Nach vier Jahren: Mutter und Kind wieder vereint

Fast vier Jahre lang sind Ayan und Amira getrennt. Am Flughafen sehen sie sich wieder. Und können beide ihr Glück kaum fassen.
Julia Lenders |
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Vier Jahre konnte Ayan ihre Amira nicht sehen. Dass die Kleine nun wirklich zu ihr nach München kommen darf, kann die junge Mutter kaum fassen.
Gregor Feindt 3 Vier Jahre konnte Ayan ihre Amira nicht sehen. Dass die Kleine nun wirklich zu ihr nach München kommen darf, kann die junge Mutter kaum fassen.
Das Warten scheint endlos. Amiras Flug hat Verspätung.
Gregor Feindt 3 Das Warten scheint endlos. Amiras Flug hat Verspätung.
Vier Jahre konnte Ayan ihre kleine Amira nicht sehen. Am Flughafen weint sie vor Glück.
Gregor Feindt 3 Vier Jahre konnte Ayan ihre kleine Amira nicht sehen. Am Flughafen weint sie vor Glück.

Der Flieger hat Verspätung. Ayan ( alle Namen geändert) steht am Münchner Flughafen und wartet. Wie sie es schon so lange getan hat. Fast vier Jahre lang hat sie ihre kleine Tochter nicht mehr in die Arme schließen können. Jetzt, wo sich das gleich ändern soll, scheint sich jede Minute in eine Ewigkeit zu verwandeln.

Ayan musste ihr Kind damals zurücklassen. Damals, als sie aus Somalia flüchtete (AZ berichtete). Mit 14 hatte ihr Onkel sie gewaltsam zur Hochzeit gezwungen. Die Ehe hielt nicht lang. Ayan weinte viel, aß wenig. Sie litt. Schon bald löste ihr Mann die Verbindung mit der Jugendlichen wieder auf, die sich nicht in ihr Los fügen wollte. Zu diesem Zeitpunkt war Ayan schon schwanger.

Das Baby war gerade auf die Welt gekommen, da fing der Onkel wieder an, die blutjunge Mutter zu terrorisieren. Er hatte bereits einen zweiten Mann für sie ausgesucht. Einen, der so alt war wie ihr verstorbener Vater. Einen, der sich besser gegen sie durchsetzen sollte als ihr erster Ehemann. Da traf Ayan die schwerste Entscheidung ihres jungen Lebens. Sie beschloss zu gehen. Die kleine Amira vertraute sie ihrer eigenen Mutter an. Die Flucht, eine albtraumhafte Odyssee, wäre viel zu gefährlich für sie gewesen.

Jetzt, nach Jahren, soll Ayan ihr Kind also wiedersehen. Inzwischen hat sie in München ein neues Leben begonnen. Lernt fleißig Deutsch. Geht zur Schule. Hier möchte sie leben. Mit Amira. „Hier ist alles Freiheit“, sagt die heute 19-Jährige. Der Kontakt zu ihrer Tochter ist nicht abgerissen. Per Internettelefon haben sie oft miteinander gesprochen – mit Hilfe von Kameras konnten sie sich dabei auch sehen.

Ayan steht vor der großen Anzeigetafel am Flughafen. Sie umklammert eine Puppe. Die will sie der inzwischen viereinhalb Jahre alten Amira gleich schenken. Die Puppe singt und spricht auf Deutsch – das soll der Kleinen den Einstieg in die fremde Sprache erleichtern.

Und plötzlich ist sie da. Rosa Jacke. Schwarze Augen. Ein großes Lächeln im Gesicht. Amira. „Mama!“ ruft sie. Als Ayan ihr Kind sieht, gibt es kein Halten mehr. Sie stürmt auf ihre Tochter zu, umarmt sie – und geht vor ihr in die Knie. „Steh auf, nicht weinen“, sagt das kleine Mädchen zu ihr. „Die Leute sehen dich.“ Doch Ayan ist das egal. Sie lässt den Tränen freien Lauf. Sie weint vor Glück.

„Ich bin sehr, sehr glücklich“, sagt sie. Und auch Amira fühlt sich wohl. Sie hat noch nie Schnee gesehen. In ihrer alten Heimat gibt es bloß Eis zum Kühlen von Getränken. „Sie denkt, das ist das Gleiche“, erzählt ihre Mama und lacht.

Der geglückten Familienzusammenführung war ein langes Prozedere vorangegangen. Viel Papierkram, ein DNA-Test, viel Warten. Dass es nun geklappt hat, Mutter und Tochter wieder zu vereinen, das ist auch den AZ-Lesern und der Aktion „Münchner helfen“ zu verdanken. Der Flüchtlingsrat hatte damit begonnen, Geld für Amiras Flug zu sammeln. Doch der Großteil dafür fehlte noch. Die AZ-Leser springen nun mit ihren Spenden ein.

„Ganz, ganz herzlichen Dank“, sagt Ayan und strahlt übers ganze Gesicht. Und auch Amira bedankt sich. Die Mutter streichelt ihr stolz über den Kopf: „Danke ist das erste deutsche Wort, das sie von mir gelernt hat.“

 

 

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