Neue Verkehrsführung in der Münchner Innenstadt: "Viel Tobak" für Promi-Wirt Schottenhamel

München – Seit vergangenem Montag ist der erste Entwurf für eine komplette Umgestaltung der Münchner Altstadt öffentlich: Hunderte Straßenparkplätze sollen wegfallen, überall maximal Tempo 30 gelten. Auch die Durchfahrt soll nicht mehr möglich sein. Dafür soll es mehr Grün, mehr Aufenthaltsorte zum Verweilen, bessere Radlwege und -abstellflächen, Minibusse, Ruf-Rikschas mit E-Antrieb und vieles mehr geben. Seitdem das Mobilitätsreferat seinen ersten Konzeptentwurf am 8. Juli vor rund 200 Münchnern im Alten Rathaus präsentiert hat, werden die Pläne in der Stadt heiß diskutiert.

Christian Schottenhamel, Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga Bayern), war bei der Präsentation dabei. "Eingeladen war ich nicht, ich habe zufällig Wind von der Veranstaltung bekommen", sagte er der AZ. "Ich hätte schon erwartet, dass Unternehmens- und Wirtschaftsverbände eingeladen werden."
"Da steckt auch viel Tobak drin", urteilt Schottenhamel
Schottenhamel meint: "Eine schöne neue Welt", sei da präsentiert worden. "Aber das muss praktikabel sein." Sein vorläufiges Urteil: "Einiges ist interessant und ausbaufähig, aber da steckt auch viel Tobak drin." Er wirft der Stadt vor, dass die Interessen der Wirtschaft kaum berücksichtigt wurden. "Ich hätte mir gewünscht, dass diese Themen auch mit den Gewerbetreibenden, dem Gast- und Hotelgewerbe, den Handwerksverbänden und den Taxibetrieben diskutiert wird."
Kritisch sieht Schottenhamel zum Beispiel die Konzeptidee, die Altstadt in kleinere Zonen ("Kammern") einzuteilen. Wie berichtet, soll zu jeder dieser Zonen ein Parkhaus gehören, das Altstadt-Besucher anfahren können. Rausfahren aus der Altstadt müssten die Autofahrer anschließend in unmittelbarer Nähe der Stelle, an der sie hineingefahren sind. Durch die Altstadt durchzufahren, wäre dann nicht mehr möglich – mit Ausnahmen etwa für Rettungsdienste und die Polizei. Schottenhamel fragt sich: "Was ist, wenn Lieferanten oder andere Autofahrer noch in einen anderen dieser Cluster müssen? Dann müssen sie außen rumfahren, was mehr CO2-Ausstoß verursacht."
"Lieferverkehr darf nicht unnötig behindert werden"
Auch von dem Plan, den Lieferverkehr zeitlich einzuschränken, hält der Dehoga-Kreisvorsitzende nichts. "Der Lieferverkehr darf nicht unnötig behindert werden", so Schottenhamel. Hier brauche es bessere Lösungen. "In der Fraunhoferstraße gibt es bis heute keine zufriedenstellende Lösung. Die Lieferfahrzeuge stehen auf dem Radlweg."
Bislang noch komplett ausgeklammert in dem ersten Konzeptentwurf seien die Hotelgäste, ärgert sich Schottenhamel. Und an günstige Parkplätze für Mitarbeiter im Hotel- und Gaststättengewerbe, die auch bis spätnachts arbeiten müssen, sei ebenfalls nicht gedacht worden.
Schottenhamel forderte nun Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Mobilitätsreferent Georg Dunkel (parteilos) und Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) in einem offenen Brief auf, dass sich die Referenten mit Vertretern der Dehoga, den Innenstadtwirten, City Partner, dem Einzelhandelsverband, der Handwerkskammer und der IHK zusammenzusetzen. "Wir vertreten als Dehoha Bayern Kreisstelle München die Interessen von über 1000 Gastronomen und Hoteliers in München und sind der Auffassung, dass ein tragfähiger Kompromiss mit allen Akteuren für den Umbau der Altstadt notwendig ist", heißt es in dem Brief.
"Haben wir aktuell keine wichtigeren Themen?"
Die größte Frage aber, die sich Schottenhamel stellt: "Wer soll das zahlen? Was das kostet, davon war bisher noch gar keine Rede. Haben wir aktuell keine wichtigeren Themen? Kitas und bezahlbaren Wohnraum zum Beispiel?"