Nach sechs Jahren Flucht: Ex-Guru Shanti in Portugal festgenommen

Einigen Opfern kann niemand mehr helfen. Sie sind in die Heroin-Sucht abgerutscht, ein junger Mann hat sich umgebracht. Die Wunden, die Kinderschänder Oliver Shanti in ihrem Leben hinterlassen hat, waren zu tief. Jetzt haben Zielfahnder den 59-Jährigen in Portugal festgenommen und die übrigen Opfer atmen auf.
von  Abendzeitung
Oliver Shanti auf einem Polizeifoto
Oliver Shanti auf einem Polizeifoto © Polizei Bayern

MÜNCHEN - Einigen Opfern kann niemand mehr helfen. Sie sind in die Heroin-Sucht abgerutscht, ein junger Mann hat sich umgebracht. Die Wunden, die Kinderschänder Oliver Shanti in ihrem Leben hinterlassen hat, waren zu tief. Jetzt haben Zielfahnder den 59-Jährigen in Portugal festgenommen und die übrigen Opfer atmen auf.

„Es ist gut, dass er endlich geschnappt wurde. Hoffentlich bekommt er jetzt seine gerechte Strafe“, sagt der 26-jährige Tobias (Name geändert) aus Viechtach. Tobias war acht, als sich der selbst ernannte Esoterik-Guru zum ersten Mal an ihm verging. Shanti, der eigentlich Oliver Schulz heißt, lebte damals mit seiner Kommune in der Münchner Herzog-Wilhelm-Straße. Über das, was er dort erlebte, hat Tobias nie gesprochen.

Erst für die BR-Reportage „Ein Kinderschänder wird gesucht“ des Journalisten Klaus Wiendl brach er sein Schweigen. „Ich hatte da ein eigenes Zimmer, mit einer Matratze am Boden“, erinnert sich der junge Mann. In der zweiten Nacht habe sich der 150-Kilo-Koloss zu ihm gelegt und ihn missbraucht. „Ich wusste nicht, was los ist, ich war noch im Halbschlaf.“ Nach einer Woche sei Shanti mit ihm in eine Zoohandlung gegangen. „Da habe ich mir einen Hamster ausgesucht, mit Käfig. Das habe ich als Schweigegeld bekommen.“

Die Polizei bestätigt die „brutalen Misshandlungen“ in der Altstadt-Wohnung des gebürtigen Hamburgers. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen besonders schwerem sexuellen Missbrauch. „Der Vorwurf lautet auf mehrere hundert Fälle“, so Oberstaatsanwalt Anton Winkler. 110 sollen es in Deutschland sein und weltweit etwa 1000.

Auch Tobias weiß von anderen Opfern. „Mir sind mehrere Fälle bekannt“, berichtete er Klaus Wiendl. „Ich habe auch mit einem Kumpel geredet, mit 21 Jahren, zufälligerweise. Ich war sehr schockiert, dass ihm dies jahrelang passiert ist. Er wurde von Oliver Shanti missbraucht.“ Viele Opfer des gebürtigen Hamburgers waren Kinder seiner Anhänger, andere sprach er in der Fußgängerzone an und lockte sie mit Geschenken in sein Schlafzimmer. Tobias rutschte wenige Jahre nach den Übergriffen in den Drogensumpf ab. Sein Kumpel, heute Familienvater, reagiert äußerst aggressiv, wenn Männer seinen Kindern zu nahe kommen.

Als Oliver Shanti, mittlerweile erfolgreicher Chef der Sattva-Musik-Produktionsfirma in Fischbachau, 2002 zur Fahndung ausgeschrieben wurde, tauchte er unter. Vermutlich suchte er Zuflucht auf seiner Finca im portugiesischen Vila Nova de Cerveira, die er seit 1986 besaß. Hier galt „Oliver Serano-Alve“ als Wohltäter. Er stiftete eine Hirschstatue (vom Münchner Flohmarkt) für die Gemeinde, Autos für die Feuerwehr und schenkte dem Dorfpolizisten angeblich ein Haus.

Am Wochenende wurde Shanti, einer der meistgesuchten Verbrecher Deutschlands, in Lissabon verhaftet.

nk

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.