Nach Streit mit Stadt München: Stolperstein-Aktivist wird von Stadt geehrt

München - Die Atmosphäre zwischen dem Rathaus und Terry Swartzberg, sie war nicht immer gut. Swartzberg hat sich in München über viele Jahre einen Namen gemacht als unermüdlicher Kämpfer für die sogenannten Stolpersteine, Messingplatten, die im Gehweg eingelassen vor den ehemaligen Wohnhäusern an Opfer der Nazis erinnerten. Doch in München stellte sich unter anderem die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) gegen diese Gedenkform, Passanten würden unachtsam auf den Opfern herumtrampeln. Schließlich entschied sich der Stadtrat dazu, mit den Erinnerungstafeln auf Augenhöhe angebracht, einen eigenen Münchner Kompromissweg zu gehen.
Die Stadt wollte die Erinnerungs-Debatte befrieden. Doch da spielte Swartzberg nicht mit
So hoffte man, die Debatte zu befrieden - und zu beenden. Den Gefallen aber tat der Amerikaner Swartzberg ihnen nicht, er fand nie verständlich, warum die Stolpersteine in München nicht wie in vielen anderen deutschen und internationalen Städten an die Nazi-Opfer erinnern sollten. Swartzberg also machte weiter - zum Unmut vieler im Rathaus.
Umso bemerkenswerter, dass er nun im März die hohe Auszeichnung "München leuchtet" aus den Händen von Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) bekommen soll. Sein langes, großes Engagement für das Gedenken, das weit über das Stolperstein-Projekt hinaus geht und die Erinnerung in vielen Münchner Nachbarschaften wachgehalten hat, wird hoch geschätzt.
In der AZ spricht Stolperstein-Aktivist Terry Swartzberg über die Ehrung
Eine "riesige, freudige Überraschung", nennt der 71-Jährige im Gespräch mit der AZ die bevorstehende Ehrung. Sie sei "Anerkennung und Motivation, weiterzumachen", sagte Swartzberg, der seit fast 50 Jahren in München lebt und seit vielen Jahren öffentlich stets Kippa trägt. Auch und gerade in diesen Zeiten sei seine Arbeit wichtig, sagt er. "Zu gedenken heißt auch handeln gegen den Rechtsruck."
Und das Gedenken, es bleibt seine Lebensaufgabe. Swartzberg und seine Mitstreiter verlegen weiter Stolpersteine in München - auf Privatgrund, etwa direkt unter Erkern auf Gehwegen. Von 345 auf 450 soll die Anzahl in München insgesamt alleine in diesem Jahr steigen, meldet er stolz.
Bürgermeisterin Verena Dietl sagte der AZ, sie freue sich sehr, Swartzberg auszeichnen zu dürfen. "Er steht für ein offenes jüdisches Leben und setzt sich seit Jahrzehnten für Zivilcourage und Verständigung ein."
Ein rauschendes Fest übrigens dürfte der Tag der Auszeichnung auch werden. Er werde alle seine Freunde einladen, kündigte Swartzberg am Donnerstag an. "Das ist die erste Auszeichnung meines Lebens! Ich brezel mich auf und dann feiern wir das Leben!"