Nach 20 Jahren: Dieser besondere Laden im Glockenbachviertel München schließt

München - Noch glänzt die Rüstung edel und ein wenig furchteinflößend aus dem Schaufenster an der Thalkirchner Straße 14. Mehr als 20 Jahre lang hat der Ritter dort Wache gehalten in seiner prächtigen Rüstung, mit Schutzteilen von den Füßen bis zur Helmspitze original so, wie berittene Krieger im Mittelalter wohl zum Kampf aufgebrochen sind.
Münchens Mittelalter-Geheimtipp: "Die Ritter" sagt Lebewohl
Alles in dem kleinen Laden von Brigita und Oliver Sopko steht im Zeichen der Ritterzeit, er gilt als Geheimtipp unter Mittelalterfreunden und Rollenspielern. Doch nun sind die letzten Wochen des Ladens angebrochen: Ende März werden Oliver und Brigita Sopko ihr Geschäft zusperren.
Die Entscheidung ist nicht leicht gefallen, das hört man Oliver Sopko an. Die ganze Familie hat sich seit langem dem Mittelalter verschrieben. Mutter Brigita war in den 1980er Jahren bei einer Produktionsfirma beschäftigt, die das 1980 neu ins Leben gerufene Ritterturnier auf Schloss Kaltenberg ausstatten sollte.

Als die Ritterspiele wuchsen, organisierte Sopko auch den Mittelaltermarkt mit Handwerkern und Händlern mit originalgetreuen Gewändern, Werkzeugen und Waffen des Mittelalters. Dabei nutzte die gebürtige Tschechoslowakin ihre guten Kontakte nach Tschechien, wo das Schmiedehandwerk lange Tradition hat. "In Tschechien gibt es bis heute viele Schmiede, die auch Schwerter von Hand fertigen", erklärt Oliver Sopko.
Sohn Oliver wurde geradezu hineingeboren ins Kaltenberger Rittertreiben, mit einem halben Jahr war er das erste Mal dabei. Dann arbeitete er 20 Jahre lang in verschiedenen Rollen mit, vom Schwertverkäufer bis zum Produktionsassistenten. Sein Vater, der inzwischen verstorben ist, gestaltete Kulissen und wurde später sogar Darsteller im Ritterspiel.

Als sich die Produktionsfirma Anfang der 2000er Jahre auflöste, wollte Brigita Sopko ihre guten Kontakte nicht einfach aufgeben. Nach einiger Suche fand sie das Ladengeschäft unweit des Sendlinger Tors und eröffnete dort Ende 2004 "Die Ritter".
Von Ritterrüstungen bis LARP: "Die Ritter" bot Vielfalt für Mittelalterfans
"Anfangs hatten wir vor allem Dolche, Helme und Schwerter im Angebot", erinnert sich Oliver Sopko. Nach und nach stockten sie das Sortiment nach den Wünschen ihrer Kunden auf. Mittelalterliche Kleidungsstücke wie Leinenhemden und Mieder, handgenähte Kopfbedeckungen, Schmuck, Felle oder Lederbeutel gibt es.

In den holzgezimmerten Vitrinen liegen tönerne Met-Becher, Besteck und Gewandnadeln. Von der Decke baumelt ein metallener Keuschheitsgürtel – ein Hingucker, der allerdings doch eher selten gekauft wird, wie Sopko schmunzelnd zugibt. Schwerter verschiedener Länge, Streitäxte und Morgensterne hängen an der Wand.

Liebhaberstücke und 16 Kilo schwere Kettenhemden: Alles für die Mittelalterfans bei "Die Ritter"
Auch Liebhaberstücke wie geschmiedete Würfel finden sich in dem reichen Fundus, neben historischen Büchern und Schuhwerk. In einer Ecke steht ein Kettenhemd. "Vorsicht, das ist geölt", warnt Sopko. Außerdem sollten Träger das Gewicht nicht unterschätzen, gut 16 Kilo bringt das handgeschmiedete Teil auf die Waage.

"Wir verkaufen nicht gerade Dinge für den täglichen Bedarf, sag ich mal", meint Sopko. Die meisten seiner Käufer sind Stammkunden. Viele von ihnen sind Mitglied in einem Mittelalterverein, von denen es im Raum München einige gibt, von Aubing bis Föhring.
Andere tauschen am Wochenende Laptop und Handy gegen Langschwert und Schild beim sogenannten Live Action Role Play (LARP). Auch aus anderen Ländern kommt immer wieder Kundschaft, von Neuseeland bis Brasilien, erzählt Sopko.
Ein Kunde habe sich etwa bei ihm eingedeckt, weil er in Brasilien einen Wikingerverein gründen wollte. Wikingerhelme bietet der Ritterladen auch an, ohne Hörner freilich, denn die sind zumindest bei Kampfhelmen nicht originalgetreu, erklärt Sopko.

Schlussverkauf bei "Die Ritter": Mittelalter-Schätze zu alten Preisen
Etwas wehmütig wird er schon, wenn er ans Ende des Ladens denkt. Doch seine Mutter ist gesundheitlich nicht mehr imstande, regelmäßig im Laden zu stehen, und allein möchte der 42- Jährige das Familienprojekt nicht weiterbetreiben. Den Kunden wird sicher etwas fehlen, wenn die "Ritter" nicht mehr da sind. Den Nachbarn ebenso. "Die waren es schon gewöhnt, dass draußen ab und zu jemand ein Schwert schwingt", sagt Sopko und grinst.
Zum Abschluss verkauft er die Stücke im Laden zu Preisen wie damals zur Eröffnung vor 20 Jahren. Einzelnes wird Sopko behalten. Die Krone zum Beispiel, die sein Vater einst beim Kaltenberger Ritterturnier getragen hat, hat schon einen Ehrenplatz in seiner Wohnung bekommen.