Nazis dürfen in München marschieren

Das Verwaltungsgericht urteilt: Rechtsradikale können in München „Heldengedenkmärsche” veranstalten. Verbote würden gegen die Versammlungsfreiheit verstoßen.
von  John Schneider
Gespenstisch: Neonazis tragen bei einem „Heldengedenkmarsch“ Stahlhelme durch die Straße und schwenken die bayerische Flagge.
Gespenstisch: Neonazis tragen bei einem „Heldengedenkmarsch“ Stahlhelme durch die Straße und schwenken die bayerische Flagge. © imago

München - Rund 100 Neonazis, tausende Gegendemonstranten, stundenlange Lähmung der Innenstadt – an solche „Heldengedenkmärsche” – und den Protest der Münchner dagegen – muss sich die Stadt wohl gewöhnen. Neonazi Philipp Hasselbach (23) hatte jetzt mit einer Klage gegen ein Verbot der Veranstaltung Erfolg.

Es war in den vergangenen Jahren zum Ritual geworden: Hasselbach will mit seinen Gesinnungsgenossen von den „Freien Nationalisten” im November einen „Heldengedenkmarsch” abhalten. Die Stadt München verbietet das, kriegt vom Verwaltungsgericht Recht und muss aber nach Entscheidung der nächsthöheren Instanz, dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH), den Marsch der Rechten unter Auflagen doch zulassen.

Auch beim Verfahren am Mittwoch ließ die Stadt durchblicken, dass sie sich weiter die „Prüfung des Einzelfalls” und ein Verbot vorbehalten wolle. Zu einer Genehmigungspraxis im Sinne der VGH-Entscheidungen „ohne Wenn und Aber”, wie sie das Gericht verlangte, ließen sich die Vertreter der Stadt jedenfalls nicht überreden.

Die Wiederholungsgefahr war also klar und das Verwaltungsgericht musste entscheiden, um die Rechtssicherheit herzustellen. Die Richter kündigten an, sich der VGH-Meinung anzuschließen und der „Fortsetzungsfeststellungsklage” Hasselbachs stattzugeben. Die Gerichte sehen in den Verboten eine schwere Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Die Stadt darf vergleichbare Aufmärsche künftig nicht mehr verbieten.

Ein juristischer Sieg, den der gebürtige Essener Philipp Hasselbach vielleicht gar nicht genießen kann: Der Funktionär der rechtsextremen Szene in München sitzt derzeit wegen eines Körperverletzungsdeliktes in Stadelheim. Das Amtsgericht München hatte ihn im November 2010 wegen gefährlicher Körperverletzung zu 20 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt (AZ berichtete). Er soll bei einer Auseinandersetzung mit seiner Ex-Freundin und deren Bekannten gewalttätig geworden sein. 

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