Neue Arbeitswelten in Garching: Hallen so groß wie Kathedralen

Garching - Wer in die Garchinger Zeppelinstraße fährt, merkt schnell, wie groß das Gewusel hier ist. Es ist Stau am Freitagmittag. Kein verfrühter Feierabend. Hier wird noch weitergewerkelt. Schwere Lkw rangieren mühsam von der Straße Richtung Innenhöfe.
Etwa einen Kilometer später taucht an der Zeppelinstraße 22 plötzlich die Giesserei auf: drei schlichte, elegante Hallenbauten mit Holzverkleidung und Alu-Fassade, teils mit Lagervorbau, plus Parkhaus. Die Häuser stechen zwischen den übrigen Gebäuden hervor. Sie sind ziemlich neu und unbekannt.
Gebaut wurden sie in den letzten Jahren von der Beos AG, anstelle einer früheren Aluminium-Gießerei, die hier von 1977 bis 2016 Aluminiumteile fertigte, vorzugsweise für die Autoindustrie. 2019 fanden die ersten Gespräche mit den Eigentümern der Gießerei statt.
Frühere Gießerei: Ein Monat ohne Feuerwehreinsatz war ein guter Monat
"Das sah erst einmal gar nicht gut aus", erinnert sich Beos-Niederlassungsleiterin Annemone Gull. Als Beos durch die Gießerei geführt wurde, sagte man ihnen: Ein Monat ohne Brand war ein guter Monat. Gull und ihre Mitstreiter dachten, das wäre ein Scherz. Es war aber keiner. Das konnte auch der Garchinger Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) bestätigen, der in seinem Grußwort die "vielen Feuerwehreinsätze der Vergangenheit" ansprach.
Projektentwickler Beos wolle stets möglichst viel Bausubstanz erhalten. Das mache den Charme von solchen Projekten aus, betont auch die Projektleiterin der heutigen Giesserei, Sabine Remley. Doch einer statischen Prüfung hielt die Alu-Gießerei von früher nicht stand. Ernüchterung. "Durch die vielen Brände hatte das Gebäude schon so viel Schaden genommen, dass wir es abreißen mussten", erzählt Gull. Viele Teile der Gemäuer seien als Fundament wiederverwendet worden.
Die neue Giesserei in Garching: Fast schon still und heimlich gebaut
Aber das alles passierte eben recht still und leise, in der Abgeschiedenheit eines Gewerbegebietes im Münchner Norden – und in einer Pandemielage. "Während Corona war weder an eine Grundsteinlegung noch an ein Richtfest zu denken, leider", sagt Gull vor einem Presserundgang in den Hallen.
Das Areal ist 2,5 Hektar groß. Beos – ein deutschlandweit aktiver Immobilienverwalter – nennt das Gelände jetzt Gewerbecampus, wohl angelehnt an den nicht allzu fernen Forschungscampus der TU.
22.000 Quadratmeter Grundfläche haben die Gebäude. Im Rohbau wirken sie wie Kathedralen der Arbeit. Wer einzieht, kann hier gestalten, wie es zum eigenen Unternehmen passt. Die Hallen sind so groß und so hoch (sechs Meter), dass man hier einen Güter-Umschlagplatz einrichten könnte – und deutlich günstiger als in München. Bis zu 50 Prozent weniger kostet hier der Quadratmeter als in der Stadt.
"Windräder, E-Autos, Handys, LED-Technik: Unsere Chips sind überall"
Zwei Firmen sind bereits eingezogen und haben sich eingerichtet: In-tech, ein internationaler Fahrzeug-Spezialist, der oft Vorserienautos auf die richtige Abstimmung zwischen Hardware und Software prüft. "Unser Hauptkunde ist in München BMW", sagt der In-tech-Leiter Michael Scherer. Offenbar eine gefragte Dienstleistung, "wir hatten Erweiterungsbedarf", sagt Scherer. Sein Arbeitgeber hat 13 Standorte in Deutschland, neun weitere weltweit.
Der Nachbar im selben Gebäude arbeitet am Puls der Zeit: Süss Microtec. Ein Traditionsunternehmen, seit 1968 in Garching ansässig, mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz. Die Firma beliefert die größten Namen der Tech-Branche.

Süss versorgt Zwischenunternehmen mit Maschinen, die auf Silizium-Wafer hauchdünne Mikrochips aufdrucken können. In der Giesserei ist ein Schulungszentrum von Süss entstanden. Die Kunden müssten schließlich wissen, wie man mit den etwa drei Millionen Euro teuren Geräten umgeht, sagt Rolf Wolf, Geschäftsführer von Süss. "Windräder, E-Autos, Handys, LED-Technik... Die Chips, die in unseren Maschinen entstehen, sind überall", sagt Wolf.