Neue Spar-Pläne der Stadt: Welche Tram-Linien in München gestrichen werden

München - Fünf neue Tram-Linien wollte die grün-rote Rathaus-Koalition in dieser Legislatur bauen. Acht weitere wollte sie prüfen. So haben es Grüne und SPD in ihrem Koalitionsvertrag versprochen. Sogar ein neues Referat haben sie gegründet, um die Verkehrswende und den ÖPNV–Ausbau möglichst schnell voranzutreiben. Vier Jahre später ist von diesem Tram-Traum bloß wenig übrig.
Aus einer bislang nicht veröffentlichten Beschlussvorlage, die der AZ vorliegt, geht hervor, wo das Mobilitätsreferat nun den Rotstift ansetzt und was trotz der leeren Kassen noch umgesetzt wird. Insgesamt geht es um rund 118 Millionen, die bei Investitionen gekürzt werden. Das Ziel, dass die Münchner bis 2030 30 Prozent aller Wege im ÖPNV zurücklegen sollen und das der Stadtrat 2020 beschlossen hatte, sei nicht haltbar, heißt es in der Unterlage.
An diesen drei Tram-Linien hält das Rathaus fest
Komplett fertig wird in dieser Legislatur keine neue Tram-Linie. Wenn alles gut geht, kann Ende 2025 eine Tram auf einem Abschnitt der Fürstenrieder Straße fahren. Insgesamt ist die Tram-Westtangente aber über acht Kilometer lang. Erst Ende 2028 wird die ganze Strecke vom Romanplatz bis zur Aidenbachstraße in Betrieb sein. Derzeit rechnet das Rathaus mit Gesamtkosten von 490 Millionen Euro. Ende 2021 war noch etwa von der Hälfte die Rede.
Mit dem Bau der Tram zum S–Bahnhof Johanneskirchen wollten die Stadtwerke eigentlich schon im September 2023 beginnen. Fertig sollte alles Ende 2025 sein. Aber eine Genehmigung der Regierung von Oberbayern fehlte. Die Stadtwerke gehen nun davon aus, dass sie diese Mitte 2025 bekommen. Dann kann auch der Bau der 63 Millionen Euro teuren Strecke starten. Gerade mal 700 Meter wird sie lang, zwei Haltestellen soll es geben. Alleine, um die Baugenehmigung zu bekommen, vergingen drei Jahre. Der Verkehrsexperte der SPD-Fraktion Nikolaus Gradl hofft, dass die Tram 2027 fährt.
Bauen wird die Stadt auch die Tram Münchner Norden zum Neubaugebiet auf der ehemaligen Bayernkaserne. Der erste Abschnitt von Schwabing Nord bis zum Kieferngarten soll Ende 2027 in Betrieb gehen. "Das war für uns das wichtigste Projekt", sagt der SPDler Gradl. Seine Fraktion habe mit Mobilitätsreferat und Kämmerei monatelang verhandelt, dass diese finanziert werden kann. Eine Geldquelle: die Mittel aus der Stellplatzablöse.
Wenn Bauherren nicht die geforderte Anzahl an Parkplätzen schaffen, müssen sie an die Stadt eine Entschädigung zahlen. Diese Gelder hat das Rathaus bislang zum Beispiel für Park&Ride–Anlagen verwendet.
"Wir werden den Leuten aus dem Umland nicht länger billige Stellplätze bauen"
Ursprünglich waren für ein neues Park&Ride–Parkhaus an der Aidenbachstraße bis 2027 17,6 Millionen eingeplant. Diese Mittel sollen gestrichen werden. Insgesamt plädiert Nikolaus Gradl bei Parkhäusern für einen Kurswechsel. Gebracht hätten die Park&Ride–Anlagen nämlich kaum etwas. Heute pendeln sogar noch mehr Menschen mit dem Auto nach München, sagt er: "Wir werden den Leuten aus dem Umland nicht länger billige Stellplätze bauen. Dieses Geld müssen wir in die Schiene stecken."

Acht neue Strecken sollte das Mobilitätsreferat prüfen
Weitere Planungen für neue Tram-Strecken werden allerdings erst einmal auf Eis gelegt. Schon 2022 haben Grüne und SPD gefordert, acht neue Strecken zu prüfen. Noch im gleichen Jahr hätte das Mobilitätsreferat eigentlich eine Machbarkeitsstudie für eine Tram von der Amalienburgstraße nach Freiham vergeben sollen. Das ist bis jetzt nicht geschehen. Und in den nächsten fünf Jahren wird das auch nicht passieren. Zumindest schlägt das Mobilitätsreferat vor, die Studie erst irgendwann nach 2029 in Auftrag zu geben.
Ähnlich sieht es mit den Linien Ramersdorf – Perlach, einer Tram Südtangente (vom Waldfriedhof zur Tegernseer Landstraße) und der Tram auf der Wasserburger Landstraße Richtung Haar aus. Hier sollen die Machbarkeitsstudien ebenfalls nicht vor 2027 kommen. Beantragt hatte sie die Rathaus-Koalition schon 2022. Auch die Planungen für eine Tram Berg am Laim – Daglfing werden auf unbestimmte Zeit verschoben.
Und das steht noch auf der Streichliste des Mobilitätsreferats: Ein neuer Busbahnhof Studentenstadt, der eigentlich 2027 fertig sein sollte, wird verschoben. Ebenso wie der barrierefreie Ausbau der Bushaltestelle am Olympiasee.
"Es war nicht richtig, das Mobilitätsreferat zu gründen"
Die Bilanz der grün-roten Regierung, die den ÖPNV so dringend ausbauen wollte, lautet für Nikolaus Gradl deshalb: "Wir sind mit den richtigen Zielen gestartet. Aber die Struktur ist falsch." War es richtig, das Mobilitätsreferat zu gründen, fragt der SPDler und gibt sich selbst die Antwort: "Nein, das war es nicht. Beim Ausbau der Tram-Bahnen nützt es nicht. An vielen Stellen ist alles nur noch komplizierter geworden."
Der zweite Schuldige für den zögerlichen Tram-Ausbau sitzt für Gradl in der Regierung von Oberbayern, die die Baugenehmigungen erteilen muss: "Die Bürokratie-Monster in der Regierung von Oberbayern tragen dazu bei, dass die Verfahren ewig dauern."
Millionen wird die Stadt hingegen in Bereiche investieren, die den Fahrgästen wahrscheinlich nicht einmal auffallen – und die sich wohl keine Partei als ihren Erfolg auf ein Wahlplakat drucken kann. Zum Beispiel muss die Stadt einen neuen Tram-Betriebshof an der Ständlerstraße bauen. Weil sich auch hier das Genehmigungsverfahren in die Länge zieht, muss die Stadt zwar in den nächsten drei Jahren weniger ausgeben als angenommen. Insgesamt kostet die Maßnahme aber rund 336 Millionen Euro. Auch die Investitionen in den Brandschutz in den U-Bahnen lassen sich nicht verschieben. 17,4 Millionen Euro sind dafür insgesamt aufgeteilt auf die Jahre 2025 und 2026 eingeplant.
Festhalten will das Mobilitätsreferat hingegen an einem neuen Zugsicherungssystem CBTC, das perspektivisch bei der U-Bahn auf den Hauptstrecken einen Zwei–Minuten–Takt ermöglicht. 10,3 Millionen Euro sind dafür zwischen 2025 und 2027 eingeplant. Insgesamt kostet die Maßnahme aber wohl über 136 Millionen.