Neuer Cannabis-Bioladen mit Volksbegehren

München – Hanfnudeln haben mit Haschisch etwa so viel zu tun, wie ein Steak mit einem Glas Milch. Um sich vom Hanf – meist Cannabis genannt – zu berauschen, verwendet man die Blüten und Blätter der weiblichen Pflanze sowie das Harz. Alle anderen Teile der Hanfpflanze sind: einfach Pflanzenteile. Das sollte man wissen, bevor man den neueröffneten Hanf-Bioladen am Isartor betritt.
Im Schaufenster des „Hanf“, vor den grünen Getränkedosen mit dem großen Cannabisblatt darauf, stehen Plastiktüten mit erwähnten Nudeln zwischen zwei kleinen Pflanzentöpfen. Darin wachsen, grün und saftig: zwei Zitronenbäumchen.
Zwei Jungs mit Hängehosen und Basecap kommen in den kleinen Laden und bleiben zwischen den hellen Regalen unentschlossen stehen. Ach so, nix Verbotenes? Sie trollen sich, ohne die knubbelige Hanfseife in Form der Venus von Willendorf oder die Hanf-Dinkel-Kekse auch nur eines Blickes zu würdigen. Alexander Cerveny registriert es mit einem schrägen Lächeln. „Das passiert öfter“, sagt der Sohn des ehemaligen Landtags-Kandidaten Vaclav „Wenzel“ Cerveny, der sich hauptsächlich um den Laden kümmert. Neugierige werden von den Cannabisblatt-Piktogrammen angezogen.
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Aber: Im „Hanf“ gibt es kein Gras, kein Haschisch, kein Marihuana. Die Pflanze wird als Werk- und Rohstoff angesehen, für Kosmetika, für medizinisches Cannabis-Öl, das bei Gelenkschmerzen helfen soll, die gebrannten und schokolierten Samen als Snack. „Berauschendes haben wir hier nicht“, sagt Cerveny. „Es geht nicht darum, jemanden in Richtung Drogen zu bekommen.“ Vielmehr darum, die anderen Hanfprodukte in den Fokus zu rücken – momentan noch in halbleeren Regalen, denn die offizielle Eröffnung des Ladens findet am Samstag ab 14 Uhr statt.
Eine dunkelhaarige Frau mit türkisfarbenen Turnschuhen kommt herein. Wo die Samen herkommen, will sie wissen, und ob das denn auch alles legal ist. Den Nutzhanf bauen Landwirte vor allem in Süddeutschland an, erklärt ihr Cerveny. Sie nickt und kommt dann zum eigentlichen Anliegen: Sie will unterschreiben.
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Zwei Ladenfenster rechts vom „Hanf“-Eingang hängt nämlich ein Plakat mit dem Aufruf, das Volksbegehren zur Legalisierung von Cannabis zu unterzeichnen. Wirklich trennen lässt es sich in dem kleinen Laden eben doch nicht. Einer der drei Räume ist das Büro des Cannabis-Verbands Bayern, der seit April 2014 Unterschriften sammelt. Hier organisiert Cerveny Junior auch die Hanfmesse, die vom 10. bis 12. Juli in München stattfindet – die erste nach elf Jahren. Im Rahmen der Messe sollen die mehr als 25 000 Unterschriften beim Bayerischen Landtag eingereicht werden – momentan sind es erst etwas mehr als 10 000.
Vaclav Cerveny wird sich deshalb ab dieser Woche wieder aufmachen in die Fußgängerzonen, um Stimmen zu sammeln. Vor allem geht es beim Gesetzesvorschlag um einen freien Zugang zu Hanf-Cannabinoiden zu medizinischen Zwecken. „Draußen sprechen mich vor allem ältere Menschen an, wo sie unterschreiben können und wo sie etwas zum Rauchen herbekommen“, sagt er. 25 bis 30 Prozent der Unterschriften sollen von Menschen stammen jenseits der 65 Jahre.
Seit Februar kann man Aktien kaufen – als Zukunftsinvestition
Dass das Volksbegehren große Chancen hätte, glauben sie allerdings nicht einmal beim Deutschen Hanfverband. Aber ein Zeichen wollen die Bayern damit setzen. Und man weiß ja nie – immerhin haben die Grünen jüngst einen Gesetzentwurf vorgelegt zur Freigabe von Cannabis für Erwachsene.
In diesem Zusammenhang lässt sich wohl auch ein Angebot verstehen, das die GmbH „Petitioning To Legalise Cannabis (Germany) Limited“ mit Vaclav Cerveny als Leiter erdacht hat: eine Hanf-Aktie für 100 Euro pro Stück. Ziel der Gesellschaft ist, „die Menschen über Hanf aufzuklären und Vorurteile zu beseitigen“, über die Aktien und Spenden finanziert die Legalisierung der Hanfpflanze in Deutschland voranzutreiben und – sobald die Freigabe eingetreten ist – die Vermarktung und den Vertrieb von legalen Hanfprodukten aufzubauen.
Und, da schließt sich der Kreis: Die 10 000 Wertpapiere der ersten Tranche werden gedruckt sein auf Hanfpapier.