Nahverkehr-Streik in München: Die Tram bleibt stehen
München - Die Nürnberger mussten am Dienstag bereits mit massiven Streiks im öffentlichen Nahverkehr zurecht kommen, am Mittwoch trifft es die Münchner: Die Gewerkschaft Verdi hat zu Streiks aufgerufen. Die AZ erklärt, wie gestreikt wird, was die Angestellten fordern und wie die MVG darauf reagiert.
Wann und wie wird gestreikt?
Ab 4 Uhr bis in den späten Morgen wird am Mittwoch der Betrieb der MVG bestreikt. Zunächst sollen aber nur die Trambahnen ruhen. Franz Schütz, Sprecher bei Verdi, sagte dazu: „In dieser ersten Streikwelle wurde das Fahrpersonal der Busse und U-Bahnen noch nicht zum Streik aufgerufen.“ Nach seiner Aussage sollen die Fahrgäste nicht die Leidtragenden sein. „Sicher ist: Die Fahrgäste werden von A nach B kommen, aber es wird Einschränkungen geben.“
Die MVG wird mit diesen Fahrern morgen früh zumindest im Zeitraum der morgendlichen Hauptverkehrszeit die drei Linien 17 (Schwanseestraße – Hauptbahnhof – Amalienburgstraße),
18 ( Gondrellplatz – Hauptbahn-hof – St. Emmeram) und 19 (Pasing – Hauptbahnhof – Berg am Laim) bedienen können. Der Streik auf den restlichen Tramlinien soll laut MVG bis etwa 10 Uhr dauern.
Die Fahrkartenkontrolleure sollen den ganzen Mittwoch streiken. Allerdings betont die MVG, dass es trotzdem Kontrollen geben wird – durch andere MVG-Mitarbeiter und private Kontrolleure. Es soll diese Woche noch einen StreikWie bereitet sich die MVG vor?
Der öffentliche Nahverkehr wird nicht lahm legen, verspricht die MVG: „Ein erheblicher Teil der Fahrerinnen und Fahrer wird in jedem Fall im Einsatz sein und unsere Kunden befördern.“ Trotzdem: „Bei einem Teilausfall wird es aber natürlich Engpässe geben.“
Wie liefen die Streiks am Dienstag in Mittelfranken?
Besonders groß war das Chaos in Nürnberg. Hier traten die Angestellten im Nahverkehr am Dienstag ab 4 Uhr morgens in einen 24 Stunden dauernden Streik. U-Bahnen, Trams, Busse – nichts fuhr mehr. Zwar hatte die Nürnberger Verkehrsgesellschaft VAG private Busunternehmer als Ersatz angeheuert, doch die 50 Ersatzbusse konnten das Angebot von 205 Linienbussen bei weitem nicht ersetzen.
Und dann steckten die Ersatzbusse auch noch fest: Weil viele Nürnberger und Pendler wegen des Streiks mit dem Auto fuhren, gab es vor allem auf den Einfallstraßen lange Staus. In denen standen dann auch die Ersatzbusse. Auch in Erlangen und Fürth war der Nahverkehr wegen des Streiks massiv behindert.
Was fordern die Streikenden?
Die Gewerkschaft Verdi will, dass die Angestellten im Nahverkehr mehr Geld bekommen. Vor allem Berufseinsteiger würden schlecht verdienen, in München etwa 1900 Euro monatlich plus Zulagen. Das sei zu wenig, um sich diese teure Stadt leisten zu können. Außerdem sei der Stress, dem die Mitarbeiter ausgesetzt sind, riesig.
Für die etwa 6500 Beschäftigen fordert Verdi deshalb vier Prozent Lohnerhöhung plus 120 Euro mehr für die unteren Lohngruppen bei einer Laufzeit von einem Jahr.
Was sagt die MVG dazu?
„Worüber hier verhandelt wird, ist in Wahrheit das Geld unserer Fahrgäste“, sagt MVG-Chef Herbert König. Man habe in den Verhandlungen das Angebot gemacht, die Tarife wie im Öffentlichen Dienst zu erhöhen. Dadurch würden die Tickets ohnehin teurer. „Warum aber eine Krankenschwester auf dem Weg mit dem Bus zur Arbeit noch mehr bezahlen soll, damit die Nahverkehrslöhne stärker steigen können als ihr eigenes Gehalt im öffentlichen Dienst, sollten die Streikenden mal erklären!“ Und: „Mehr kann und wird es mit Sicherheit nicht geben, ob mit oder ohne Streiks.“
Was sagen die Kritiker?
Die Gewerkschafter sagen, sie würden den Streik nicht zu Lasten der Fahrgäste austragen. Andreas Nagel von der Aktion Münchner Fahrgäste sieht das anders. Zum Ausstand in Franken sagt er: „Ein Warnstreik mit einer Dauer von 24 Stunden ist völlig maßlos und überzogen.“ Ein einstündiger Streik sei bereits ein starkes Signal.
Außerdem fordert er, dass Streiks 72 Stunden vorher angekündigt werden sollen. Verdi hatte dieses Mal 24 Stunden vorher gewarnt – und dabei nur gesagt, dass es Streiks gibt, aber nicht, wie diese aussehen werden. Die Gewerkschaft kontert: „Wenn wir die Streiks so lange vorher ankündigen, dass sich die Verkehrsgesellschaften darauf einstellen können, werden die Streiks wirkungslos.“
Schadet der Streik der MVG?
Andreas Nagel von der Aktion Münchner Fahrgäste zweifelt daran. Alle Besitzer von Zeitkarten würden ja trotzdem zahlen, außerdem spare sich die MVG Personalkosten. „Vielleicht ist der Streik sogar gut für die Kasse der Arbeitgeber“, sagt er. Die MVG wollte sich zu dieser Aussage auf Anfrage der AZ nicht äußern.