Neue Zahlen zum Wohnungsmarkt: Die Mieten steigen nur leicht

Laut dem Immobilienverband Deutschland (IVD) zogen die Preise zuletzt nur wenig an. Doch Vermieter nehmen Rekordmieten. Und Bestellerprinzip und Mietpreisbremse werden oft umgangen.
von  Jasmin Menrad
Das Lehel ist eines der hochpreisigsten Viertel in München.
Das Lehel ist eines der hochpreisigsten Viertel in München. © dpa

München - Für München geht’s immer nur nach oben – zumindest wenn’s um die Mietpreise geht. Jetzt zeigen neue Zahlen des Marktforschungsinstitutes Immobilienverband Deutschland (IVD), wie dramatisch die Entwicklung in München auch weiterhin ist.

Bei den Bestandswohnungen, die einen sogenannten guten Wohnwert haben (gute Wohnlage, Standardausstattung , Balkon oder Loggia) wurde erstmals die Marke von 15 Euro pro Quadratmeter geknackt. „Die Versuche, den Mietmarkt politisch zu regulieren“, sagt Stephan Kippes, Vorstand des IVD, „waren nicht erfolgreich. Weder die Mietpreisbremse, noch das Bestellerprinzip haben zur Entspannung der Situation auf dem Wohnungsmarkt geführt.“

Wer nicht gut vernetzt ist, kommt schwer an eine Wohnung

Im Juni 2015 trat das Bestellerprinzip in Kraft. Der Makler wird von dem bezahlt, der ihn beauftragt. Seitdem ist das Angebot an Mietwohnungen auf dem freien Markt laut IVD stark geschrumpft. Jetzt werden neue Mieter über Familie und Bekannte gesucht. Wer nicht gut vernetzt ist, kommt nur schwer an eine Wohnung. Das Vermietungsgeschäft wird intransparenter.
 

<img alt=Die Tabelle zeigt die durchschnittlichen Quadratmeter-Preise in den Stadtvierteln an. Zum Vergrößern klicken Sie auf die Karte.

Auch die Mietpreisbremse kritisiert der IVD (siehe Interview unten). „In manchen Vierteln führt die Mietpreisbremse zu einem Anstieg, weil der Mietspiegel falsch ist“, sagt Kippes. Die genauen Quadratmeterpreise der Stadtviertel finden sie hier.

Die höchsten Anstiege im Vergleich zum Frühjahr 2016 und im Vergleich zum Herbst 2016 haben bestehenden Reihenmittelhäuser mit einem Anstieg von 3,1 Prozent, gefolgt von den neugebauten Doppelhaushälften mit 3 Prozent Anstieg. „Wobei das nicht so ins Gewicht fällt, weil es in München sowieso kaum Grundstücke gibt, um Doppel- und Reihenhäuser zu bauen“, sagt Kippes.

Wohnungsmieten in München nach wie vor auf Rekordniveau

Verhaltener fallen die Mietzuwächse bei neugebauten Reihenmittelhäusern (+0,09 %), bei Bestandswohnungen (+0,7 %) und bei Altbau- wohnungen (+0,6 %) aus. Bei den Altbauwohnungen heißt das konkret, dass der Anstieg nur zehn Cent pro Quadratmeter beträgt. In manchen Jahren gab’s Anstiege von 60 Cent, so dass das moderat erscheint.

„Nach wie vor bewegen sich die Wohnungsmieten in München auf Rekordniveau. Bei dem prognostizierten Bevölkerungswachstum fällt es schwer zu glauben, dass sich der Markt entspannen wird“, sagt Kippes.

Positiv sticht die Entwicklung der Nebenkosten hervor: Im Vergleich 2010 zu Oktober 2016 hatten die Kosten für Wasserversorgung mit einem Plus von 23 Prozent und die Kosten regelmäßiger Instandhaltung und Reparaturen mit 12,5 Prozent den stärksten Anstieg. „Diese Kosten fallen nicht so sehr ins Gewicht. Im Jahr 2012 hatten wir im Vergleich zum Jahr 2005 eine Steigerung der Energiekosten um 47,7 Prozent. Da waren die Nebenkosten ein hoher Posten“, sagt Stephan Kippes.

In München gehen die Kauf- und Mietpreise immer weiter auseinander. Der Bedarf an Wohnraum nimmt zu. „Erklärtes Ziel sollte sein, bezahlbaren Wohnraum im einfachen und mittleren Marktsegment zu schaffen“, sagt Kippes.


Das sagt der Wohnungsexperte im Interview

Der Mietspiegel zeigt ein verzerrtes Bild und treibt die Preise in die Höhe sagt ein Wohnexperte.

AZ: Herr Schäfer, wirkt die Mietpreisbremse?
RUDOLF SCHÄFER:
Unterschiedlich. Doch in vielen Fällen wirkt sie als Miettreiber.

Weshalb?
Die Mietpreisbremse basiert auf dem Mietspiegel, der in seinen Grundfesten in München schlicht falsch ist.

Nennen Sie ein Beispiel.
Wenn Sie in einem Hinterhaus an der Lindwurmstraße wohnen, ist das laut Mietspiegel beste Lage und mit einer Wohnung in der Königinstraße zu vergleichen. Das Gelände Domagstraße, Ecke Leopoldstraße wird im Mietspiegel besser eingeschätzt als Wohnungen am Herzogpark. Das ist ein verzerrtes Bild der Stadt.

Aber der Vermieter muss ja nicht das verlangen, was der Mietspiegel hergibt.
Aber er ist eine Grundlage für die Mietenfindung. Auch der vernünftigste Vermieter setzt noch ein bisschen was drauf, wenn das der Mietspiegel hergibt. Laut Mietpreisbremse darf er sogar 10 Prozent mehr verlangen.

Ärgern sich auch Vermieter über den Mietspiegel?
Ja, denn viele Kriterien sind aus dem Mietspiegel rausgefallen. Ob eine Wohnung einen Aufzug hat, zählt nicht mehr. Auch bei Sanierungen geht’s am Leben vorbei. Wenn ich nach 2005 saniert habe, aber die Heizung nicht ersetzt habe, fließt das nicht in die Bewertung der Wohnung mit rein.

Wer leidet besonders unter dem Mietspiegel?
Die ganz normalen Münchner – denn normale Gegenden sind plötzlich Bestlage. Während beste Lagen unterbewertet werden.


Hier wird gebaut

Paulaner-Areal am Nockherberg: Auf 9 Hektar in der Au plant die Bayerische Hausbau 1500 Wohnungen. 2023 soll das alles fertig sein.

Kreativquartier: Auf dem 20-Hektar-Gebiet der Luitpoldkaserne soll Wohnen, Arbeiten und Kunst eng verwoben werden. Es entstehen 900 Wohnungen, die 2035 fertig sein sollen.

Baumkirchen Mitte: Auf einem Grundstück des Bahnausbesserungswerks sind 490 Wohnungen für 1100 Bewohner geplant. Bereits 2018 soll’s fertig sein.

Domagpark – ehemalige Funkkaserne: Hier sollen 1700 Wohnungen entstehen, davon sind 50 Prozent gefördert. Außerdem sind ein Kunsthof mit über 100 Ateliers und Studios geplant. Parkstadt Schwabing: Die letzten Baufelder werden erschlossen. Es werden noch rund 1000 Wohnungen in sieben bis zehnstöckigen Häusern gebaut.

Bayernkaserne: Es sind etwa 4000 Wohnungen geplant, die ersten werden frühestens 2020 einziehen.

Neues Stadtviertel im Nordosten: Im Osten von Bogenhausen soll ein neues Stadtviertel für 30 000 Menschen entstehen.

Prinz-Eugen-Kaserne: 1800 Wohnungen, davon 450 vor allem aus Holz.

Werksviertel: Um den Ostbahnhof entstehen 1200 neue Wohnungen und 7000 neue Arbeitsplätze.

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