Nach Zeckenstich: Ingenieur verklagt die Stadt
Ein Mann wird im Dienst von einer Zecke gebissen, sein Fuß schwillt an, die Ärzte diagnostizieren Borreliose. Klarer Fall von Dienstunfall. Denkste! Im Fall von Wilhelm T. (Name geändert) kam alles anders.
München - Der 59-Jährige arbeitet als Vermessungsingenieur für die Stadt München und wurde bei seiner Arbeit am 6. Juni 2011 von einer Zecke gestochen. Das bemerkte er am Folgetag. Wenig später schwoll sein Fuß an. Ein Ödem hatte sich gebildet. „Ich hatte zwei Tage Fieber”, berichtet er.
Die Ärzte diagnostizieren zunächst Borreliose, geben ihm Antibiotika. Ein Dienstunfall, sagt Wilhelm T. seinem Dienstherrn. Doch die Stadt winkt ab. Ihr Argument: Die Antikörper im Blut des Ingenieurs ließen auf eine Vorerkrankung schließen, der Zusammenhang von Zeckenstich und Fußentzündung sei nicht bewiesen. Wilhelm T. klagt vor dem Verwaltungsgericht. Es geht um 8624 Euro für Arzt- und Medizinkosten.
Das Gericht befragt einen Experten. Der Münchner Rheumatologe Peter Herzer stützt die Haltung der Stadt. Zwar habe sich Wilhelm T. tatsächlich mit Borreliose-Bakterien infiziert. Aber das sei wohl länger her als 2011. Tatsächlich hat Wilhelm T. bereits 2002, 2008 und 2009 Zeckenstiche erlitten und gemeldet.
Da die Laboruntersuchung zwei Monate nach dem jüngsten Zeckenstich stattfand, hätten frische IGM-Antikörper im Blut nachgewiesen werden müssen. Nur dann hätte eine akute Borreliose-Erkrankung vorgelegen. Diese fehlten aber. Es kam noch schlimmer für den Kläger.
Herzer erklärt, dass sich das schmerzhafte Ödem laut orthopädischem Befund im Mittelfuß und nicht am Sprunggelenk gebildet habe. Das spräche gegen eine Borreliose, aber für eine mögliche Überbelastung als Ursache.
Das Gericht schlägt vor, dass die Stadt dennoch einen kleinen Betrag übernimmt, doch damit will sich T. nicht zufrieden geben. „Mir geht’s darum festzustellen, dass es ein Dienstunfall war”, erklärt er. „Da spricht nicht viel dafür”, entgegnet die Richterin. Die Kammer weist die Klage ab.
Borreliose: Gefährlich, aber schwer zu erkennen
Borreliose wird durch Bakterien ausgelöst. Die Erkrankung kommt beim Menschen und bei allen anderen Säugetieren vor und wird vor allem durch Zecken übertragen. Aber nicht jeder Zeckenstich bedeutet gleich eine Borreliose-Erkrankung. Das ist nur bei ein bis zwei Prozent der Stiche der Fall, erklärt der Borreliose-Experte Peter Herzer.
Wegen der unspezifischen Symptome, die auch auf andere Krankheiten zutreffen, ist Borreliose schwer zu diagnostizieren. Da im letzten Stadium aber schwere Folgen drohen, ist eine möglichst frühe Diagnose sehr wichtig.
Die Krankheit äußert sich anfangs unter anderem durch Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- oder Gelenkschmerzen, Schwächegefühl, Entzündung der Bindehaut oder Lymphknotenschwellung. Charakteristisch bei einer Borreliose ist die Wanderröte, Fachbegriff: „Erythema migrans“. Diese ringförmige Rötung kann einige Tage bis Wochen nach einem Zeckenstich rund um die Einstichstelle beobachtet werden. Es gibt aber auch Fälle von Borreliose, in denen die Wanderröte ausbleibt.
Borreliose kann dann durch Antibiotika gestoppt werden. Ansonsten drohen chronische Infektionen in Form einer Entzündung der Gelenke, Schwellungen vor allem der Kniegelenke, Verfärbungen der Haut, aber auch Nervenerkrankungen bis hin zu Lähmungen – vor allem im Gesicht.
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