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Nach CSD-Absage für die CSU: So reagieren SPD und Grüne

"Toleranz ist keine Einbahnstraße": Die CSU-Stadtratsfraktion in München darf erneut nicht mit einem Wagen mitfahren – und schießt scharf gegen die Veranstalter des CSD.
von  Felix Müller
Gute Laune am CSU-CSD-Stand. Doch aktuell gibt es wenig Grund zum Feiern.
Gute Laune am CSU-CSD-Stand. Doch aktuell gibt es wenig Grund zum Feiern. © Archiv CSU-Stadtratsfraktion

München - Kristina Frank stand einst oben auf dem CSU-Wagen. 2019 war das, damals fuhren die Christsozialen auf der Parade zum Christopher Street Day (CSD) mit - auf einem Wagen der LSU, der Interessensvertretung der Lesben und Schwulen in CSU und CSU. Ein starkes Symbol dafür, wie liberal und weltoffen die Münchner CSU sei – fand man in der Münchner CSU. Lang, lang ist es her. Denn der CSD mag die CSU, genauer: die Stadtratsfraktion, nicht mit einem eigenen Wagen mitfahren lassen.  Und verweigert ihr in diesem Jahr erneut die Teilnahme, wie die AZ erfuhr.

Der CSD bestätigt die Absage auf AZ-Nachfrage. "Wir haben entschieden, dass die Anmeldung der CSU-Stadtratsfraktion für die Politparade 2024 leider abgelehnt werden muss", teilt der CSD mit. Und begründet das so: "Grundlegende Voraussetzung für alle Teilnehmenden" sei, "dass sie sich für gleiche Rechte und gesellschaftliche Akzeptanz von allen queeren Menschen engagieren". Der "polemisierende Absatz zu Identitätspolitik und Wokeness im CSU-Grundsatzprogramm", die Ablehnung des Selbstbestimmungsgesetzes des Bundes im aktuellen Koalitionsvertrag mit den Freien Wählern, des Genderverbot von Markus Söder für alle staatlichen Behörden und "zuletzt auch der Antrag von CSU-Stadtrat Alexander Reissl, der das Gendern innerhalb der Stadtverwaltung verbieten möchte", zeigten, dass "sowohl die CSU als Partei, aber auch die CSU-Stadtratsfraktion, diese wichtigen Voraussetzungen nach wie vor nicht erfüllen".

Kein Wagen auf dem CSD in München – CSU ist entsetzt: "Ist doch der Kern von Demokratie"

In der CSU-Stadtratsfraktion ist man fassungslos. "Wer Vielfalt zelebriert und dabei andere demokratische Gruppen ausschließt, macht sich unglaubwürdig", sagte CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl der AZ. "Meine Fraktion unterstützt regelmäßig die Interessen der LGBTIQ-Community – mit eigenem Positionspapier, mit Veranstaltungen und bei etlichen Stadtratsbeschlüssen zu queeren Themen. Natürlich gibt es zu manchen Fragen unterschiedliche Sichtweisen, aber das ist doch der Kern von Dialog und Demokratie."

Nach "vielen Gesprächen in den letzten Jahren" habe er "leider den Eindruck, dass einige CSD-Vertreter gar keinen respektvollen Dialog führen wollen". Wumms! Als denkbar gilt nun sogar, dass die CSU ihren Stand am CSD absagt, den sie in den vergangenen Jahren quasi als Kompromiss beim Straßenfest betreiben durfte.

Einer, der in Partei und Fraktion schon länger versucht hat, mit dem Thema Schwulen- und Lesbenpolitik zu punkten, ist Hans Theiss. Er hat vergangenes Jahr auch Markus Söder zu einer Veranstaltung in die Deutsche Eiche gelotst – und ist nun ebenfalls sehr, sehr schlecht auf den CSD zu sprechen. "Die CSD-Veranstalter bilden nicht die Vielfalt der LGBTIQ-Community ab, die ja auch viele konservative Menschen beinhaltet", sagte Theiss am Pfingstmontag der AZ. "Etwas mehr Lässigkeit im Sinne des Leben und Leben lassen täte den Organisatoren gut. Denn: Toleranz ist keine Einbahnstraße!"

Gerade beim Kampf gegen den Rechtsextremismus, der heuer das offizielle Hauptthema des CSD ist, stellt die CSU eine unverzichtbare demokratische Säule dar – so sieht das Hans Theiss. "Wer hier nicht alle demokratischen Parteien einbindet, hat den Ernst der Lage nicht erkannt!"

So reagieren Grüne und SPD auf CSU-Ausschluss beim CSD

Wie reagieren Grüne und Rote im Rathaus auf den Vorgang? Sehr unterschiedlich! Die SPD-Chefin erklärt auf X ihre Solidarität mit der CSU und verteidigt das auch gegen Kritik. "Ich halte es für einen Fehler, dass die CSU erneut keinen Wagen auf dem CSD bekommt", schreib Anne Hübner.

"Aufgabe jetzt wäre, gesellschaftliche Gemeinsamkeiten zu suchen und nicht, die Brandmauer zwischen woke und nicht-woke zu ziehen." Später ergänzte sie: "Ich persönlich fände es richtig, die Kräfte in der CDU/CSU zu stärken, die u.a. dafür (mit-)verantwortlich sind, dass es heute die gleichgeschlechtliche Ehe gibt. Gesellschaftlicher Fortschritt, der bleiben soll, steht besser auf mehr Schultern als auf weniger." 

Und die Grünen? Eine Sprecherin erklärte auf Nachfrage der AZ lediglich, es handele sich um eine Entscheidung des CSDs.

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