Neuer Radweg kommt doch noch nicht: "Entsetzen und Ungläubigkeit" bei Anwohnern in München

Für Radler wird es in der Lindwurmstraße in München vorerst nicht sicherer. Ein Umbau kommt noch nicht. In den Vierteln entwickelt sich deshalb großer Protest. Was Aktivisten sagen – und warum der OB Dieter Reiter sich missverstanden fühlt.
Carmen Merckenschlager
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Katharina Engert hat ihre Praxis nahe der Lindwurmstraße. Immer wieder kommt es vor, dass sie Radler behandelt, die dort verletzt wurden. Hier biegt sie in die Straße ab. Sie findet: Der Weg ist für Fahrradfahrer sehr gefährlich.
Katharina Engert hat ihre Praxis nahe der Lindwurmstraße. Immer wieder kommt es vor, dass sie Radler behandelt, die dort verletzt wurden. Hier biegt sie in die Straße ab. Sie findet: Der Weg ist für Fahrradfahrer sehr gefährlich. © Martha Schlüter

München -  Katharina Engert (56) ist sauer, so sauer, dass sie OB Dieter Reiter (SPD) eine gepfefferte Mail geschrieben hat. Die Allgemeinärztin ist seit 30 Jahren mit dem Fahrrad in Sendling unterwegs. Ihre Praxis hat sie in der Pfeuferstraße, ganz nahe bei der Lindwurmstraße.

Die Straße ist auch der Grund für ihre Wut. "Mit Entsetzen und Ungläubigkeit habe ich vernommen, dass der Ausbau des Fahrradweges an der Lindwurmstraße gestoppt wurde. Wie kann das sein?", schreibt sie. Auch der AZ erzählt sie oben am Sendlinger Berg, wie es oft zu gefährlichen Situationen auf dem Radweg kommt. Immer wieder behandelt sie Radler, die sich verletzt haben. Auch sie ist hier schon gestürzt.

Lindwurmstraße in München – Anwohner fordern: "Es muss sich etwas ändern!"

Warum der OB das Projekt nun auf die lange Bank schiebt? "Die CSU hat propagandistisch gegen den Radweg gearbeitet. Dass der OB das Projekt daraufhin einstellt, finde ich sehr fragwürdig!" Im Bestand sei die Lindwurmstraße für Radler sehr gefährlich, das müsse sich ändern. "Und wenn die Stadt die Lindwurmstraße zur Fahrradstraße macht, weil sie sich den Luxus der teuren Radwege nicht leisten möchte: Es muss sich etwas ändern!"

Der Meinung, dass sich etwas ändern muss, ist auch der Sendlinger Bezirksausschuss (BA)-Chef Markus Lutz (SPD). "Es ist ein wichtiges Verkehrsprojekt, um Fahrradfahrer und Fußgänger zu schützen." Mit einem Antrag wolle man Geschwindigkeit in die Sache bringen.

Die Lindwurmstraße in Sendling, Ecke Pfeuferstraße.
Die Lindwurmstraße in Sendling, Ecke Pfeuferstraße. © Martha Schlüter

Die Worte eines Vaters sorgen für Betroffenheit

Anwohner Georg Koch (33) sieht dringend Handlungsbedarf. Die Straße meidet er als Radler, wo es geht, "es ist einfach zu gefährlich". Der Vater war am Dienstag im BA Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. "Alle haben ihren Unmut kundgetan, teils emotional, weil nicht verständlich ist, warum das Projekt aufgeschoben wird. Am Ende aber war die Stimmung ganz gut. Weil allen klar war, dass etwas passieren muss." Auch Benoît Blaser, grüner Chef des BAs , berichtet von verärgerten Anwohnern. "Schüler, Eltern, Anwohner: Alle haben sich sehr gewundert", sagt er.

Für Betroffenheit sorgten besonders die Worte eines Mannes in der Sitzung: Er sei Vater von drei Kindern, von denen noch zwei am Leben seien. Sichere Infrastruktur sei in der Tat eine Frage von Leben und Tod. Im Sommer hatte die Stadt Pläne für den Ausbau des Radwegs präsentiert. Zeitnah sollten diese umgesetzt werden, hieß es. Im November initiierte der OB einen Runden Tisch mit diversen Verbänden. Damit sollten auch die Anliegen der Gewerbetreibenden Gehör finden, bevor der Stadtrat darüber entscheidet.

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OB Dieter Reiter: "Wirklich alle Beteiligten vor Ort einzubinden"

Bedenken äußerte etwa die Handwerkskammer, Lieferfahrzeuge müssten durch den Radweg in zweiter Reihe halten. Einige Gewerbetreibende in der Lindwurmstraße aber teilten diese Ansicht gar nicht. Am Mittwoch meldete sich schließlich auch der OB selbst wieder zu Wort. Es sei wichtig, bei einem solchen Umbau wirklich alle Beteiligten vor Ort einzubinden. Es seien von Händlerseite "verschiedene nachvollziehbare Fragen aufgeworfen" worden, deren "Klärung das Mobilitätsreferat zugesagt hat".

Dies sei bislang nicht geschehen, so das noch keine "Tatsachen geschaffen werden" sollten. Wenn alle Fragen geklärt sind, könne der Stadtrat sofort beschließen, betonte der OB. Einen Stopp von Planungen habe es nie gegeben, die Lindwurmstraße solle "so schnell wie möglich" sicherer werden. Ob das die aufkeimende Protestwut bändigt, werden die nächsten Wochen zeigen.

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  • doket am 10.02.2024 08:35 Uhr / Bewertung:

    Müsste zumindest. Die Realität schaut leider ganz anders aus. Da kommen Radfahrer auf der Prioritätenliste ganz hinten.

  • eule75 am 09.02.2024 19:01 Uhr / Bewertung:

    Vielleicht liegt es an dem fehlenden Zaster?

  • Dimpfe am 09.02.2024 17:36 Uhr / Bewertung:

    Warum "müssen" Radwege immer die selbe Wegführung haben wie Aus- bzw. Einfallstrassen?

    Vom Harras kommend könnte man (nach der wirklich engen Bahnunterführung) nach rechts auf die Rupertstrasse und weiter dann links auf die Zenettistrasse. In Folge kommt man so auch zur Kapuzinerstrasse, Goetheplatz und Sendl. Tor Platz. Und das Alles durch bereits "verkehrsberuhigte Tempo 30", die man locker zu "Fahrradstrassen" umwidmen kann.

    Ein minimaler Umweg, der durch weniger Ampeln für Radler aber dennoch schneller sein dürfte.

    In der umgekehrten Richtung dito. Am Nussbaumpark rechts in die Ziemsen-, dann Nussbaumstr. usw.

    Kostet - ausser evtl. Schilder "Radroute Sendl. Tor" oder "Radroute Harras" - quasi nix, die Radler sind sicherer(!) unterwegs. Die alten Radwege können bleiben, aber halt nicht mehr benutzungspflichtig und gut is.

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