Neuer Markt mitten in München: Wie er ankommt und wo es noch hakt

Über ein halbes Jahr ist der Traditionsmarkt mit modernen Standln neu eröffnet. Schee oder greislig? Die Meinungen gehen auseinander. Wo flanieren Spaß macht, warum es ein Toilettenhäuslproblem gibt – und wieso die ersehnten Dachterrassen noch immer geschlossen sind.
von  Irene Kleber
Das Elisabethmarkt-Obststandl von Karl Huczala in der Sonne neben dem Spielplatz: An den neuen Standort komme viel mehr Kundschaft als zuvor zum Interimscontainer an der Arcisstraße, sagt der Obsthändler.
Das Elisabethmarkt-Obststandl von Karl Huczala in der Sonne neben dem Spielplatz: An den neuen Standort komme viel mehr Kundschaft als zuvor zum Interimscontainer an der Arcisstraße, sagt der Obsthändler. © Bernd Wackerbauer

München - Frühlingswetter, nur der Aprilwind umweht den Elisabethplatz noch recht frisch. Am Spielplatz neben den neuen Marktstandln turnen Kinder auf der Rutsche in der Sonne, bewacht von Mamas und Papas. Eine Schülergruppe vom benachbarten Giselagymnasium belagert die Holzbänke. Es ist Mittagspause, man kaut an Salat, Burgern, Bowls.

Elisabethmarkt München: Drei Bäcker, Metzger, Fisch und Smoothies

Und natürlich ist beim Obsthändler Huczala Betrieb. 15 Sorten Tomaten, Südfrüchte, Exoten, dafür fahren die Leute sogar aus Oberschleißheim nach Schwabing. "Läuft super", sagt Karl Huczala deshalb gut gelaunt, der Sprecher der rund 20 Standlleute.

Seit die Händler im September aus ihren Interims-Marktcontainern an der Arcisstraße aus- und in die neu gebauten zehn Markthäuser am Traditionsstandort wieder eingezogen sind, werde der Elisabethmarkt "herausragend" angenommen. Zumal es gleich drei Bäcker mit ganz unterschiedlichen Brotsorten gibt, zwei Metzger, Fisch, auch Smoothies für junge Leute.

Das Elisabethmarkt-Obststandl von Karl Huczala in der Sonne neben dem Spielplatz: An den neuen Standort komme viel mehr Kundschaft als zuvor zum Interimscontainer an der Arcisstraße, sagt der Obsthändler.
Das Elisabethmarkt-Obststandl von Karl Huczala in der Sonne neben dem Spielplatz: An den neuen Standort komme viel mehr Kundschaft als zuvor zum Interimscontainer an der Arcisstraße, sagt der Obsthändler. © Bernd Wackerbauer

Die Stimmung ist fein, jedenfalls auf der Sonnenseite, die hier die Nordseite Richtung Spielplatz ist – auch wenn's merkwürdig klingt. Die Südseite wird nämlich vom sechsstöckigen Neubauriegel der Stadtsparkasse in dunkle Schatten getaucht. Das mag ein Vorteil sein, wenn der Sommer heiß wird. Aber jetzt weht ein kalter Wind ums neue Ofner's Bistro und das Matcha-Café, das längst Horden junger Menschen anziehen sollte. Man könnte gesellig draußen sitzen. Macht aber niemand.

Wo einst ein Umspannwerk der Stadtwerke stand, ist jetzt der Neubau mit Geschäften, Büros und Wohnungen fertig - und wirft Schatten auf den neuen Elisabethmarkt. Unten ist das neue Wirtshaus Eli eingezogen, daneben eine Apotheke und ein sehr großer Brautmodeladen.
Wo einst ein Umspannwerk der Stadtwerke stand, ist jetzt der Neubau mit Geschäften, Büros und Wohnungen fertig - und wirft Schatten auf den neuen Elisabethmarkt. Unten ist das neue Wirtshaus Eli eingezogen, daneben eine Apotheke und ein sehr großer Brautmodeladen. © Bernd Wackerbauer

Den neuen Schwabinger Chic mag nicht jeder

Bei aller Freude der Schwabinger darüber, dass das jahrelange Umbau-Chaos im Herzen des Viertels vorbei ist – ein bisserl was liegt schon noch im Argen am neuen Markt. An der Arcisstraße, wo die leeren Interimscontainer noch stehen, streiten Anwohner mit der Stadt, ob die Straße für Autos gesperrt bleibt oder wieder aufgemacht wird.

Karl Heckmaier (80) findet: "Man muss mit der Zeit gehen."
Karl Heckmaier (80) findet: "Man muss mit der Zeit gehen." © iko

Auch den eher kühlen Schwabinger Chic der neuen Häuser mit dunklen Fenstern und grauer Holzlattenfassade mag nicht jeder. Als "verkleidete Müllhäuser" haben Anwohner die modernen Gebäude schon grantig beschimpft – viele trauern den urigen Standln von früher nach.

"Man muss mit der Zeit gehen"

Manchem gefällt das Neue aber auch. Wie dem Flaneur Karl Heckmaier (80), der sagt: "Man muss mit der Zeit gehen." Das werde schon noch gemütlich, wenn mal die Markisen an den Läden dran sind – und mehr Begrünung. "Es ist halt noch ein bisserl nackert alles."

Dieser Laden am Elisabethmarkt ist noch leer – noch hat sich kein Standl für Käse, Milchprodukte oder Feinkost gefunden, heißt es bei der Stadt.
Dieser Laden am Elisabethmarkt ist noch leer – noch hat sich kein Standl für Käse, Milchprodukte oder Feinkost gefunden, heißt es bei der Stadt. © Bernd Wackerbauer

Ein Standl am Elisabethmarkt steht noch leer

Da hat er nicht unrecht, es fehlen Blumen, Schirme, gemütlichere Sitzbereiche. Ein Laden steht noch leer, es hat sich noch kein Käse-, Milchprodukte- oder Feinkosthändler gefunden, der ihn mieten will, heißt es bei der Stadt, man führe noch Gespräche. Auch der Trinkbrunnen, der den zentralen Platz in der Mitte der Markthäusl beleben sollte, läuft noch nicht.

Leider sieben Monate nach der Markt-Eröffnung immer noch geschlossen: die Aufgänge zu den den beiden neuen Dachterrassen auf den Marktgebäuden.
Leider sieben Monate nach der Markt-Eröffnung immer noch geschlossen: die Aufgänge zu den den beiden neuen Dachterrassen auf den Marktgebäuden. © Bernd Wackerbauer

Dachterrassen leider geschlossen

Verwirrt bleiben immer wieder Menschen vor den Treppenaufgängen zu den zwei Dachterrassen stehen, die die Stadt auf den größeren Markthäusln geplant hat. Zur Markteröffnung hatte man hochsteigen können. Seither sind die Türen wieder zu. "Aufgrund abschließender Brandschutzarbeiten ist die Terrasse momentan nicht zugänglich", erklären zwei Schilder.

Schön wär's, wenn man hier oben schon sitzen könnte. Geht aber nicht, weil Brandschutzarbeiten noch nicht fertig sind, sagt die Stadt.
Schön wär's, wenn man hier oben schon sitzen könnte. Geht aber nicht, weil Brandschutzarbeiten noch nicht fertig sind, sagt die Stadt. © Bernd Wackerbauer

Wieso geht da nichts voran seit über einem halben Jahr? Auf AZ-Nachfrage erklärt das für die Märkte zuständige Kommunalreferat, dass die Verkleidung der Treppenaufgänge und Handläufe noch nicht fertig sei. Die beauftragte Firma habe Lieferschwierigkeiten. Personalengpässe gebe es auch. Man arbeite aber "mit Hochdruck" an dem Problem. "Freilich nervt das", sagt Marktsprecher Huczala, "vor allem, weil die Stadt die Terrassen als Highlight und tollen neuen Treffpunkt angekündigt hat."

Schlange stehen vor dem Klo

Auch zur Toiletten-Lage ist viel Murren zu hören. Es ist nämlich so: Es gibt für Marktbesucher recht versteckt drei Toiletten in den Markthäusern – allerdings baulich den drei Gastro-Standln zugeschlagen. Weshalb dann oft Menschen im oder vor dem Standl am Klo Schlange- (und im Weg herum)stehen, die dort gar nicht essen oder einkaufen. Besser, weil abseits platziert ist eine Behindertentoilette, die sich nur mit Spezialschlüssel öffnen lässt.

Ignaz Schmid, der Wirt im benachbarten Miniwirtshaus "Wintergarten", hat ein Drittel mehr Gäste, seit der neue Elisabethmarkt offen ist.
Ignaz Schmid, der Wirt im benachbarten Miniwirtshaus "Wintergarten", hat ein Drittel mehr Gäste, seit der neue Elisabethmarkt offen ist. © Bernd Wackerbauer

Spielplatz-Eltern mit Kleinkindern dürfen da nicht rein, obwohl sie geräumig wäre. "Täglich fragen die Leute nach Klos", sagt Huczala (der deshalb mit der Stadt debattiert), "das ist nicht angenehm."

Ein Drittel mehr Gäste im "Wintergarten"

Eine Lösung findet sich mitunter nebenan im Miniwirtshaus "Wintergarten" von Wirt Ignaz Schmid. Der öffnet seine Toilette freundlich in der Not. Und hat auch sonst allerbeste Laune. "Seit der neue Markt auf ist, habe ich ein Drittel mehr Gäste im Biergarten", erzählt er.

Ein ganz neues Publikum sei das, "viele junge Leute, die drüben die neuen Sachen ausprobieren wie Matcha, Focaccia und die neuen Kaffeearten." Samstags sei es so voll bei ihm, dass sich die Stammgäste schon um ihre Plätze sorgen. Und er sich um die Frage, ob ihm der Weißwurst- und Biervorrat für den Andrang reicht. Er werde sein Lager vergrößern müssen.

Ein neuer Brautmodeladen am Markt

Bleibt die Frage, wer in den Neubau der Stadtsparkasse (SSKM) in Toplage neben dem Markt eingezogen ist. Das neue Wirtshaus "Eli" ist schon auf, neben der Apotheke hat ein großer Brautmodeladen die Räume bezogen – statt den erhofften drei Einzelhändlern, die alle wieder abgesprungen sind, wie Michael Rubenbauer erzählt, der Leiter Immobilien bei der Stadtsparkasse.

Michael Rubenbauer, Leiter Immobilien bei der Stadtsparkasse.
Michael Rubenbauer, Leiter Immobilien bei der Stadtsparkasse. © Bernd Wackerbauer

Die meisten Wohnungen sind bezogen

Die Büros im ersten Stock habe die Ludwig-Maximilians-Uni angemietet. Schon bezogen sind auch die 47 frei finanzierten Wohnungen (zu Mietspiegel-Mieten) in den Etagen vier bis sechs, wo auch Bank-Mitarbeiter wohnen sowie die zehn München-Modell-Mietwohnungen für mittlere Einkommen. Nur bei den 25 Sozialwohnungen –teils mit Blick auf den Markt – liefen noch Gespräche mit der Stadt zu den künftigen Mieterinnen und Mietern.

So schick sieht die Dachterrasse im benachbarten neuen Studentenheim aus. Die Hälfte der Apartments steht dennoch leer - wohl zu teuer.
So schick sieht die Dachterrasse im benachbarten neuen Studentenheim aus. Die Hälfte der Apartments steht dennoch leer - wohl zu teuer. © Bernd Wackerbauer

885 Euro für ein Studenten-Apartment

Bemerkenswert: Die Bank hat im Südriegel des Neubaus auch 80 Apartments für Studierende und Azubis neu gebaut, mit französischen Balkonen und einer Dachterrasse für alle. 40 davon stehen noch leer – trotz massiver Wohnungsnot bei Studierenden in München. Vor allem internationale junge Leute sind bislang eingezogen.

Es werden noch Mieterinnen und Mieter gesucht (Bewerbung an: michael.hicke@sskm.de). Nur, gut betucht sollte man sein: 885 Euro warm verlangt die Bank für ein möbliertes 23,5-Quadratmeter-Apartment. Ohne Strom. Schad wär's, wenn man sich dann keinen Elisabethmarkt-Bummel mehr leisten kann.

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