MVG: Elektronische Sicherung zu teuer

Ein Blinder wird aus dem Gleisbett der U-Bahn gerettet – hätte der Unfall verhindert werden können?
München - Ein Blinder stürzt auf die Gleise und kann sich nur mit Mühe retten. Das Drama, das sich am Mittwochabend am Rotkreuzplatz abspielte (AZ berichtete), hinterlässt Fragen: Wie sicher sind die Bahnhöfe wirklich? MVG-Sprecherin Bettina Hess spricht auf AZ-Anfrage von einem „bedauerlichen Unfall“.
Die vorhandenen Sicherungssysteme hätten funktioniert und in München würden alle Vorschriften eingehalten. Der Blinde, der mit seiner sehbehinderten Frau und seiner Tochter am Mittwoch unterwegs war, hatte den Zwischenraum zweier Waggons mit der Einstiegstür verwechselt – und war ins Gleisbett gestürzt. Geistesgegenwärtig rettete er sich in den Fluchttunnel unter dem Bahnsteig, wo ihm ein Polizist außer Dienst zur Hilfe eilte.
Der Polizei sagte er, er habe das Geräusch einer sich öffnenden Tür gehört. Der Mann wurde mit einer Platzwunde am Kopf und Prellungen ins Krankenhaus gebracht – ihm geht es bereits besser. Der Vorfall ist nicht der erste in diesen Wochen. Immer wieder werden Fahrgäste in U-Bahnhöfen verletzt. „Das Thema Sicherheit hat für uns eine besonders große Bedeutung und selbstverständlich arbeiten wir an weiteren Verbesserungen“, sagt Hess.
Zudem biete die MVG zusammen mit dem Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund Schulungen für Blinde an. Um das richtige Verhalten für den Ernstfall einzuüben, werden Sicherheitseinrichtungen, wie Nothalt-Hebel, Notrufknöpfe und der Sicherheitsraum unter dem Bahnsteig ertastet – und unter wirklichen Bedingungen getestet. Einen so genannten „Sicherheitsstreifen“ gibt es sei 1996 in allen Münchner U-Bahnhöfen. An ihnen können Blinde sich mit dem Blindenstock entlang tasten. Dem Blindenverband reicht das nicht: Er fordert mehr Sicherheit. Immer wieder werden neue Systeme zur Gleisüberwachung vorgeschlagen oder Maßnahmen, um die Lücke zwischen den Waggons der älteren U-Bahnen zu schließen.
Laut MVG ist dies aber wegen der „betrieblichen, fahrzeugtechnischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen in München nicht möglich“. Auch eine elektronische Gleisbettüberwachung wird es so schnell nicht geben, sagt Hess: „Das würde einen dreistelligen Millionenbetrag kosten.“