Nach Preisschock: Stadtsparkasse München richtet Telefon-Hotline ein

München - Am Mittwoch selbstbewusst ein vermeintlich-problemloses Konzept für die Zukunft präsentieren lassen – und es nur einen Tag später selbst kippen: Dieser Vorgang ist wohl nur so zu erklären, dass Dieter Reiter hoffte, Stadtsparkassen-Chef Ralf Fleischer könne in einer kleinen Presserunde am Mittwoch das Ruder noch herumreißen, die Öffentlichkeit von den Vorzügen der neuen Kontomodelle überzeugen – oder aber davon, dass sie für die einzelnen Kunden kaum Nachteile hätten.
Eine Hintertür ließ sich Verwaltungsratschef Dieter Reiter nach dem Kritik-Sturm aber wohl bewusst offen. Um, wenn die Sache schief gehen sollte, am Ende nicht mit der ganzen Sache verbunden zu werden. Wie sonst soll es im Nachhinein zu verstehen sein, dass er sich dieser Tage nicht öffentlich äußern wollte und darauf verwies, das erst nach Fleischers Pressegespräch zu tun? Um dann ganz anderes zu verkünden.
Boss Ralf Fleischer konnte Kritik an der Stadtsparkasse nicht nachvollziehen
Fleischer auf jeden Fall gab sich am Mittwoch noch sehr aufgeräumt, konzentriert, beinahe gut gelaunt. Da schien sich einer seiner Sache sehr sicher zu sein – und die Kritik an den Modellen echt absurd zu finden.
Nein, nein, widersprach er den Fragestellern immer wieder, man könne nicht davon sprechen, dass eine Breze zu kaufen nun 35 Cent teurer werde – schließlich würden solche Sondergebühren fürs Karte zahlen in der Praxis gar keine Kunden treffen, da alle letztlich passgenaue Kontomodelle bekämen, bei denen ausreichend Bezahlvorgänge inklusive seien.
Nach Gespräch mit OB Reiter: Stadtsparkasse verzichtet auf Gebühren
Am Tag nach seiner Presserunde saß Ralf Fleischer am Donnerstag nicht mehr in seiner Sparkassen-Zentrale – sondern ein paar Meter weiter im Rathaus beim Oberbürgermeister. Und erklärte hinterher in einer gemeinsamen Mitteilung, dass eben solche Brezen-Zahlungen, die er am Vortag noch für keinerlei Problem gehalten hatte, nun doch lieber gleich abgeschafft werden sollen.
"Um hohe Kosten bei der Kartenbezahlung von Kleinbeträgen zu vermeiden, sind Zahlungen mit der Sparkassen-Card (Debitkarte) unter 10 Euro kostenlos", heißt es in der gemeinsamen Erklärung wörtlich.
Geld abheben bleibt bei der Stadtsparkasse kostenlos
Auch Bargeldabheben an Stadtsparkasse-Automaten wird nun doch nicht begrenzt, sondern ist kostenlos, egal, wie oft man in einem Monat schon abgehoben hat, egal, welches Kontomodell man hat. Es profitieren nun besonders jene, die sich für die günstigeren Kontomodelle entscheiden – bei denen nun deutlich mehr im Preis inbegriffen ist.
Und: Offensichtlich hat es auch einen Proteststurm älterer Stadtsparkassen-Kunden gegeben. In Fleischers und Reiters Mitteilung heißt es: "Um gerade ältere Menschen besser zu stellen als bisher, die die Abhebung von Bargeld am Schalter bevorzugen, wird die kostenlose Abhebung von zwei auf vier Mal im Monat erhöht."
Stadtsparkasse richtet Hotline für Kundenfragen ein
Knapp zwei Wochen nach dem Preisschock und der Kehrtwende reagiert die Stadtsparkasse nun auch auf vermehrte Fragen von Kunden zur neuen Preisgestaltung: Seit Montag (31. Juli) gibt es genau dafür eine neue Telefon-Hotline. Unter der Nummer 089/2167-21670 stehen Sparkassen-Berater von Montag bis Freitag, 8 bis 18 Uhr für Fragen zur Verfügung.
"München-Modell": Neue Konto-Arten bei der Stadtsparkasse
Die beiden betonten – wie Fleischer am Mittwoch erstmals öffentlich ins Spiel gebracht hatte – auch noch einmal, dass es für Geringverdiener sogar eine Verbesserung gibt, weil man künftig bis 1750 Euro steuerliches Einkommen das günstige "München-Modell"-Konto nutzen kann (bisher bis 1500 Euro).
Die Stadtsparkasse hatte wie mehrmals berichtet Anfang der Woche überraschend mitgeteilt, dass es künftig neue Kontomodelle gibt – sie will durch mehr verschiedene Varianten passgenaue Angebote machen. Das teuerste Konto, bei dem praktisch alles Bezahlen, Abheben, Einzahlen inklusive ist, soll (für Bestandskunden ab Oktober) 11,95 Euro kosten. Bisher gab es ein ähnliches Angebot für 8,45 Euro. An die neuen Preise und die Grundstruktur gingen Reiter und Fleischer nun zwar nicht ran – aber nahmen doch mehrere zentrale Kritikpunkte auf.
Vor der Kritik stimmten alle Parteien den neuen Sparkassen-Gebühren noch zu
In Rathaus-Kreisen hat die öffentliche Kritik an der Reform aus Teilen der CSU in diesen Tagen Kopfschütteln ausgelöst. Schließlich habe die doch im Verwaltungsrat zugestimmt. Umso mehr dürfte das nun für die Kehrtwende des SPD-Oberbürgermeisters gelten. Denn als eben eine solche nehmen viele die Korrektur wahr. In Verwaltungsrats-Kreisen hatte als ausgeschlossen gegolten, dass es zu schnellen Veränderungen kommt.
Seit Tagen schon laufen Gespräche von Bankberatern zu den neuen Modellen, etliche Kunden haben sich bereits unter den bisher verkündeten Bedingungen für eines entschieden, Fleischer hatte noch am Mittwoch gesagt, die Resonanz sei total erfreulich. Nach AZ-Informationen hatte der Verwaltungsrat zuvor nach monatelanger Vorbereitung einstimmig für die Reform gestimmt. Politiker von Grünen, CSU und SPD sind in dem Gremium vertreten. Und auch der Oberbürgermeister selbst – der dem Vernehmen nach ebenfalls zustimmte.