Nach Bürgerbegehren in München: So läuft die Umsetzung des Radentscheids

Das Bürgerbegehren zu sicheren Radwegen in München sollte bis 2025 umgesetzt sein. Davon ist die Stadt weit entfernt. Unglücklich sind die Aktivisten aber vor allem mit Oberbürgermeister Dieter Reiter.
von  Christina Hertel
Engagiert für den Radentscheid: Katharina Horn, Andreas Schuster (SPD), Andreas Schön vom ADFC und Stadtärtin Gudrun Lux (Grüne, v. li.).
Engagiert für den Radentscheid: Katharina Horn, Andreas Schuster (SPD), Andreas Schön vom ADFC und Stadtärtin Gudrun Lux (Grüne, v. li.). © Daniel Loeper

München - Vor vier Jahren haben 160.000 Münchner beim Bürgerbegehren Radentscheid dafür unterschrieben, dass die Stadt sicherere Radwege schaffen soll. Der Stadtrat übernahm damals die Forderungen.

Nicht nur Grüne und SPD, sondern auch die CSU verpflichtete sich damals dafür, in 57 Straßen auf beiden Seiten neue, breitere oder besser markierte Radwege zu schaffen – und zwar bis zum Jahr 2025.

Radentscheid: Viele Pläne existieren nach wie vor nur auf dem Papier

Inzwischen müsste also der größte Teil dieser Radwege fertig oder im Bau sein. Aber bis jetzt können sich Radler bloß über einen Teil des Altstadtradrings an der Blumenstraße und am Thomas-Wimmer-Ring freuen. An der Von-der-Tann-Straße und an der Stadelheimer Straße war zumindest schon Baubeginn. Ansonsten existieren die Pläne bisher nur auf dem Papier.

Wie frustriert sind die Initiatoren also? Katharina Horn, die Sprecherin des Radentscheids, ist zumindest mit der Arbeit der Verwaltung zufrieden. Der Austausch sei konstruktiv, sagt sie.

"Wir sind auf einem guten Weg": Initiatoren des Bürgerbegehrens optimistisch

Tatsächlich plant das Rathaus an einigen neuen Radwegen. Zum Beispiel hat der Stadtrat acht Umbaumaßnahmen beschlossen, darunter sind die Elisenstraße, der Giesinger Berg und die Boschetsrieder Straße.

Acht weitere Pläne (etwa in der Lindwurmstraße und am Stiglmaierplatz) sind schon so konkret, dass sie der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Für 20 Radwege gibt es zumindest einen Auftrag des Stadtrats. Und an 25 weiteren Radwegen arbeiten die Planer bereits. Das hat das Bündnis Radentscheid so zusammengezählt. Auch die Radexpertin bei den Grünen, Gudrun Lux, die das Bürgerbegehren damals mit initiierte, findet deshalb: "Wir sind auf einem guten Weg."

OB Dieter Reiter spricht von "Luxusradwegen" – das gefällt den Aktivisten nicht

Doch es gibt auch ein Aber – und zwar ein großes. "Wir sind nicht zufrieden damit, dass der OB von Luxusradwegen spricht", sagt Katharina Horn. Auch, dass sie immer wieder in Zeitungen lesen muss, es beim Radweg-Ausbau um Ideologie gehe, passt ihr nicht: "Mit Ideologie hat das nicht zu tun, sondern mit Wissenschaft: Es gibt die Klimakatastrophe und es gibt mehr Radfahrende. Die brauchen Platz und für die muss es sicher sein."

Sie wünscht sich mehr Unterstützung von der Rathausspitze: Aber weder der Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) noch seine Stellvertreterin Katrin Habenschaden (Grüne) würde öffentlich sagen, dass es so wie bisher nicht weitergehen könne. "Ich wünsche mir mehr Mut."

Wie zufrieden ist der SPD-Radbeauftragte Andreas Schuster mit der Kommunikation des OB? "Er hat eine starke Meinung, das ist eben seine Art." Doch die Beschlüsse, die die SPD zu Radmaßnahmen traf, zeigen: "Wir bauen eine sichere Infrastruktur, wir ziehen an einem Strang."

Von Eintracht könne keine Rede sein, meint CSU-Chef Manuel Pretzl. Er beobachtet, dass die SPD zerrissen ist: Auf der einen Seite Oberbürgermeister Reiter, der sich als Autofreund bezeichnet. Auf der anderen Seite Andreas Schuster, der den Radentscheid mit initiierte.

Die CSU stimmte auch für den Radentscheid

Grundsätzlich findet es der CSUler Pretzl auch heute noch richtig, dass der Stadtrat entschied, die Forderungen des Radentscheids zu übernehmen. Allerdings: "Durch das ideologische Aufladen, durch das dogmatische Festhalten an jedem Zentimeter Radweg ist aus einer guten Idee zum Teil Absurdität geworden", findet Pretzl. Ein Beispiel sei der "Luxus"-Umbau der Elisenstraße. Für rund 14 Millionen Euro soll dort ein breiter Radweg gebaut werden. Bis jetzt ist er nur auf die Straße gemalt.

Pretzl will über die Elisenstraße in der Vollversammlung des Stadtrats erneut abstimmen lassen. Spannend ist aus seiner Sicht, wie sich SPD und Oberbürgermeister verhalten. Schuster bereitet dieser Tagesordnungspunkt keine Sorgen. Im Gegenteil. Er will dann noch einmal deutlich machen, auf welche Fördergelder die Stadt in der Elisenstraße hoffen kann.

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