stadt die Lindwurmstraße zur Fahrradstraße macht, weil sie sich den Luxus der teuren Radwege nicht leisten möchte: Es muss sich etwas ändern!"
Der Meinung, dass sich etwas ändern muss, ist auch der Sendlinger Bezirksausschuss (BA)-Chef Markus Lutz (SPD). "Es ist ein wichtiges Verkehrsprojekt, um Fahrradfahrer und Fußgänger zu schützen." Mit einem Antrag wolle man Geschwindigkeit in die Sache bringen.

Die Worte eines Vaters sorgen für Betroffenheit
Anwohner Georg Koch (33) sieht dringend Handlungsbedarf. Die Straße meidet er als Radler, wo es geht, "es ist einfach zu gefährlich". Der Vater war am Dienstag im BA Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. "Alle haben ihren Unmut kundgetan, teils emotional, weil nicht verständlich ist, warum das Projekt aufgeschoben wird. Am Ende aber war die Stimmung ganz gut. Weil allen klar war, dass etwas passieren muss." Auch Benoît Blaser, grüner Chef des BAs , berichtet von verärgerten Anwohnern. "Schüler, Eltern, Anwohner: Alle haben sich sehr gewundert", sagt er.
Für Betroffenheit sorgten besonders die Worte eines Mannes in der Sitzung: Er sei Vater von drei Kindern, von denen noch zwei am Leben seien. Sichere Infrastruktur sei in der Tat eine Frage von Leben und Tod. Im Sommer hatte die Stadt Pläne für den Ausbau des Radwegs präsentiert. Zeitnah sollten diese umgesetzt werden, hieß es. Im November initiierte der OB einen Runden Tisch mit diversen Verbänden. Damit sollten auch die Anliegen der Gewerbetreibenden Gehör finden, bevor der Stadtrat darüber entscheidet.
OB Dieter Reiter: "Wirklich alle Beteiligten vor Ort einzubinden"
Bedenken äußerte etwa die Handwerkskammer, Lieferfahrzeuge müssten durch den Radweg in zweiter Reihe halten. Einige Gewerbetreibende in der Lindwurmstraße aber teilten diese Ansicht gar nicht. Am Mittwoch meldete sich schließlich auch der OB selbst wieder zu Wort. Es sei wichtig, bei einem solchen Umbau wirklich alle Beteiligten vor Ort einzubinden. Es seien von Händlerseite "verschiedene nachvollziehbare Fragen aufgeworfen" worden, deren "Klärung das Mobilitätsreferat zugesagt hat".
Dies sei bislang nicht geschehen, so das noch keine "Tatsachen geschaffen werden" sollten. Wenn alle Fragen geklärt sind, könne der Stadtrat sofort beschließen, betonte der OB. Einen Stopp von Planungen habe es nie gegeben, die Lindwurmstraße solle "so schnell wie möglich" sicherer werden. Ob das die aufkeimende Protestwut bändigt, werden die nächsten Wochen zeigen.
- Themen:
- CSU
- Dieter Reiter
- München
- SPD