Nachbarn klagen gegen Kita

Ortsbesichtigung in Unterhaching:  Anwohner fürchten den Lärm und gehen gegen eine geplante Krippe vor – wohl ohne Erfolg
John Schneider |
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Ortsbesichtigung in Unterhaching: Anwohner fürchten den Lärm und gehen gegen eine geplante Krippe vor – wohl ohne Erfolg

UNTERHACHING Es dauerte nur Momente, da war der Kas scho bissn. Richterin Dürig-Friedl begann die Ortsbesichtigung des Verwaltungsgerichts an der Unterhachinger Fasanenstraße mit der Einschätzung, dass die Nachbarschaftsklage gegen eine geplante Kinderkrippe wohl keine Chance haben werde. Einfach weil Kinderlärm nach einer Änderung des Bundesimmissionschutzgesetzes keinen Grund zur Klage mehr abgeben kann.

Der Fall: In der Fasanenstraße will die Betreiberin des Kinderhauses Froschkönig eine neue Krippe aufmachen. Dafür hat sich Gabriele Pilgrim eine Baugenehmigung besorgt. Das Haus ist fast fertig: „Die Plätze sind schon fast alle weg. 36 Kinder sollen hier betreut werden. Wir wollen im Herbst eröffnen.”
Doch dagegen wehren sich zwei Nachbarn, deren Grundstücke an die Krippe angrenzen, vehement. Sie fürchten Lärm und Wertminderung ihrer Grundstücke und klagten auf Aufhebung der Baugenehmigung.

Bei der Ortsbesichtigung betonen sie gleich mehrmals: „Wir haben nichts gegen Kinder.” Nur halt, bitteschön, nicht in unmittelbarer Nachbarschaft. „Wie sollen wir unseren Garten noch nutzen?”, kam die Frage. Und kaufen würde das Haus auch niemand mehr, so ihre Angst.
Doch die Richterin blieb hart. Der bayerische Gesetzgeber habe sogar noch etwas zur Toleranz von Kinderlärm draufgepackt, erklärte Dürig-Friedl. Da heiße es: „Die natürlichen Lebensäußerungen von Kindern, die Ausdruck natürlichen Spielens oder anderer kindlicher Verhaltensweisen sind, sind als sozialadäquat hinzunehmen.” Das klingt, als ob auch direkte Nachbarn eine Krippe nicht nur tolerieren müssen – nein: Sie sollten sich Freude. Denn: „Kinder sind unsere Zukunft.”

Auf dieser Schiene war nichts zu machen, also wurden andere Einwände vorgebracht. 36 Kinder erzeugen Lärm von bis zu 87 Dezibel, rechnete ein Nachbar vor. Was er nicht sagte: Um einen solchen Lärmpegel zu erreichen, müsste er sich wohl an seine Grundstücksgrenze stellen, alle 36 Kinder müssten sich direkt vor ihm versammeln und dann gleichzeitig losbrüllen.
Ein Fall, der eher selten eintreten wird. Und zudem seit Januar 2012 völlig irrelevant geworden ist. Damals wurde das Bundesimmissionschutzgesetz geändert. Im Paragraphen 22 heißt es seitdem: „Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und Einrichtungen wie Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Emissionsgrenz- und Richtwerte nicht herangezogen werden.”

Wieder nichts. Als die Kläger in ihrer Verzweiflung dann von nicht behindertengerechten Treppen in der Krippe anfingen, riss der Richterin der Geduldsfaden: „Das geht Sie nichts an, solange ihre Nachbarrechte nicht gestört werden!”

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