Nach Bandscheiben-OP: Patient gelähmt

Ein Ehemaliger Schweißer litt an Rückenschmerzen und wurde operiert. Dabei wurde das Rückenmark verletzt. Ein Fehler der Ärzte? Der Gutachter sagt nein. Entscheidung des OLG am 9. Juli.
John Schneider |
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Sie klagen gegen die Ärzte: Heinz und Annemarie D. im Flur des Oberlandesgerichts.
jot Sie klagen gegen die Ärzte: Heinz und Annemarie D. im Flur des Oberlandesgerichts.

München – „Heute vor genau acht Jahren ist mein Mann ins Krankenhaus gegangen“, erinnert sich Annemarie D. (57). Ein Tag später wurde der ehemalige Schweißer an den Bandscheiben im Brustwirbelbereich operiert. Seitdem kann Heinz D. (65) nicht mehr laufen. Der Grund: Bei der Operation kam es zu einer sogenannten spinalen Ischämie (siehe Kasten) mit der Folge einer Querschnittslähmung.

Heinz D. reichte noch im Jahr der OP Klage gegen das Krankenhaus ein. Es geht um viel Geld. Der Streitwert beläuft sich auf 708 000 Euro. „Trotzdem haben die die Originalakten vernichtet.“ Annemarie D. schüttelt den Kopf. Für sie ist klar, dass die Ärzte schwere Fehler gemacht haben. Doch in der ersten Instanz scheiterte die Klage. Jetzt ist der Arzthaftungssenat des Oberlandesgerichts am Zug.

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Bandscheiben-Operationen gehören eigentlich zu den alleralltäglichsten Eingriffen in Deutschland. Etwa 150 000 Mal jedes Jahr unterziehen sich Patienten mit Rückenschmerzen einer solchen OP. In den allermeisten Fällen geht es gut, auch wenn manche Experten sagen, dass manche OP überflüssig ist. Eine Querschnittslähmung nach einer solchen Operation kommt in gerade mal 0,2 Prozent der Fälle vor, erklärt der Gerichtsgutachter aus Großhadern.

Heinz D. (65) war also nicht zu Unrecht guter Dinge, dass er durch eine solche Operation seine jahrelangen Rückenschmerzen endlich loswerden würde. Sein Orthopäde habe ihm auch dazu geraten und ihm die Deggendorfer Spezialisten als „Mercedes“ auf ihrem Gebiet empfohlen. Ein Arzt habe ihm noch Mut gemacht: „In zehn Tagen sind sie wieder Zuhause.“

Was genau schief lief, weiß auch der Experte nicht zu sagen. Anhand des OP-Berichts konnte der Chirurg lediglich feststellen, dass den Deggendorfer Ärzten „kein grober Behandlungsfehler“ unterlaufen ist. Zwar habe es einen großen Blutverlust während der OP gegeben (0,8 Liter), aber das sei noch am Rand der Norm und daher den Ärzten nicht als Fehler anzukreiden.

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Bleiben die Ungereimtheiten rund um den Aufklärungsbogen. Für das Gericht lautet die zentrale Frage: Ist Heinz D. auf die Risiken der Operation ausreichend hingewiesen worden. Der 65-Jährige selbst sagt, dass er seinerzeit mit dem Formular nichts anfangen konnte. Allerdings ziert den handschriftlich ergänzten Bogen seine Unterschrift. Demnach ist er nach Meinung des Gutachters auch auf das Risiko der Lähmung hingewiesen worden.

Damit steht es auch in der zweiten Instanz nicht gut für die Klage. Der Vorsitzende Richter des Senats, Thomas Steiner, will aber nichts überstürzen. Es gäbe noch „einige kitzlige Sachen“ zu überdenken. Auch der Rechtsanwältin soll noch Zeit gegeben werden auf die Aussagen des Gutachters zu reagieren.

Ein Verkündungstermin für eine Entscheidung wurde auf den 9. Juli terminiert. Für Heinz und Annemarie D. werden es sechs Wochen zwischen Hoffen und Bangen.

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