Nach Washington: Wie sicher ist Münchens U-Bahn?
MÜNCHEN - Ein Zug prallt in der US-Hauptstadt ungebremst auf eine wartende Bahn, neun Menschen sterben. Kann so etwas auch in München passieren? Die AZ erklärt, wie das Sicherheitssystem der MVG bei Staus, Unfällen und Bombendrohungen funktioniert.
Horror-Crash bei der U-Bahn in Washington: In einem oberirdischen Abschnitt der „roten Linie“ fuhr am Montag um 17 Uhr Ortszeit (23 Uhr unserer Zeit) ein Zug ungebremst auf einen stehenden Zug auf. Dabei wurden die Wagen aufgerissen. Die Ursache für den Zusammenprall ist noch völlig unklar. Die schreckliche Bilanz: sieben Tote, über 70 Verletzte, zwei Menschen schweben noch in Lebensgefahr. Kann das in München auch passieren? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur U-Bahn:
Von wem oder was werden die Münchner U-Bahnen geleitet?
Sie werden automatisch von Computersystemen gesteuert. Die Zugsicherungstechnik sorgt dafür, dass sich niemals zwei oder mehr Fahrzeuge gleichzeitig in einem Abschnitt befinden. Die Computer stellen Weichen, Fahrstraßen und Signale und überwachen den Betrieb. Das tun auch Mitarbeiter im MVG-Betriebszentrum über Gleisbilder und Videos. Sie stehen auch im Funkkontakt zu den U-Bahnfahrern. Gesteuert werden die Züge auch vom Computer. Die Fahrer müssen die Bahnen lediglich per Knopfdruck starten und den Fahrgastwechsel in den Bahnhöfen kontrollieren. Den Rest macht der Computer.
Was passiert, wenn das System ausfällt?
Das ist unwahrscheinlich, da die Steuerung dezentral aufgebaut ist. Allerdings kann es für einzelne Strecken oder einen Zug zum Ausfall kommen. Dann muss der Fahrer den Zug steuern. Wird ein rotes Signal überfahren, kommt es zur Zwangsbremsung. Fallen auch noch die Signale aus, wird die Fahrt von der Zentrale aus mündlich gesteuert. Der Fahrer muss dann „auf Sicht“ mit höchstens 25 Stundenkilometern unterwegs sein.
Wie wird verhindert, dass die U-Bahnen am Stauende kollidieren wie in Washington?
Ein Stau wird von der Technik verhindert. Sie stellt Mindestabstände sicher.
Und wenn eine U-Bahn liegenbleibt?
Der Streckenabschnitt wird als „belegt“ gemeldet. Andere Züge können nicht weiterfahren. Ausnahme: wenn eine U-Bahn benötigt wird, um den defekten Zug wegzuschieben.
Wie oft werden die Waggons gewartet?
Alle fünf Wochen wird ein U-Bahnwagen einer Sicht- und Funktionskontrolle unterzogen. Dazu kommt nach einem halben Jahr eine Revision mit einem Prüfprogramm. Nach 500000 Kilometern – das ist etwa alle viereinhalb Jahre – wird jeder Zug auf Herz und Nieren überprüft und eventuell repariert.
Wie viele alte U-Bahnen gibt es noch?
Manche Bahnen sind schon mehr als 30 Jahre auf den Schienen: Zurzeit fahren 358 A-Wagen aus den Jahren 1970 bis 1984 im Münchner U-Bahn-Netz, 114 B-Wagen (1988 bis 1995) und 18 C-Züge aus den Jahren 2001 bis 2005.
Und was ist mit der Wartung der Gleise?
Bei regelmäßigen Streckengängen werden die Schienen auf Schäden kontrolliert. Etwa alle drei Jahre prüft ein spezieller Messzug die Gleise.
Wie sieht der Plan für den Notfall aus, etwa für einen Bombenanschlag?
Es existiert ein Notfall- und Krisenmanagement. Darin werden verschiedene Horror-Szenarien abgedeckt. Und es werden diverse Notfall-Situationen regelmäßig geprobt. Die Feuerwehr macht Brandschutzübungen im U-Bahnbereich. Dabei wird auch die Evakuierung der Tunnel geübt.
Barbara Brießmann