MVV: 13 Millionen Schwarzfahrer in München
AZ: Herr Krebs, wie viele Kontrolleure sind in München im Einsatz?
VOLKER KREBS: Diese Zahl geben wir nur ungern raus, schließlich geht es um den Überraschungseffekt. Aber es sind viele.
Zweistellig, dreistellig, vierstellig?
Dreistellig ist schon gut.
In Berlin gibt es keine zivilen Kontrolleure mehr, nur noch welche in Uniform, wegen des Service-Gedankens. Was halten Sie davon?
Bei uns gibt es beides, Wenn wir Sperrkontrollen machen, also alle Ausgänge von einer Haltestelle besetzen, tragen die Kollegen Dienstkleidung, damit man die Präsenz deutlich erkennt. Überwiegend kontrollieren wir aber in zivil. Damit sind wir im Sinne der ehrlichen, zahlenden Fahrgäste nicht sofort zu erkennen. Der Schwarzfahrer fährt ja zu Lasten der Ehrlichen.
Stimmt es, dass Kontrolleure Provision kriegen für jeden Schwarzfahrer?
Dieses Kopfgeld gibt es nicht. Das hätte für das Klima sehr unangenehme Folgen, das wollen wir nicht. Die Kontrolleure sollen präsent sein, aber sie sollen die Kontrolle angenehm durchführen, da hilft finanzieller Druck nicht. Wir sind Sammler, keine Jäger.
Wie viele Leute fahren schwarz?
Die Quote liegt seit Jahren zwischen zwei und drei Prozent. Bei 522 Millionen Fahrgästen pro Jahr sind das rund 13 Millionen.
Aber die erwischen sie nicht alle...
Das sind statistische Hochrechnungen, die wir durch die Stichproben erstellen können.
Wer fährt schwarz?
Es gibt nicht den typischen Schwarzfahrer. Das kommt in allen Kreisen vor.
Was muss man können, um Kontrolleur zu werden?
Das Auswahlverfahren ist ziemlich aufwändig. Sie werden nach Persönlichkeit und bisheriger Tätigkeit ausgewählt. Sie müssen einerseits freundlich und verbindlich sein, andererseits müssen sie in einer voll besetzten U-Bahn die Aufmerksamkeit auf sich ziehen können – dafür braucht man innere Stärke.
Die Menschen freuen sich ja nicht, wenn sie kommen…
Die meisten schon. Viele ehrliche Kunden sagen uns, dass wir gar nicht oft genug kontrollieren. Aber es kommt natürlich auch zu unangenehmen Situationen. Es gibt alkoholisierte Fahrgäste, manche weigern sich, die Karte herzuzeigen, es gibt Aggressionen. Deswegen müssen die Kontrolleure dem auch körperlich gewachsen sein.
Werden sie körperlich, etwa in Nahkampf, ausgebildet?
Nein, das ist in München auch sicher nicht nötig.
Wie werden sie ausgebildet?
Zuerst gibt es ein vierwöchiges Training. Auch die Polizei schult, da geht es vor allem um Deeskalation, die man schon vorbeugend betreiben muss. Dann werden sie sechs bis acht Wochen mit anderen Kollegen eingesetzt und dann noch einmal geprüft. Es gibt dann zusätzlich regelmäßige Lehrgänge.
Aus welchen Berufen kommen die Kontrolleure?
Alle verbindet, dass sie schon vorher mit Menschen gearbeitet haben. Das ist auch wichtig, denn gerade das menschlich Geschickte ist die Herausforderung.
Drücken Kontrolleure heutzutage noch ein Auge zu?
Nein, es sollen ja alle gleich behandelt werden. Wenn jemand eine personalisierte Fahrkarte hat, die er nicht dabei hat, kann er sie nachreichen, das kostet dann nur fünf Euro – das ist billiger als in anderen Städten. In seltenen Fällen, mit ganz widrigen Umständen – alle Automaten ausgefallen – kann man nachträglich den Einzelfall überdenken. Das passiert aber immer in der Prüfung hinterher.
Man ärgert sich ja öfter, wenn der Automat nicht geht. Oder keinen Schein nimmt. Zieht das als Ausrede?
Wir haben einen genauen Überblick, welche Automaten ausgefallen sind. Und wir sind ja nicht auf dem Land, wo nur ein einziger Automat herumsteht, es gibt meist mehrere. Auch ist es zumutbar, dass sich der Fahrgast soweit informiert, dass er weiß, dass man in der Tram nicht mit Scheinen zahlen kann.
Es gibt im Internet einen „MVV-Blitzer”, in denen Beobachter vor Kontrolleuren warnen. Hat das Auswirkungen?
Nein. Wir sind einfach so schnell unterwegs, bis das im Netz ist, haben wir schon die Richtung gewechselt. Wir schmunzeln da eher drüber.