Nach 57 Jahren: Emotionaler Abschied vom Olympia-Eisstadion mit zwei Legenden und vielen Bildern

Bierduschen, ganz viele Emotionen und vor allem jede Menge Eishockey – die AZ blickt mit zwei Legenden auf die Geschichte des Olympia-Eisstadions in München zurück, die am Freitag (noch nicht ganz) zu Ende geht.
von  Martin Wimösterer
Voll besetztes Eisstadion: Die Fans des EHC Red Bull München sorgten in der Hauptrunde 2023/24 mit im Schnitt 5159 Zuschauern pro Heimspiel nochmal für einen Rekord zum Abschied.
Voll besetztes Eisstadion: Die Fans des EHC Red Bull München sorgten in der Hauptrunde 2023/24 mit im Schnitt 5159 Zuschauern pro Heimspiel nochmal für einen Rekord zum Abschied. © City-Press GmbH Bildagentur

München – Ein Stückerl Münchner Sportgeschichte geht dem Ende zu: Nach 57 Jahren in der Eishalle am Oberwiesenfeld wird der Eissport ab Herbst im Westen des Olympiaparks im neuen SAP Garden heimisch. Der EHC Red Bull München bestreitet am Freitag (19.30 Uhr) mit der DEL-Partie gegen die Augsburger Panther sein letztes Hauptrundenheimspiel in der Olympia-Eishalle. Wie viele Partien noch genau in den Playoffs extra oben draufkommen - ein Glücksspiel.

Anlässlich des bevorstehenden Abschiedes hat die AZ mit zwei Legenden des Münchner Eishockeys gesprochen.

Olympia-Eisstadion in München: Partys, Bierduschen und emotionale Ausbrüche

"Ich werde einen Blick in meine Agenda werfen, weil ich – so möglich – dringend noch mal vorbeischauen will", sagt der langjährige EHC-Coach Pat Cortina, gerade mit Traditionsklub SC Riessersee in den Oberliga-Playoffs tätig. "Oder vielleicht komme ich auch besser doch nicht – der Abschied würde mir sehr schwerfallen. In dieser Halle stecken so viele Emotionen."

Pat Cortina führte den EHC München aus der Zweitklassigkeit anno 2010 in die DEL. Insgesamt war er sechs Jahre Trainer des Eishockeyclubs.
Pat Cortina führte den EHC München aus der Zweitklassigkeit anno 2010 in die DEL. Insgesamt war er sechs Jahre Trainer des Eishockeyclubs. © IMAGO/Peter Kolb

Cortina erzählt von Feiern mit den Fans. Von einer Bierdusche seitens der Spieler. Und von dem einen Mal, auf das er schmunzelnd zurückblickt: "In den Pre-Playoffs gegen die Kölner Haie bin nach einer fragwürdigen Entscheidung aufs Eis gesprungen, um den Unparteiischen ganz höflich nach einer Erklärung zu bitten." Er lacht. "Daniel Piechaczek war der Schiedsrichter, er hat das gut gehandhabt und gesagt: Pat, bremse deine Emotionen."

Boxen, Tischtennis, Basketball – im Olympia-Eisstadion wurde nicht nur Eishockey gespielt

Die Eishalle, der Ort, an dem der "Dolomitenvulkan" glühte, sein Team zu großen Siegen trieb. Der Ort, an dem Stadionsprecher Stefan Schneider die Gefühle der Fans in Worte fasst (und manches Gastteam einen am Ende des Namens von Schneider zu viel gehört haben will). Der Ort, an dem Spieler wie Gerd Truntschka und Keith Aucoin mit dem Schläger überzeugten, Raubeine wie Steven Pinizzotto mit den Fäusten, Typen wie Markus Jocher mit Tanzeinlagen und Fan-Lieblinge wie Joey Vollmer und Konrad Abeltshauser mit dem Herzen. Und der Ort, an dem auch die Tischtennis-WM 1969, die Olympischen Boxkämpfe 1972 sowie in der Saison 2010/11 die Heimspiele der Bayern-Basketballer stattfanden.

Für die Tischtennis-WM 1969 in München wird die Eishalle umgestaltet. Auf der eigentlichen Eisfläche finden nun 16 Courts Platz.
Für die Tischtennis-WM 1969 in München wird die Eishalle umgestaltet. Auf der eigentlichen Eisfläche finden nun 16 Courts Platz. © imago/WEREK

Das machte und macht was mit dem Stadion. Cortina, dessen Team auch dank starker Heimbilanz den DEL-Aufstieg 2010 packte, sagt: "Ich erinnere mich an all die Umarmungen mit Christian Winkler (EHC-Manager; die Redaktion) – wir haben in der Eishalle Sachen erreicht, von denen wir nie dachten, dass wir sie erreichen können. Einfach ein spezieller Ort."

"Mit der Eishalle gehen ein Stück Geschichte und viele schöne Erinnerungen verloren"

Das findet auch Didi Hegen, großer Stürmer-Star des EC Hedos München in den letzten Bundesliga-Jahren (Beginn der 1990er). "Ich habe nur schöne Erinnerungen", sagt der Allgäuer, erinnert sich dann aber doch an eine schmerzhafte: einen Pucktreffer an den Kopf zwei Sekunden vor Ende des Endspiels gegen Düsseldorf. Doch vielmehr kommen bei ihm, angesprochen auf das altehrwürdige Eisstadion, Bilder vom Titel mit Hedos 1994 in den Kopf. Er meint darum: "Mit der Eishalle gehen ein Stück Geschichte und viele schöne Erinnerungen verloren."

Einer der Höhepunkte des Münchner Eishockeys: Hedos-Trainer Hardy Nilsson, Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), Gerd Truntschka und Dieter Hegen (v.l.) mit dem Meisterpokal 1994.
Einer der Höhepunkte des Münchner Eishockeys: Hedos-Trainer Hardy Nilsson, Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), Gerd Truntschka und Dieter Hegen (v.l.) mit dem Meisterpokal 1994. © imago sportfotodienst

Ja, es gab aber auch genug bittere Momente für die Münchner. 2001 zum Beispiel gewannen die Adler Mannheim um Bill "Kill Bill" Stewart am Oberwiesenfeld den Titel. Es war die Zeit der Munich Barons, die mit prominenten Gästen wie Boris Becker, den No Angels und Tabledance-Eismädchen Fans ins Stadion zu locken versuchten – nach drei Spielzeiten zog das Team nach Hamburg um.

1990 gastierte NHL-Team Edmonton Oilers am Oberwiesenfeld

In München nahm damals der EHC unterklassig Schwung auf, der nach dem FC Bayern, EHC 70, Hedos und dessen Nachfolge-Klub Maddogs sowie den Barons der sechste Münchner Erstligist ist. Übrigens: Wie schon Hedos hat auch der EHC nicht durchgängig in der Eishalle am Oberwiesenfeld gespielt – beide zogen für einige Eventspiele in die Olympiahalle um. Und einmal kam das Event in die Eishalle: NHL-Klub Edmonton Oilers besiegte Hedos am 15. September 1990 mit 8:4.

Der EHC hat sich in der DEL als Top-Team etabliert, verabschiedet sich nun aus der alten Heimat. Jetzt vergrößert er sich in den SAP Garden, der im Herbst mit einem Spiel gegen NHL-Klub Buffalo Sabres um das Münchner Eigengewächs John Peterka eingeweiht wird.

Hegen kennt so einen Umzug des Eishockeys bereits, aus Kaufbeuren. Voriges Wochenende war der Wahl-Düsseldorfer mal wieder in der Heimat. Das neue Stadion sei schon schön und "da ist eine gute Stimmung drin. Aber als ich dort vorbeiging, wo das alte Stadion war – da ist jetzt ein Spielplatz." Ein komisches Gefühl, sagt er, und fügt an: "Die Münchner haben den Vorteil, dass sie eine Mega-Halle kriegen. Darauf können sie sich freuen."

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