Neuer Prüfbericht entlastet Deutsches Museum - Architekten widersprechen

München - Fröhlich und unbeschwert baut auf der Museumsinsel derzeit wohl nur eine neue Biberfamilie. Trotzdem dürften dort am Mittwoch einige erleichtert durchgeschnauft haben.
Denn laut eines Sonderberichts des Controllingbüros Ernst & Young trifft das Deutsche Museum keine Schuld an der Insolvenz des für die Generalsanierung beauftragten Architekturbüros Schmidt-Schicketanz und Partner (SSP). Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) hat den Bericht am Mittwoch dem Wissenschaftsausschuss des Landtags vorgestellt – wegen des laufenden Insolvenzverfahrens von SSP allerdings überwiegend in geheimer Sitzung.
Nur so viel teilte der Minister öffentlich mit: Die Verfasser des Berichts hätten keine Hinweise darauf, dass durch das Verhalten des Museums eine ursächliche Verknüpfung zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens besteht. "Das ist gut für uns zu wissen, das bringt Beruhigung rein", sagte Minister Sibler im Anschluss der Sitzung zur AZ.

Deutsches Museum: Sondersitzung Ende Juni
Widerspruch folgte prompt. SSP und deren Insolvenzverwalter Axel Bierbach teilten mit: Der Insolvenzgrund liege ausschließlich in Differenzen über Honorarforderungen und daraus resultierend nicht geleisteten Zahlungen seitens des Museums. Mit dem Museum habe man im August 2018 höhere Honorare vereinbart, weil die Sanierung sich als komplex gestaltete – allerdings mündlich.
Im März 2019 hätten die Juristen des Museums dagegen jedoch Einspruch erhoben. Von SSP habe das Museum Honorare in der Höhe von knapp einer Million Euro zurückgefordert und eine weitere Rechnung nicht mehr beglichen.
Auch dieser Zwist zeigt: In der Generalsanierung stecken noch viele Unwägbarkeiten. Zwar hat der Verwaltungsrat des Deutschen Museums einer Kostendeckelung auf 600 Millionen Euro zugestimmt, 150 Millionen mehr als ursprünglich geplant. Jedoch gab selbst Sibler im Landtag zu bedenken: "Risikofreie Aussagen zu Kostensteigerungen sind derzeit noch nicht möglich."
Wie berichtet arbeitet der Verwaltungsrat derzeit an Szenarien, wie man die Sanierung mit dem zur Verfügung stehenden Budget umsetzen kann. Ende Juni wird es dazu eine Sondersitzung geben. Die 150 Millionen Euro Mehrkosten soll die öffentliche Hand tragen, wer wie viel zahlt, ist aber noch nicht sicher. Erst im November wird im Bundestag darüber beraten, wie viel Geld aus Berlin fließen könnte.
Opposition zweifelt auch am neuen Kostendeckel
In München ist aber bereits jetzt Unruhe zu spüren. "Der Zeithorizont ist sehr eng", merkte die Abgeordnete Verena Osgyan (Grüne) an. Wenn bis Oktober das zusätzliche Geld nicht da sei, könne man den zweiten Realisierungsabschnitt nicht bauen. Zudem stelle sie die Frage, ob es nach der Insolvenz des Architekturbüros ein Kostendeckel überhaupt noch haltbar sei.
Kritik übte sie zudem an der Informationspolitik des Ministeriums: Eineinhalb Jahre lang sei dem Landtag kein Prüfbericht vorgelegt worden. Der Volkmar Halbleib (SPD) wünschte sich eine Auflistung darüber, welche Posten bei der Sanierung zur Kostensteigerung geführt haben. Ein Grund dafür ist sicherlich: Das Deutsche Museum ist der erste Eisenbetonbau in München. Die Bausubstanz ist maroder als gedacht.
Zwar hatte man im Vorfeld 1300 Probebohrungen durchgeführt, doch offensichtlich hat das viele Mängel nicht offengelegt. Nach der Sanierung muss das Museum aber heutige Standards erfüllen. Das sei so, so Robert Brannekämper (CSU), als müsse ein Oldtimer dasselbe leisten wie ein moderner BMW. Man solle das Projekt jetzt "nicht kaputtreden".
Brannekämper sieht zudem keine Schuld bei Museum oder dem Ministerium: "Missmanagement gab es überhaupt nicht." Vielmehr habe man von Anfang an mit zu wenig Kosten gerechnet: "Der Deckel war zu niedrig."
Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zur Sanierung des Deutschen Museums