Nach 25 Jahren: Mister U-Bahn gibt die Kelle weiter

Nach fast einem Vierteljahrhundert an der Spitze der MVG geht Herbert König Ende des Monats in Rente. Der Nachfolger ist schon in Startposition.
von  Florian Zick
Der alte und der neue MVG-Chef: Herbert König übergibt die Kelle an Ingo Wortmann.
Der alte und der neue MVG-Chef: Herbert König übergibt die Kelle an Ingo Wortmann. © Petra Schramek

Künftig stellt er nur noch die Weichen seiner Modelleisenbahn: Nach rund 24 Jahren als MVG-Chef verlässt Herbert König Ende des Monats den Führerstand der Münchner Verkehrgesellschaft und geht in den verdienten Ruhestand.

Ein paar Pläne für die Zukunft hat der 64-Jährige schon: Dem Garten will er ein bisschen mehr Aufmerksamkeit widmen. Und auch der Ausbau seiner Märklin-Modelleisenbahn steht ganz oben auf der Liste.

In den vergangenen Jahren hat König freilich mit viel größeren Maßstäben gespielt: Unter seiner Leitung wurde 278 neue U-Bahnen angeschafft. Das U-Bahnnetz wurde um 37 Kilometer verlängert. Und auch bei Bus und Tram wurden die Verbindungen in seiner Zeit erheblich ausgebaut. Am Mittwoch hat König nun eine kleine Rückschau gehalten. Es ging um die Kundenzufriedenheit, neue Fahrzeugtechnik und das MVG-Museum, das er auf vielfachen Wunsch aus der Bevölkerung initiiert hat.

Baustellen, Staus, Unfälle - Das Münchner Verkehrschaos aus Sicht der MVG

97 Prozent der Münchner nutzen heute zumindest gelegentlich die Angebote der MVG. Das freue ihn sehr, sagte König. Denn in den 80er Jahren sei das noch ganz anders gewesen. Da hätten nur die bekannten vier As freiwillig die öffentlichen Verkehrsmittel genutzt: Arme, Alte, Ausländer und Azubis.

Zum Abschluss noch eine Abrechnung mit der Politik

König hat nahezu sein gesamtes Leben dem öffentlichen Nahverkehr gewidmet. 1976 schrieb er seine Diplomarbeit über die "Transportqualität im ÖPNV". Die darin aufgeworfenen Fragen sollten ihn im weiteren Beruf immer begleiten: Sind die Züge sauber? Schauen die Schaffner ordentlich aus? Und wie sind die Haltestellen ausgestattet. Wenn er unterwegs war, hat er all das natürlich auch selbst kontrolliert. Irgendwie war er doch schließlich "Mister U-Bahn".

Vor seinem Abgang hat sich König noch eine kleine Mission gesetzt: zwei Tram-Projekte ein bisschen anschieben, die umstrittene Westtangente und die nicht weniger umstrittene Nordtangente durch den Englischen Garten. "Beides keine Erfindungen von mir", sagt König. Schließlich habe es bereits 1991 für beide Trassen einen einstimmigen Stadtratsbeschluss gegeben.

"An uns hat es nicht gelegen", schimpfte der MVG-Chef. Der Beweis dafür, dass beide Strecken die Situation für die Fahrgäste deutlich verbessern würden, sei in seinem Haus schließlich mehrmals erbracht worden. Aber um Infrastruktur-Projekte auf die Gleise zu setzen, "braucht die Politik eben Rückgrat", sagte König. So fühlt sich das also an, wenn man als Politiker von ihm den Kopf gewaschen bekommt.

Wenn König das Tarifsystem erklärt, hat man das Gefühl, zu wenig für ein Ticket zu bezahlen

König ist auch in seinen letzten Tagen ein Freund der deutlichen Worte geblieben. Und auch, wenn das mit den beiden Tram-Linien in seiner Amtszeit nicht mehr hingehauen hat: An Überzeugungskraft hat er über die Jahre nicht eingebüßt.

Wenn König einem in seinem Augsburger Singsang das Tarifsystem der MVG erklärt, hat man danach tatsächlich das Gefühl, zu wenig für sein Ticket zu bezahlen.

Durchschnittlich gerade einmal 18 Cent würde ein Fahrgast pro Kilometer einbringen, sagt er. Das liege daran, dass Zeitkarten-Inhaber mit ihrem Ticket natürlich viel mehr unterwegs sind als nur ein paar Stationen. Verglichen mit anderen Städten sei die MVG beim Preis-Leistungs-Verhältnis deshalb immer noch einer der günstigsten Anbieter überhaupt.

Ende des Monats wird König die Signalkelle nun auch offiziell an seinen Nachfolger übergeben. Der heißt Ingo Wortmann, ist gebürtiger Wuppertaler und hat bereits vor anderthalb Wochen Königs Büro bezogen.

In München wird König künftig nicht mehr so viel unterwegs sein. Er wohnt etwas südlich von Mering in einem ausgemusterten Bahnhofs-Gebäude. "Wahrscheinlich werde ich mir da eher ein Seniorenticket von den Augsburger Verkehrsbetrieben holen."

Und so tickt der neue MVG-Chef

Groß, Westfale, ein Mann mit Schnodderschnauze: Beim Abgang von Herbert König hat sich auch gleich sein Nachfolger vorgestellt.

Ingo Wortmann heißt der, ist 47 Jahre alt und in Wuppertal geboren, der „Stadt mit der Schwebebahn“, wie Wortmann nicht zu betonen vergaß.

Der studierte Eisenbahningenieur hat seine Karriere bei den Verkehrsbetrieben in Dresden begonnen. 2003 wechselte er dann nach Ulm, zu der Zeit eines „desaströsen Bürgerbegehrens“, wie Wortmann sagt. Die Ulmer hatten da nämlich gerade den Ausbau ihres gerade mal fünf Kilometer langen Straßenbahnnetzes abgelehnt. Ziel wären 30 Kilometer gewesen, doch die Ulmer wollten ihr Mini-Netz gerne behalten.

Wortmann hatte dort die undankbare Aufgabe, den Bürgern die Verlängerung doch noch schmackhaft zu machen. Mittlerweile sind fünf zusätzliche Kilometer fertig, zehn weitere befinden sich im Bau.

Der neue MVG-Chef hat gemeinsam mit seiner Frau in Großhadern Quartier bezogen. Auf dem Weg zur Arbeit kann er von dort aus gleich zwei U-Bahnlinien begutachten. Erst die U6, dann die U1.

Wortmann beschreibt sich als Anhänger der bayerischen Bierkultur und als begeisterter Bergsteiger. Da ist er in München natürlich deutlich besser aufgehoben als in Ulm.

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