Neu-Gastronomen in München: Aufgemacht um zuzusperren
München - Der Stress ist ihm ins Gesicht geschrieben, auch mit Maske deutlich erkennbar. Gerade steht Hans Jörg Bachmeier wieder am Herd, um die nächste Bestellung fertigzumachen, doch es gibt noch so viel Weiteres zu tun. Es warten die finalen Arbeiten an der Website auf ihn, der nicht fertige Online-Shop oder auch der kleine Feinkost-Laden in seinem Lokal, der derzeit mit weiteren Produkten aufgestockt wird.
Zweiter Corona-Lockdown: Verzweiflung bei Gastronomen groß
Der 54-Jährige setzt sich kurz an die Bar, trinkt einen Espresso und sagt: "Ja, es ist nicht einfach. Man musste damit rechnen, doch man wollte es nicht glauben." Dass es tatsächlich einen zweiten Lockdown gibt, dass die Wirte in ihren Betrieben wieder keine Gäste bewirten dürfen und zusperren mussten.
Für Hans Jörg Bachmeier bedeutet das: Schließen nur rund zwei Wochen nach der Eröffnung. In der Westenriederstraße hat er viel Geld in die Hand genommen und im Oktober sein neues Lokal namens Bachmeier eröffnet. Es lief gut an, auch mit der Corona-bedingt verringerten Sitzplatz-Zahl.
Mit Engagement und Kreativität durch die Krise
"Und nun? Nun mache ich täglich fünf, sechs Gerichte zum Mitnehmen", so der Spitzenkoch, der jetzt alle Energie in seinen Shop mit Feinkost und Wein legt, an dessen Website noch gebastelt wird: "Wir dachten ja nicht, dass alles auf einmal so schnell gehen muss."

Mit Engagement und kreativen Ideen versucht auch das neue Wirte-Duo Chris Schroth und Daniel Wäcker sein Unternehmen über die schwierige Zeit zu retten. Die beiden Freunde eröffneten im August ihre italienische Tagesbar Junge Römer in der Pestalozzistraße - sehr erfolgreich. Das 35-Plätze-Lokal mit Pasta, Pinsa und Co. war täglich gut besucht. "Der Lockdown stellt einen natürlich vor große Herausforderungen", sagt Chris Schroth (31) und fügt hinzu: "Doch wir packen das und hoffen, dass uns unsere Gäste treu bleiben."

Viele Restaurants bieten To-go-Gerichte und einen Lieferdienst
Derweil bieten sie To-go-Gerichte an, planen einen Lieferdienst und tüfteln an einem besonderen Service: Ab Montag soll es "Junge-Römer-Stofftaschen" geben, gefüllt mit hausgemachten Nudeln, Saucen und dazu passendem Wein für das Candlelight-Dinner daheim.
"Wenn der Lockdown bei meinem ersten Betrieb gekommen wäre, wäre ich wahrscheinlich in Ohnmacht gefallen", so der erfolgreiche Gastronom Rudi Kull, der unter anderem Chef von Brenner, Grapes Weinbar und Bar Centrale ist.
Gerade aufgemacht - direkt wieder geschlossen
Vor erst einer Woche hat er in der Feilitzschstraße das Restaurant Brenner Kitchen aufgesperrt - und wegen des neuerlichen Lockdowns gleich wieder schließen müssen. Die kreative Trennkostküche vom Grill fand von Anfang an viele Fans, und so hofft Kull: "Ich habe die Zuversicht, dass es auch weitergeht."

Bis es soweit ist, gibt es jetzt die Möglichkeit, sich die Speisen per Take away vor Ort zu holen oder auch liefern zu lassen. Dafür hat Rudi Kull extra einen kleinen E-Transporter angeschafft.
Essensauslieferung per E-Bike
Für zwei Auslieferungs-E-Bikes hat aufgrund der derzeitigen Situation Stefan Stiftl sogleich gesorgt. Der frühere Wirt vom Gasthaus Zum Stiftl im Tal hat erst am 23. Oktober sein neues Unternehmen eröffnet: ein Lokal des Franchise-Systems My Indigo, das Gemüse- und Salatbowls oder auch diverse Currys anbietet.

Auch wenn sein Lokal von vornherein auf To-go-Betrieb angelegt ist: das 60-Plätze-Lokal bleibt natürlich leer. Jetzt darf Stefan Stiftl unter Berücksichtigung aller Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen höchstens sieben Personen gleichzeitig hereinlassen, damit sich diese eine Mitnehm-Box zusammenstellen lassen können.

"Wir hatten ja nur eine Woche Zeit, deshalb müssen wir noch bekannter werden", so Stiftl, der schon fleißig Flyer und Gutscheine in den umliegenden Büros verteilt hat: "Keine Frage, eine sehr herausfordernde Zeit."
Corona-Krise: "Aufgeben ist keine Option"
Dieser muss man sich auch in einem der ältesten Bürgerhäuser der Stadt stellen: im ersten Stock des (Corona-bedingt auf immer zugesperrten) Restaurants Hofer in der Dienerstraße. Hier kochte seit 1. Oktober Sternekoch Tohru Nakamura im sogenannten Salon Rouge, der sich jetzt im Dornröschenschlaf befindet. In Planung ist nun, ein To-go-Konzept im historischen Innenhof auf die Beine zu stellen.

Keine Frage, die Zeiten sind bitter. Wie sagte doch Chris Schroth so treffend? "Aber Aufgeben ist natürlich sowieso keine Option!"