Mutter sagt aus - gefasst und tapfer

Immer wieder kämpft sie mit den Tränen, bleibt aber tapfer, während sie schildert, wie ihre toten Töchter gefunden hat: Am Montag hat die Mutter im Krailling-Prozess ausgesagt.
von  dpa

Immer wieder kämpft sie mit den Tränen, bleibt aber tapfer, während sie schildert, wie sie ihre toten Töchter gefunden hat: Am Montag hat die Mutter im Krailling-Prozess ausgesagt.

München - Am Montag hat die Mutter der beiden ermordeten Mädchen vor Gericht ausgesagt. Trotz eines "Traumas gigantischen Ausmaßes" hat sie die Vernehmung durchgestanden, der der Angeklagte nicht persönlich folgen durfte. Auch die Öffentlichkeit war ausgeschlossen worden.

Immer wieder kämpft sie mit den Tränen, aber sie steht die Vernehmung durch: Abgeschirmt von der Öffentlichkeit hat am Montag die Mutter der beiden in Krailling ermordeten Mädchen vor dem Landgericht München ausgesagt. Sichtlich mitgenommen, aber gefasst, habe die 42-Jährige geschildert, wie sie am frühen Morgen des 24. März ihre toten Kinder in der Wohnung fand, berichtete Oberstaatsanwältin Andrea Titz aus der Sitzung. „Sie ringt um Fassung, sie ringt um Worte, sie weint.“

Prozess als Teil des Traumas

Dennoch habe die Vernehmung nicht unterbrochen werden müssen. „Sie ist sehr um Fassung bemüht“, sagte Titz. „Sie macht einen tapferen Eindruck.“ Eine Konfrontation mit dem mutmaßlichen Mörder ihrer Kinder blieb der Frau jedoch erspart: Auf Beschluss des Gerichts musste der angeklagte Onkel der Schwestern während der Vernehmung den Gerichtssaal verlassen. Es bestehe sonst die Gefahr, dass sich der Gesundheitszustand der Frau verschlechtere und sie erneut traumatisiert werde, sagte der Vorsitzende Richter Ralph Alt. Der Angeklagte verfolgte die Vernehmung per Videoübertragung in einem anderen Raum.

Die Mutter wurde über einen nicht-öffentlichen Eingang in den Gerichtssaal geführt, den schon morgens Schaulustige belagerten. Der vom Gericht bestellte Psychologe Günther Lauber sagte am Morgen in seinem Gutachten, eine öffentliche Aussage sei der Mutter nicht zuzumuten. „Die Öffentlichkeit ist für sie ein Teil des Traumas.“ Auch eine Vernehmung in Anwesenheit des Angeklagten bedeute mit Sicherheit eine massive Stressbelastung.

Lebensgefährte sagt am Montagnachmittag öffentlich aus

Der Lebensgefährte der Mutter sollte am Nachmittag in den Zeugenstand treten. Ein Zeitpunkt war aber zunächst nicht klar, da sich die Vernehmung der Mutter hinzog. Er und die Frau litten unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, sagte Lauber. „In diesem Fall kann es sicher keinen Zweifel geben, dass es sich um ein Trauma handelt, und zwar um ein Trauma gigantischen Ausmaßes.“

Auch bei dem Lebensgefährten bestehe die Gefahr einer Verschlechterung, wenn er aussagen müsse, während der Angeklagte dabei ist. Eine öffentliche Vernehmung könne er jedoch bewältigen, sagte der Psychologe.

Der 51-jährige Onkel der Kinder muss sich seit dem 17. Januar wegen Mordes an seinen Nichten verantworten. Der Anklage zufolge wollte der verschuldete Familienvater auch die Mutter – seine Schwägerin – töten, um so an ein Erbe zu kommen. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft fasste er den Mordplan, als sich die finanzielle Lage seiner eigenen Familie mit vier Kindern zuspitzte. Der Mann hat bisher vor Gericht geschwiegen.

Die Mutter und ihr Lebensgefährte hatten die Leichen der achtjährigen Chiara und der elfjährigen Sharon blutüberströmt in der Wohnung der Frau gefunden, als sie am frühen Morgen von der Arbeit in der nur 50 Meter entfernten Musikkneipe des Freundes nach Hause kamen. Die Mutter habe bei der Heimkehr Dinge entdeckt, die nicht in die Wohnung gehörten, berichtete Titz. Im zweiten Stock habe sie „auf ihrem eigenen Bett liegend ihre Tochter Chiara gefunden“. Das Kind habe kein Lebenszeichen mehr gezeigt. Im unteren Stockwerk, auf dem Boden in Chiaras Zimmer habe sie dann Sharon entdeckt.

 

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