Nach Diesel-Urteil: Darüber streitet jetzt Rathaus in München

Ausweitung der Fahrverbote: Wie soll die Stadt das Diesel-Urteil umsetzen? Darüber sind sich Grüne und SPD uneinig.
von  Christina Hertel
Es werden bald neue Schilder gebraucht: Der VGH hat die Stadt verdonnert, die Umweltzone auszuweiten.
Es werden bald neue Schilder gebraucht: Der VGH hat die Stadt verdonnert, die Umweltzone auszuweiten. © Sven Hoppe/dpa

München - Das Urteil ist eindeutig: Die Stadt muss mehr tun, um die Luft sauberer zu bekommen. Welche Maßnahmen wird das Rathaus treffen? Das festzulegen, ist Aufgabe des Stadtrats. Doch die grün-rote Rathauskoalition ist sich gar nicht einig, wie sie jetzt vorgehen soll. Während Oberbürgermeister Dieter Reiter und seine SPD Dieselfahrer vor Fahrverboten bewahren will, legen die Grünen mehr Wert auf Gesundheitsschutz.

Eigentlich hatte der ursprüngliche Stufenplan der Stadt vorgesehen, dass im Herbst 2023 Diesel mit der Abgasnorm 5 nicht mehr auf den Mittleren Ring und in die Innenstadt fahren dürfen. Davon war die Stadt abgekehrt. Schon am Dienstag bei einem Termin im Presseclub hatte Dieter Reiter angekündigt, dass er weiterhin kein so weitgehendes Verbot will. Bei dieser Haltung bleibt er: "Nachdem die Grenzwerte allerdings nur noch an zwei Messstellen überschritten werden, halte ich einen Ausschluss aller Diesel 5 Fahrzeuge aus der gesamten Umweltzone nicht für verhältnismäßig." Ähnlich äußert sich die SPD-Chefin Anne Hübner. An den bestehenden Ausnahmen für Anwohner, Lieferverkehr und Schichtdienstarbeitende will sie nicht rütteln.

Eine spannende Debatte steht bevor 

Um dennoch dem Urteil nachzukommen, fordert Reiter ein streckenbezogenes Fahrverbot für Euro-5-Diesel auf dem Abschnitt der Landshuter Allee, wo die Grenzwerte überschritten werden. Auch an der Moosacher Straße hält die Stadt die Grenzwerte nicht ein. Für den Bereich habe das Gericht kein zwingendes Dieselfahrverbot vorgegeben, sagt Reiter. Der Stadtrat soll im April entscheiden.

Diese Debatte könnte spannend werden. Denn die Grünen ziehen andere Schlüsse aus dem Urteil: Der folgerichtige, nun notwendige Schritt sei in Stufe 2 des beschlossenen Luftreinhalteplans einzutreten, sagt der Zweite Bürgermeister Dominik Krause von den Grünen. Das heißt: Er will, dass keine Euro-5-Diesel mehr auf und innerhalb des Mittleren Rings fahren - außer sie gehören Anwohnern oder zum Lieferverkehr. Für sie sollte auch ursprünglich das Fahrverbot erst in der nächsten Stufe greifen.

"Streckenbezogenes Fahrverbot nicht der richtige Weg"

Krause sagt außerdem: "Ein streckenbezogenes Fahrverbot halte ich nicht für den richtigen Weg - es würde zu Ausweichverkehr in die Wohnviertel führen und eine Flut an neuen Schildern und Bürokratie auslösen." Grünen-Stadtrat Florian Roth rechnet damit, dass es monatelang dauern würde, bis die Stadt ein streckenbezogenes Fahrverbot umsetzen könne. Gleichzeitig hat das Gericht darauf gedrängt, schnell zu handeln. Außerdem könne ein streckenbezogenes Verbot dazu führen, dass Anwohner schlechter gestellt werden. Denn die Ausnahmen seien an ein zonales Verbot gekoppelt.

Grünen-Stadtrat Florian Roth findet: Der OB müsste jetzt gut argumentieren, was für ein streckenbezogenes Verbot spricht. "Wir werden jetzt in die Diskussion eintreten", sagt Roth. Ob die Koalition am Ende an dieser Frage zerbricht? Roth erinnert daran, dass Grüne und SPD auch bei anderen Fragen (etwa dem BMW-Tunnel) unterschiedlich abstimmten - ohne Folgen für die Koalition.

Mehrheiten für seinen Vorschlag zu finden, wird für OB Reiter aber wohl leichter. Auch CSU-Chef Manuel Pretzl erinnert daran, dass das Gericht kein zonales Fahrverbot für Euro 5/V-Fahrzeuge anordnete.

"Vielmehr hat es ausdrücklich bestätigt, dass der Stadtrat einen Beurteilungsspielraum hat", sagt er. Die bisherigen Ausnahmen müssen weiter gelten, fordert Pretzl. Der CSUler fordert zudem, dass die Stadt prüfen müsse, ob die Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Urteil möglich ist. Auch FDP-Chef Jörg Hoffmann will das Fahrverbot auf kleine Zonen - etwa auf den Mittleren Ring West beschränken.

Die ÖDP hingegen beantragt, dass das Rathaus die Auto-Branche nicht länger schützen soll. Reiter soll darauf drängen, dass die Konzerne verpflichtet werden, Feinstaub- und Schadstofffilter in Dieselautos nachzurüsten.

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