Nach tödlichen Polizei-Schüssen in München: Warum haben Streifenbeamte keinen Taser?
München - Nach den tödlichen Schüssen von Polizisten auf eine Frau in einem Münchner Supermarkt erteilt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der Forderung nach einer Ausrüstung von Streifenbeamten mit Tasern eine Absage. "Die Ausrüstung des normalen Wach- und Streifendienstes der Bayerischen Polizei mit Tasern ist jedenfalls nicht geplant", sagte er über die Distanz-Elektroimpulswaffen.
"Der Taser ist kein "Allheilmittel""
"Der Taser ist kein "Allheilmittel" für gefährliche Einsätze, vor allem wenn Täter mit Schusswaffen oder Messern ein sofortiges Handeln der Polizei erfordern", betonte der Minister. "In hochbrenzligen und lebensgefährlichen Situationen könnte der Taser keine Wirkung haben, beispielsweise wenn die Elektroden die Kleidung des Angreifers nicht durchdringen können. Dazu kommt, dass der Täter das Messer beim Tasereinsatz durch die muskuläre Verkrampfung nicht zwingend fallen lässt."
230 Taser bei der bayerischen Polizei
Neben den Spezialeinsatzkommandos sind nach Angaben Herrmanns bei der bayerischen Polizei aktuell alle Unterstützungskommandos mit Tasern ausgestattet. Insgesamt verfügt die Polizei in Bayern über rund 230 Taser. Sie kamen 2023 in 100 Einsatzlagen zum Einsatz, in 73 dieser Fälle durch Androhungen.
Die Polizeigewerkschaft Bayern erneuert nach dem tödlichen Schusswaffengebrauch in Sendling ihre Forderung nach einem Taser für jede Streifenwagenbesatzung. Die Distanz-Elektro-Impuls-Geräte hätten sich in einem Pilotversuch bewährt als "guter Lückenschluss zwischen Pfefferspray und Dienstwaffe".
Schutz bei psychischen Ausnahmesituationen
Jürgen Köhnlein, Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft: "Es ist an der Zeit, dass Taser nicht nur für SEK-, USK- und geschlossene Einheiten zur Verfügung stehen, sondern in jedem Streifenwagen im Freistaat." Gerade bei Personen, die sich in psychischen Ausnahmesituationen befinden, könne der Taser sowohl zum Schutz der Beamten, als auch der körperlichen Unversehrtheit des Aggressors, dienen.

Polizeigewerkschafter Köhnlein räumt aber ein: "Bei einem Messerangreifer ist die kritische Distanz zwischen Angreifer und Streifenbeamten bei sieben Metern. Bei diesem Abstand hat ein Polizist gerade noch die Zeit, nach hinten auszuweichen und seine Schusswaffe zu ziehen. Um einen Taser effektiv einsetzen zu können, ist ein Abstand von fünf bis zehn Metern notwendig."
Bei dem Einsatz am Montagabend hatten Polizisten eine 31 Jahre alte Frau erschossen, die zuvor wegen Aggressivität aufgefallen war und dann im Supermarkt ein Messer gezogen haben soll. Die Polizei ermittelte weiter im Umfeld der Getöteten, auch um herauszufinden, welchen Hintergrund die vorherige Auseinandersetzung hatte, aufgrund derer eine Passantin der Frau zum Supermarkt folgte und die Polizei alarmierte.
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