Nach dem Tod seines Ehemannes: Witwer fliegt aus Wohnung

Die bayerische Bestattungsverordnung ist immer noch nicht an das Lebenspartnerschaftsgesetz angeglichen worden. Ein Mann hat das jetzt schmerzlich zu spüren bekommen. Das Opfer erzählt.
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MÜNCHEN - Die bayerische Bestattungsverordnung ist immer noch nicht an das Lebenspartnerschaftsgesetz angeglichen worden. Ein Mann hat das jetzt schmerzlich zu spüren bekommen. Das Opfer erzählt.

Was Martin Bertold (49, Name geändert) nach dem Tod seines Mannes erleben musste, ist wirklich niemandem zu wünschen. Er fühlt sich als Opfer einer ganzen Reihe von Diskriminierungen. Und: Sein Fall zeigt ein krasses Versäumnis der Staatsregierung bei der bayerischen Bestattungsverordnung.

Aber von vorne: Am 21. August starb der Mann, mit dem er 27 Jahre zusammengewesen war, an Lungenkrebs. Nur wenige Stunden später stand Bertold auf der Straße. Weil die Polizei ihm nicht erlaubte, in der Wohnung des Verstorbenen zu bleiben. „Ich habe ihnen gesagt, dass ich der Ehemann bin. Und dass sie mich doch nicht einfach hier rausschmeißen können“, schildert Bertold. Aber die Polizisten beharrten darauf, die Wohnung des Toten in München-Solln versiegeln zu müssen.

Das Problem: Bertold und sein eingetragener Lebenspartner lebten in unterschiedlichen Städten. In München war der Mitarbeiter eines Lebensmittel- Großhändlers nicht gemeldet. Er arbeitet in Hannover. „Wenn jemand vor Ort nicht nachweisen kann, dass er der Lebenspartner ist, hat er schlechte Karten“, heißt es bei der zuständigen Polizeiinspektion in Forstenried. „Es ist die vornehmste Pflicht der Polizei, den Nachlass zu sichern. Deswegen wird so eine Wohnung versiegelt.“ Dass Martin Bertold ein Teil der Möbel in der Wohnung gehört? Egal. Dass er nicht wusste, wohin? Egal. Er durfte noch packen und musste dann gehen.

Doch der richtige Ärger sollte erst noch beginnen. Bertold beauftragte den städtischen Bestattungsdienst schriftlich mit der Einäscherung seines Mannes – so war es der Wunsch des Verstorbenen. Die Urne soll in einem Familiengrab in Niedersachsen beigesetzt werden. Doch dann kam ein Anruf: Er sei nicht befugt, die Kremierung in Auftrag zu geben, teilte ein Mitarbeiter des Bestattungsdienstes mit. Und tatsächlich: Nach § 17 der bayerischen Bestattungsverordnung darf eine Einäscherung zwar von Angehörigen in die Wege geleitet werden – nicht aber von Lebenspartnern. „Das ist ein Versäumnis der Staatsregierung. Einfach eine Schlamperei“, bestätigt der Münchner Anwalt Klaus Woryna. „Mit Gleichbehandlung hat das nichts mehr zu tun.“

Seit 2001 gibt es die Homo-Ehe. Doch der Landesgesetzgeber hat es in all den Jahren nicht geschafft, das Bestattungsgesetz anzupassen. Ein Bruder des Toten musste alles, was Bertold eigentlich schon in Auftrag gegeben hatte, noch einmal bestätigen. „Das Problem ist uns bekannt“, heißt es beim zuständigen Gesundheitsministerium. „Eine Änderung ist notwendig und wir sind auch schon dran.“ Reichlich spät.

Julia Lenders

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