Neue U-Bahn-Linie U9: Die Pressemitteilung der MVG
Mehr Fahrgäste, München wird immer größer: Die MVG möchte mit der neuen Linie U9 langfristig die Leistungsfähigkeit des Münchner U-Bahn-Systems sichern. Hier gibt's die Pressemitteilung.
München - Die MVG veröffentlicht eine Pressmitteilung zum Projekt U9:
Projekt U9-Spange:
- Neue Entlastungsstrecke im Zentrum baulich machbar
- Münchner U-Bahnnetz könnte deutlich wachsen
Die von MVG-Chef Herbert König vorgeschlagene U-Bahn-Entlastungs-strecke im Korridor Implerstraße – Hauptbahnhof – Münchner Freiheit ist grundsätzlich baulich möglich. Das ist das Ergebnis einer von SWM/MVG beauftragten Machbarkeitsstudie zur so genannten U9-Spange. Die Reali-sierung einer solchen Neubaustrecke zwischen Sendling und Schwabing hätte erhebliche positive Auswirkungen. Sie wäre ein essenzieller Beitrag zur Bewältigung der weiter steigenden Fahrgastzahlen im Stadtzentrum, böte aber auch verschiedene Optionen für eine langfristige Sicherung der Leistungsfähigkeit des Münchner U-Bahn-Systems. An der Studie waren neben SWM/MVG die Münchner Ingenieurbüros SSF Ingenieure und Vös-sing sowie die INTRAPLAN Consult GmbH beteiligt.
Fahrgast-Boom ungebrochen
Anlass für das Projekt U9-Spange und die bauliche Machbarkeitsstudie war und ist das stetig und überdurch-schnittlich steigende Fahrgastwachs-tum in der U-Bahn. Dort hat die Nach-frage in jüngster Vergangenheit je-weils um bis zu zehn Millionen Fahrgäste pro Jahr (!) zugelegt. Allein zwi-schen 2007 und 2012 gab es eine Steigerung von 12,5 Prozent – Tendenz weiter steigend. Über die letzten zehn Jahre legte die U-Bahn-Nachfrage um etwa ein Viertel zu. Neben dem attraktiven ÖPNV-Angebot ist vor allem das steigende Bevölkerungswachstum in München und der Region ursäch-lich für die hohen Steigerungsraten. 2030 werden etwa 20 Prozent mehr Menschen im Großraum München leben als im Jahr 2000.
Gleichzeitig wandelt sich das Mobilitätsverhalten: weg vom Auto-Besitz, hin zur flexiblen Nut-zung verschiedener Angebote zugunsten des Umweltverbunds. Zudem bleibt München Touristenmagnet mit steigenden Besucherzahlen. Wegen der hohen Belastung der Innenstadtstrecken und Stationen im Zentrum fährt die U-Bahn dort schon heute in Spitzenzeiten nahe an der Leistungsgrenze. Im Rahmen der „MVG-Angebotsoffensive 2010-2020“ sind daher bereits weitere Taktverdichtungen, Bahnhofserweiterungen und Ausbaumaßnahmen (etwa Tram-Tangenten) geplant. Mit diesen Maßnahmen wird die Kapazität der am stärksten belasteten Streckenabschnitte in der Spitzenverkehrszeit weiter signifikant erhöht. Vorgesehen sind im U-Bahnnetz in den Hauptverkehrszeiten unter anderem fol-gende Verbesserungen:
- 2014: 50 Prozent mehr Kapazität durch Taktverdichtung auf der U2 Nord (Mil-bertshofen – Hauptbahnhof) bzw. 36 Prozent mehr Platz im Kernbereich Hauptbahnhof – Kolumbusplatz (2-Minuten-Takt)
- Voraussichtlich 2017: 25 Prozent mehr Kapazität durch Taktverdichtung auf der U3/U6 Implerstraße – Münchner Freiheit (ebenfalls 2-Minuten-Takt)
- In den Folgejahren wird es, abhängig von der baulichen Entwicklung entlang der U2 Nord außerdem möglich sein, die dann an der Münchner Freiheit en-dende U6-Verstärkerlinie über die U3 zum Scheidplatz und weiter in Richtung U2 Nord zu verlängern (Arbeitstitel für diese eventuelle Verstärkerlinie: U10, siehe unten).
- Parallel hierzu wird ab 2016 der wichtige U-Bahnhof Sendlinger Tor (U1/U2/U7 und U3/U6) leistungsfähiger gemacht.
Perspektive für das nächste Jahrzehnt
Mit diesen Maßnahmen werden allerdings nach 2020 die Kapazitäten der Zent-rumsstrecken der U-Bahn ausgeschöpft, sehr hoch belastet und bei steigendem Fahrgastaufkommen auch noch störungssensibler sein. Die U9-Spange verschafft daher eine längerfristige Kapazitätsperspektive für das anschließende Jahrzehnt. MVG-Chef König hatte die Bypass-Strecke vorgeschlagen. 2009 wurden SWM/MVG vom Stadtrat – nach einem entsprechenden Antrag der Stadtratsfrak-tionen von SPD und Grünen – mit weiterführenden Planungen beauftragt. Im ak-tuellen Entwurf des städtischen Nahverkehrsplans ist die U9-Spange bereits mit Status „in Untersuchung“ enthalten.
Noch keine Angaben zu Baukosten möglich Hauptziel der nun durchgeführten Machbarkeitsuntersuchung war es, die Konzep-tidee der MVG auf ihre grundsätzliche bauliche Machbarkeit zu prüfen, mögliche Varianten hierzu zu untersuchen, diese grob zu bewerten und bezüglich ihrer ver-kehrlichen Wirkung einzuschätzen. Baukosten waren noch kein Thema der Mach-barkeitsstudie; dazu sind erst detailliertere Untersuchungen der geplanten Bau-werke erforderlich. Auch die Wirtschaftlichkeit wurde noch nicht bewertet, denn dazu müssen konkrete Investitionskosten und Folgekostenberechnungen vorlie-gen. Zur möglichen Finanzierung ist daher natürlich noch keine Aussage möglich – in diesem frühen Stadium aber auch noch nicht nötig.
Zentrale Ergebnisse und Erkenntnisse im Überblick:
U9-Strecke grundsätzlich machbar
Zur Untersuchung der baulichen Machbarkeit wurden diverse vorhandene Be-standsunterlagen zur U- und S-Bahn herangezogen. Betrachtet wurden insbeson-dere die Verhältnisse im Untergrund. Denn die Bodenbeschaffenheit entscheidet über die anzuwendenden Bauverfahren. Ergebnis der Analysen ist, dass die neue Strecke in Nord-Süd-Richtung zwischen Implerstraße, Hauptbahnhof und Münch-ner Freiheit baulich grundsätzlich möglich ist. Für die beiden Richtungstunnel gibt es im bestehenden Untergrundnetz demnach ausreichend Platz und Trassie-rungsmöglichkeiten. Ebenso könnten die zusätzlich erforderlichen Bahnhöfe bau-lich realisiert und – wie auch die Streckentunnel – in geeigneter Weise mit dem Bestandsnetz verknüpft werden.
Vorzugsvariante: Implerstraße – Giselastraße (– Münchner Freiheit) Als Vorzugsvariante wurde dabei folgende ca. 6 km lange Verbindung identifiziert: Implerstraße – Theresienwiese – Hauptbahnhof – Pinakotheken – Giselastraße (– Münchner Freiheit). Im Unterschied zur ursprünglich von der MVG vorgeschlage-nen Trassenführung würde die neue Strecke nicht an der Münchner Freiheit in das Bestandsnetz münden, sondern bereits an der Giselastraße. Dort lässt sich eine Verknüpfung mit der U-Bahnbestandsstrecke (zusätzlich mit Umsteigemöglichkeit zur Tram-Nordtangente) baulich besser bewältigen und durch einen viergleisigen Ausbau dieses Bahnhofs und der Strecke bis zur Münchner Freiheit optimal mit der U3 und der U6 verknüpfen.
Im Bereich der Theresienwiese könnte die Spange alternativ zum anspruchsvol-len viergleisigen Ausbau des bestehenden Bahnhofs auch mit einer zusätzlichen Station unterhalb des Bavariaparks verlaufen. Beide Optionen steigern als ge-wünschter Nebeneffekt die Kapazität für den Oktoberfest-Verkehr.
Der Bereich der Pinakotheken könnte einen U-Bahnhof und damit direkten U-Bahnanschluss erhalten.
Völlig neue Perspektiven würde die U9-Spange im Bereich des Hauptbahnhofs ermöglichen: Es entstünde für die neue Strecke ein zusätzlicher U-Bahnhof, der in etwa unterhalb des Gleisfeldes des Hauptbahnhofs zu liegen käme. Hierfür gibt es mehrere Varianten: Denkbar wäre, das Sperrengeschoss dieses neuen U-Bahnhofs zugleich mit direkten Zugängen zu den Fernbahnsteigen sowie zu den beiden Flügelbahnhöfen zu versehen. Damit wäre nicht nur eine optimale Ver-knüpfung zwischen Fernverkehr, Regionalverkehr und U-Bahn gegeben, sondern gleichzeitig auch ein westlicher Zugang zu den Bahnsteigen des Sackbahnhofs sowie eine direkte unterirdische Verbindung der beiden Flügelbahnhöfe.
Schließlich würde das U-Bahnnetz insgesamt nicht nur leistungsfähiger, sondern auch deutlich flexibler, insbesondere bei Baustellen und Störungen: Es gäbe mehr Ausweichmöglichkeiten für die Fahrgäste bzw.
Umleitungsmöglichkeiten und auch in weiterer Zukunft mehr Optionen für alternative Linienführungen.
Neue Linienführungen möglich
Die Linienführung könnte nach Realisierung der U9-Spange zum Beispiel wie folgt gestaltet werden:
Eine U9 übernimmt als Stammlinie die komplette Strecke Garching-Forschungs-zentrum – Fröttmaning – Hauptbahnhof – Implerstraße – Klinikum Großhadern – Martinsried, während die U6 zwischen Fröttmaning und Klinikum Großhadern den Kern des Stammastes über Marienplatz und Sendlinger Tor bedient. Damit wären zum Beispiel die Hochschulstandorte und auch die Allianz Arena direkt mit dem Hauptbahnhof verbunden. Die Verstärkerlinie U10 verknüpft zeitweise den Bereich der südlichen U3/U6 via Marienplatz und Münchner Freiheit mit der U2 Nord, schafft damit zusätzliche Kapazität im wachsenden Einzugsbereich der U2 Nord und zudem Direktfahrmöglichkeiten von dort zum Marienplatz.
Option: Verknüpfung der neuen U-Bahnspange mit der U2 Nord Für die neue Entlastungsstrecke gäbe es – möglicherweise in einer zweiten Bau-stufe – zudem eine zusätzliche Verknüpfungsoption: Nördlich des Hauptbahnhofs könnte die U9-Spange mit der U2 Nord verbunden werden. Dadurch würde nicht nur die Netzflexibilität weiter erhöht; es würden sich auch weitere ganz neue Per-spektiven für das Liniennetz und die Streckenkapazität eröffnen: Über diese Ver-knüpfung könnte z. B. eine weitere neue Verstärkerlinie – Arbeitstitel U12 – ge-führt werden, die den Nordast der U2 teilweise weiter verdichtet, aber ab Haupt-bahnhof über die neue Spange nach Süden (z. B. Richtung Harras) geführt wird. Damit würden im Abschnitt Hauptbahnhof – Sendlinger Tor – Kolumbusplatz wie-der Streckenkapazitäten frei, die in den Spitzenzeiten zum Beispiel von einer neu-en Verstärkerlinie U11 (Arbeitstitel) zwischen OEZ, Rotkreuzplatz, Hauptbahnhof und dem Ostast der U2 (je nach Bedarf Richtung Messestadt oder Neuperlach) genutzt werden könnten. Dies bedeutet: Das Konzept U9-Spange plus Verbindung zur U2 würde die Voraussetzung dafür schaffen, auch die U1 im Nordabschnitt bei weiterer baulicher Entwicklung und Bedarf verdichten zu können.
Natürlich wären zu gegebener Zeit auch andere Varianten möglich. Auf Basis der beiden Musternetze lässt sich aber schon gut zeigen, dass mit der U9-Spange nicht nur die bisherigen U-Bahnstammstrecken und Umsteigebahnhöfe entlastet werden könnten, sondern durch zum Teil massive Reisezeitgewinne auch die At-traktivität des Münchner Nahverkehrssystems nochmals deutlich gesteigert würde.
Erste Prognosen ergaben für die neue Spange rund 50.000 Fahrgäste täglich im Abschnitt Hauptbahnhof – Giselastraße, die nach einer Langfristprognose bis ca. 2050 auf gut 100.000 Fahrgäste anwachsen könnten. Das entspräche etwa dem heutigen Verkehrsaufkommen z. B. auf den Abschnitten Max-Weber-Platz – Ost-bahnhof (U5), Stiglmaierplatz – Hauptbahnhof (U1/U7) oder beispielsweise auch der Prognose für die 2. S-Bahn-Stammstrecke im Teilabschnitt Marienhof – Ost-bahnhof.
Positive Wirkungen klar identifizierbar
Zusammengefasst eröffnet die neue U-Bahnstrecke folgende Verbesserungen:
- Entlastung der meist belasteten Abschnitte und Bahnhöfe des U-Bahn-Bestandsnetzes durch deutliche Kapazitätssteigerung im Nord-Süd-Verkehr
- Attraktivitätssteigerung durch neue Direktfahrmöglichkeiten und erhebliche Fahrzeitgewinne
- Bei Realisierung der Verbindung U9/U2 zusätzliche Möglichkeiten zur Verdich-tung der U2 Nord sowie der U1 Nord
- Neue Liniennetzverknüpfungen, zum Beispiel:
o Garching-Forschungszentrum – Fröttmaning (Stadion) – Münchner Freiheit – Hauptbahnhof – Imperstraße – Klinikum Großhadern – Martinsried (Arbeitstitel U9)
o Mit Spange U9/U2: OEZ – Rotkreuzplatz – Hauptbahnhof – Kolumbus-platz – Innsbrucker Ring – Messestadt oder Neuperlach (Arbeitstitel U11)
o Mit Spange U9/U2: Harthof oder Milbertshofen – Hauptbahnhof – Im-plerstraße – Harras (Arbeitstitel U12)
- Entzerrung des Fußballverkehrs durch zusätzliche, umsteigefreie Verbindung Hauptbahnhof – Fröttmaning
- Kapazitätssteigerung für Bedienung des Oktoberfestes
-- Massive Steigerung der Netzflexibilität (z. B. bei Störungen und Baustellen)
- Völlig neue Optionen für Erschließung im Bereich Hauptbahnhof und
Verknüp-fung mit Regional- und Fernverkehr durch zusätzlichen U-Bahnhof Haupt-bahnhof unterhalb des DB-Gleisfeldes.
Schlüssel für das U-Bahnnetz der Zukunft
MVG-Chef Herbert König: „Es passiert in den nächsten Jahren viel, um unser Nahverkehrsnetz, insbesondere auch die U-Bahn, leistungsfähiger zu machen. Damit sind wir für rund ein Jahrzehnt weiteren Wachstums gut gerüstet. Auch für die Zeit danach und für eine zusätzliche Leistungsfähigkeit in einer dynamisch wachsenden Region müssen jetzt die richtigen Schritte eingeleitet werden. Die U9-Spange ist der Schlüssel für das U-Bahnnetz der Zukunft. Sie ermöglicht einen bedarfsgerechten Leistungsausbau im gesamten System und verschafft der U-Bahn damit eine langfristige Perspektive über die bisherigen Kapazitätsgrenzen hinaus. Wichtigste Voraussetzung für die mögliche Realisierung ist freilich die bau-liche Machbarkeit, die unsere Studie nun bestätigt hat. Die identifizierte Vorzugs-variante ist an beiden Enden sowohl mit der U3 als auch mit der U6 verbunden und kann in einer weiteren Baustufe mit der U2 Nord verknüpft werden. Die sich dadurch ergebenden Gestaltungsspielräume für neue Betriebskonzepte mit ent-sprechender Entlastungswirkung im relevanten Innenstadtbereich weisen weit über dieses Jahrzehnt hinaus. Klar ist jedoch, dass dieses Projekt nun oberste Priorität haben muss, um einen langfristigen Kollaps im U-Bahnsystem zu verhin-dern und Entwicklungsmöglichkeiten zu sichern.“
SWM und MVG schlagen der Stadt vor, dieses Projekt auf Basis der vorliegenden Machbarkeitsstudie nun gemeinsam weiter voranzutreiben und die Planung weiter zu vertiefen. Notwendig sind nun als nächstes unter anderem detaillierte Untersuchungen zur Ausgestaltung der neuen Bahnhöfe. Das Betriebskonzept soll weiter verfeinert und noch genauer auf seine Auswirkungen hin überprüft werden. We-sentliche Grundlage für alle weiteren Planungsschritte ist zudem die Fortschrei-bung der Strukturdaten als Bewertungsgrundlage – etwa für die zwingend erfor-derliche Nutzen-Kosten-Rechnung. Zudem sind die baulichen Abhängigkeiten etwa zum geplanten neuen DB-Empfangsgebäude am Hauptbahnhof sowie zur 2. S-Bahn-Stammstrecke mit allen Beteiligten, nicht zuletzt auch dem Freistaat Bay-ern und der DB AG, zu klären.
König: „Die Weichen müssen jetzt gestellt werden! Wir brauchen die Entlastung auf den Strecken in der Innenstadt – Verlängerungen und Verknüpfungen an den Rändern des heutigen Netzes mögen im Einzelfall und zu gegebener Zeit sinnvoll sein, helfen uns aber da nicht weiter, wo die Kapazitäten an ihre Grenzen kommen werden. Über die Zukunftsfähigkeit der U-Bahn entscheidet die Leistungsfähigkeit im Zentrum.“