Nachbar-Streit eskaliert: 32-Jähriger erstickt
Mathias K. gerät in Dünzelbach mit zwei Brüdern in Streit und stirbt. In der AZ spricht der mutmaßliche Täter
DÜNZELBACH - Der große Mann bewegt sich nicht mehr, er liegt bloß noch da. Wie einer der Steine, die er vorher geworfen hat. Auf ihm liegen und knien keuchend die zwei Brüder und pressen ihn auf den Asphalt. Dass er Ruhe gibt. Mathias K. (32) gibt Ruhe. Und irgendwann rührt er sich gar nicht mehr. Die Polizei versucht, ihn wiederzubeleben. Der Notarzt auch. Zu spät. Mathias K. ist tot. Gestorben bei einem Streit unter Nachbarn.
Am Samstag gegen 1 Uhr flackert Blaulicht in Dünzelbach bei Moorenweis (Kreis Fürstenfeldbruck): Polizei, Notarzt, Rettungswagen stehen vor dem großen Bauernhaus, Feuerwehrmänner leuchten den Tatort an der Einfahrt aus. Einer von ihnen wird derweil von der Polizei befragt: Peter S., der örtliche Kommandant. Die Kripo will vom 46-Jährigen und seinem Bruder Johannes (42) wissen, was sie um Himmels Willen mit Mathias K. gemacht haben. Ein Beamter spricht dabei von Totschlag, sagt Peter S. später der AZ. „Da hab’ ich echt gedacht, mein Leben ist im Eimer. Dabei wollte ich nur meinem Bruder helfen.“
Laut Polizei beginnt der tödliche Streit am Freitag um 23.30 Uhr. Mathias K. wirft Steine auf das Haus seines Nachbars Peter S. „Er ist komplett ausgerastet“, sagt der. „Mein Bruder Johannes ist runter, um ihn zur Rede zu stellen – da hat er ihn aus dem Hinterhalt überfallen. Mein Bruder schrie um Hilfe, da bin ich auch runtergelaufen.“ Die Männer raufen. „Das war keine Prügelei, das war ein Ringen!“, sagt Peter S. Er und sein Bruder seien kaum gegen den 1,90 Meter großen Mann angekommen. „Solche Kräfte – das gibt’s gar nicht“, sagt Peter S. Schließlich hätten sie ihn „niedergerungen und festgehalten“. Die Polizei sieht es nach den ersten Vernehmungen von Beteiligten und Zeugen ähnlich: Nach der Rangelei hätten sich die Brüder auf Mathias K. gelegt und ihn zu Boden gedrückt, sagt ein Sprecher. Tritte und Schläge, die Zeugen gesehen haben wollen, gab es wohl nicht. Der Sprecher: „Sie haben ihn nicht totgeprügelt.“ Die Obduktion der Leiche in der Rechtsmedizin in München am Samstag bekräftigt diese Theorie: Mathias K. starb wahrscheinlich an Ersticken. Von Totschlag ist jetzt nicht mehr die Rede – eher von Körperverletzung mit Todesfolge. Die Staatsanwaltschaft München II verzichtet auf einen Haftantrag und lässt Peter und Johannes S. am Samstag wieder frei.
Warum es überhaupt zum Streit kam, weiß niemand. Aber es war nicht das erste Mal, sagt Peter S. „Es hat schon öfter Streit mit ihm gegeben. Er hatte Anfälle, hat uns und Nachbarn wüst beschimpft.“ Die Mutter von Mathias K. sagt auch, dass ihr Sohn in Dünzelbach Probleme hatte. Der Moorenweiser wohnte erst seit etwa zwei Jahren im Hof seiner verstorbenen Großmutter. „Dort wollte er sich ein Haus aufbauen“, sagt die Mutter. „Er hat ganz viele Arbeiten selbst gemacht. Er wollte sich mit seiner Freundin eine Familie aufbauen.“ In letzter Zeit trug MathiasK. einen Vollbart und längere Haare – und hatte viel Ärger mit den Nachbarn, so die Mutter: Die „nannten ihn Taugenichts und Penner, ohne zu wissen, was für ein liebenswerter und hilfsbereiter Mensch er war.“
Tatsächlich war Mathias K. arbeitslos – aus Krankheitsgründen. Der ehemalige Chemikant in der Zahnmedizin vergiftete sich mit 30 bei der Arbeit mit Zahnfüllungen, sagt die Mutter. „Er musste aufhören, bekam Entschädigung und eine kleine Rente. Durch die Vergiftung war er krank, hatte ab und zu Schweißausbrüche.“ Die Eltern sind völlig verzweifelt: „Was wir schon geweint haben, kann sich keiner vorstellen“, sagt der Vater, wieder unter Tränen. „Ich verstehe nicht, wie man jemanden umbringen kann und dann gleich wieder frei ist“, sagt die Mutter.
Ob es Totschlag war oder Körperverletzung, ist den Eltern egal: „Mein Sohn ist tot“, sagt die Mutter. „Mein Kind bringen sie mir nicht mehr zurück. Für mich gibt es keinen Sonnenschein mehr.“ Auch er sei noch immer schockiert, sagt Peter S. „Dass es jetzt nur noch um Körperverletzung geht, hat mich zwar erleichtert“, sagt er. „Dass ein Mensch gestorben ist, damit muss ich jetzt aber selber fertig werden.“
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