Neue Akku-Tram: "Der Elektrische Garten"

Die Akku-Tram der MVG stellt in Berlin einen Rekord auf – und soll bei uns durch den Englischen Garten düsen. Aber das entfacht neuen Ärger. Die AZ erklärt, warum.
München - Über ihr nur die grünen Baumwipfel und kein Geäst aus unattraktiven Oberleitungen: Eine Akku-Tram durch den Englischen Garten wäre technisch kein Problem. Das hat jetzt eine Testfahrt dokumentiert. Dabei schaffte ein Zug 16 Kilometer in 57 Minuten – nur angetrieben von einer Lithium-Ionen-Batterie.
Nun will die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) einen neuen Vorstoß für die Parktram wagen.
Der Ortstermin, der die MVG ermutigt, findet in Velten statt, im Norden Berlins. Hier soll die Münchner Tram eine „Rekordfahrt“ aufstellen und es damit ins Guinness-Buch bringen. MVG-Chef Herbert König und eine Gruppe Münchner Journalisten sind eigens zur Teststrecke gereist – trotz Aschewolke, die den Reiseplan ein wenig gestört hat.
Alles ist bereit: Der Akku aus dem Zugdach ist versiegelt, eine Notarin vor Ort. Michael Daum vom Hersteller Stadler Pankow GmbH hält noch eine kurze Ansprache, in der er auch den „Elektrischen Garten“ erwähnt, ein Freudscher Versprecher. „Toi, toi, toi“, wünscht die Bürgermeisterin von Velten brav.
Ein kurzes Hup-Signal, die Tram stottert los. Alles in Ordnung, nur ein Bremsversuch. Dann beginnt die Fahrt des fast leeren Zugs. Derweil werden am Rand der Teststrecke Daten genannt: 830 Kilo wiegt die Batterie, ein unauffälliger Kasten auf dem 40-Tonnen-Fahrzeug. Auf der Park-Trasse würde sich der Akku maximal zu 15 Prozent entladen. Wenn der Zug wieder unter Leitungen fährt, lädt er sich automatisch wieder auf.
An dieser Technologie hängt die Hoffnung des MVG-Chefs König. Er strebt seit langem die „Tram-Nordtangente“ an. Mit einem zwei Kilometer langen Lückenschluss wären Neuhausen und Bogenhausen verbunden. Das Problem: Ein Kilometer davon verliefe durch den Englischen Garten. Doch von Tram-Oberleitungen will der Freistaat, dem der Park gehört, nichts wissen, das Finanzministerium hat die Pläne immer abgelehnt: Die Drähte würden den Garten verschandeln. Der Streit ging sogar vor Gericht.
Jetzt wäre dieser Streitpunkt dank Akku zu entkräften – da will es die MVG nochmal probieren. Nach weiteren Testfahrten in München will sie einen neuen Antrag auf Planfeststellung einreichen.
Doch Finanzminister Georg Fahrenschon bremst die Hoffnungen des Verkehrsbetriebs: „Es ist zu befürchten, dass es auch ohne Fahrleitungsmasten und Oberleitungen dauerhaft zu einer gravierenden Beeinträchtigung des Englischen Gartens im Hinblick auf das authentische Erscheinungsbild und die originäre Substanz des Gartendenkmals kommt.“ Als Beispiele nennt er Signalanlagen oder Beleuchtungsmasten.
MVG-Chef König lässt sich davon nicht entmutigen. Das Ministerium kenne die Pläne noch gar nicht und gehe wohl von einer neuen Schneise aus. „Die aber ist ja gerade nicht geplant, sondern die Verwendung der seit vielen Jahrzehnten bestehenden Bus-Trasse“, sagt König.
Wie das alles auch ausgeht: Zumindest der Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde ist der Münchner Akku-Tram gewiss.
Das lange Warten auf die Zulassung
Die Batterie-Tram, die bei Berlin über die Teststrecke sauste, hat schon eine bewegte Geschichte hinter sich. Der Zug ist eine von vier Variobahnen, die die Firma Stadler für München hergestellt hat. Zehn weitere sind im Bau.
Bevor die Tram den Akku aufs Dach bekam, war sie schon in München im Einsatz – bis ein Lkw-Unfall sie außer Gefecht setzte. Zur Reparatur und Umrüstung kam sie dann zurück zur Herstellerfirma. Doch nicht nur sie, auch die anderen Variobahnen sind seit Monaten nicht mehr im Einsatz. Als sie schon 40 000 Kilometer auf dem Buckel hatten, zog die Regierung von Oberbayern sie aus dem Verkehr. Seit einem Dreivierteljahr warten sie auf die Zulassung. Zahlreiche Gutachten zur Sicherheit mussten angefertigt werden.
Michael Daum von der Herstellerfirma Stadler dauert das Verfahren viel zu lange. Er spricht von „Willkür“. Doch die Behörde versichert: „Wir sind auf einem guten Weg.“ Sobald alle Unterlagen da seien, werde die Variobahn auf die Schiene gesetzt.