Interview

Neubauviertel-Serie zur Bayernkaserne: "Die historische Stadt neu bauen"

Auf dem Gelände der Bayernkaserne entsteht ein neues Viertel. Es soll an alte Münchner Bautradition anknüpfen - und braucht noch einen neuen Namen.
von  Paul Nöllke
Die Innenhöfe sind von Häusern umgeben, die an alte Bautraditionen anknüpfen sollen.
Die Innenhöfe sind von Häusern umgeben, die an alte Bautraditionen anknüpfen sollen. © Max Dudler

München - Schön ist es hier nicht: Müll, alte Zäune und ein paar Bagger prägen das Gelände der alten Bayernkaserne. Doch in den kommenden Jahren soll hier ein großes Münchner Stadtviertel entstehen, samt Kindertagesstätten, mehreren Schulen, sozialen Einrichtungen und verschiedenen Geschäften.

Neues Stadtviertel auf dem Areal der ehemaligen Bayernkaserne

"Ein neues Stadtgebiet ist ein bisschen wie ein Neugeborenes", sagt Baudirektor Steffen Kercher und lacht, "es braucht viel Zuneigung und Zeit, bis es gewachsen ist." Noch muss man sich also auf die schicken Visualisierungen der Architekturbüros verlassen, wenn man wissen will, was hier in den nächsten Jahren entstehen wird. "Ob ein neues Quartier wirklich gelungen ist, weiß man eigentlich erst nach einer Generation", sagt Kercher. Mit der AZ hat Kercher dennoch schon jetzt über das neue Stadtviertel auf dem Areal der ehemaligen Bayernkaserne gesprochen.

Steffen Kercher ist Baudirektor beim Planungsreferat.
Steffen Kercher ist Baudirektor beim Planungsreferat. © LHM

AZ: Herr Kercher, noch sieht man nicht viel. Erklären Sie uns, was wird hier gebaut?
STEFFEN KERCHER: Wir bauen hier ein komplett neues Münchner Stadtviertel. Es wird ein sehr urbanes Quartier werden. Wir haben hier nicht eine "Freihamer Lockerheit" (wie im eher ländlichen Neubaugebiet Freiham, d. Red.), sondern wollen die historische Stadt neu bauen.

Häuser im neuen Viertel werden von unterschiedlichen Architekten entworfen

Was heißt das genau? Erker, Stuck und Zwiebelturm am Neubau?
Nein, aber wir bauen hier so, wie man es aus Schwabing kennt. Es wird hier dann sehr städtisch aussehen, ein paar Häuser werden auch mal etwas höher. Die Häuser werden von verschiedenen Architekten entworfen. Es werden auch Schulen gebaut. Der Gestaltungsleitfaden orientiert sich an der klassischen europäischen Stadt. Es wird modern mit Naturstein und Putz gebaut.

"Wir wollen, dass das Viertel bunt und vielfältig wird"

Wer soll hier wohnen? Schwabing, Naturstein, urban: Das klingt teuer.
Hier soll der typische Münchner wohnen, gerne mit Kind und Kegel und vielleicht noch mit zwei Haustieren. Aber natürlich auch die Oma. Wir wollen, dass das Viertel bunt und vielfältig wird. Wenn man ein neues Viertel plant, sollte es ja um die Menschen gehen, die dort einziehen. Wir wissen, dass oft Familien in Neubaugebiete ziehen. Das wird auch hier so sein. Es gibt günstige Wohnungen, mehrere Wohnungen, die sich am Mietspiegel orientieren, aber auch teurere Eigentumswohnungen, die in dem Bereich gebaut werden, der in privater Hand ist. Es wird also eine Mischung.

Die Mehrzahl der Häuser bleibt niedrig...
Die Mehrzahl der Häuser bleibt niedrig... © privat

Entstehen hier denn nur Wohnungen?
Nein, es werden auch Büros gebaut, zudem sind im Erdgeschoss der Häuser meist Läden und Gewerbe angesiedelt. Es soll auch Möglichkeiten für die neuen Bewohner geben, sich zu vernetzen. Das ist gerade zu Beginn in so einem neuen Viertel sehr wichtig. Wer hier zuerst hinzieht, ist natürlich ein bisschen ein Pionier. Wir wollen aber, dass sich die neuen Bewohner dennoch gleich wohlfühlen. Das hier wird kein reines Wohnviertel, denn wir wollen, dass auch tagsüber Leben auf der Straße ist.

...doch auch ein paar höhere Häuser soll's geben.
...doch auch ein paar höhere Häuser soll's geben. © Max Dudler

Noch wird ein Name für Münchner Viertel mit 15.000 Menschen gesucht

In München geht es in letzter Zeit viel um das Thema Mobilität. Wird das neue Viertel vielleicht autofrei? Wie ist es angebunden?
Es wird eine Tramverbindung entstehen, irgendwann auch einmal eine U-Bahn. Wir wollen natürlich, dass man in dem Viertel auch ohne Auto leben kann.

Grob skizziert: die geplante Anlage mit den GWG-Wohnungen.
Grob skizziert: die geplante Anlage mit den GWG-Wohnungen. © H2R Architekten, Roedig.schop

Wie wird die Entwicklung in der Nachbarschaft aufgenommen? Oft bestehen ja Sorgen, dass Neubaugebiete bestehende Nachbarschaften stören.
Das Verhältnis zum Bezirksausschuss (BA) und der Nachbarschaft ist gut. Wir wollten von Anfang an ein Viertel bauen, das hierher passt. Zur Zeit suchen wir mit dem BA nach einem Namen für das Viertel. Wir finden, dass ein Viertel für 15.000 Menschen einen eigenen Namen verdient, mit dem sich die Menschen dort identifizieren können. Der BA sammelt Vorschläge von Münchnerinnen und Münchnern. Da sind wir sehr gespannt, was dabei herauskommt.

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