Neapels Müll für München
MÜNCHEN, NEAPEL - Faulige Tomaten, zerbrochene Weinflaschen, aufgerissene Plastiktüten – auf Neapels Straßen türmten sich im Januar über 110 000 Tonnen Müll. Bis heute ist es den Behörden nicht gelungen, die Lage in den Griff zu bekommen. Jetzt soll München helfen.
Seit Anfang des Jahres verhandelt ein italienischer Sonderkommissar mit der Landeshauptstadt um die Abnahme eines Teils des Mülls. „Um die akute Notlage zu entspannen, könnten im Kraftwerk München Nord 7500 Tonnen Müll aus Italien verbrannt werden“, sagt Arnulf Grundler, Sprecher des Münchner Abfallwirtschaftsbetriebs (AWM).
Ein Klacks in Anbetracht der 680 000 Tonnen Müll, die jährlich in München abgefackelt werden. 100 Euro pro Tonne soll der AWM am Italo- Müll verdienen. „Wenn wir pro Woche 1200 Tonnen des italienischen Mülls verbrennen würden, wären wir in sechs Wochen fertig“, sagt der Experte.
"Mülltourismus" eine absolute Ausnahme
Nur wann es so weit ist, ist noch unklar. Eigentlich sollte der Müll schon im April auf dem Schienenweg angeliefert werden, doch noch hat Italien nicht die nötigen Anträge gestellt. „Aber ich gehe davon aus, dass das in den nächsten Tagen der Fall sein wird“, sagt Helmut Schmidt, zweiter Werkleiter des AWM. Es folgen drei bis vier Wochen Bearbeitungszeit, so dass Neapels Müll dann Anfang Mai in München verbrannt werden könnte.
Aus Umweltschutzgründen spräche nichts gegen eine solche Handhabe, so Grundler. „Unsere Anlagen sind von der Abgasreinigungsleistung her die besten Europas. Zusätzlich können wir den Müll noch zur Strom- und Fernwärme- Erzeugung nutzen.“ Trotzdem sei derartiger „Mülltourismus“ die absolute Ausnahme: „Wir haben normalerweise ausschließlich feste Vertragspartner aus den umliegenden Landkreisen, die bei uns ihren Müll verbrennen“, erklärt der Experte. Schließlich mache es ja keinen Sinn, wenn sich Umlandgemeinden eigene Verbrennungsanlagen bauten – und in München seien die Bunker leer.
Um die stinkenden Müllberge aber dauerhaft einzudämmen, reichen die Münchner Verbrennungsanlagen nicht aus: Auch Hamburg und Bremerhaven sollen die italienischen „Netturbini“, Müllmänner, die auf 170 000 Tonnen zwischengelagertem Abfall sitzen, unterstützen. Und zwar am besten presto!
Daniela Transiskus
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