Mutter lässt ihre Kinder schwänzen

MÜNCHEN - Anke G. brachte ihren Nachwuchs monatelang nicht zur Schule. Auf 923 Fehltage brachten es ihr fünf Kinder. Jetzt bekam die 32-Jährige dafür eine gesalzene Rechnung vor Gericht präsentiert: Sie muss ins Gefängnis.
Sie hat keinen Schulabschluss, keinen Beruf, lebt von Hartz-IV und aus Bequemlichkeit widerfährt ihren fünf Kinder das gleiche Schicksal – über Monate schickte Anke G. (32, Name geändert) ihre fünf Kinder (8 bis 16) in den Schuljahren 2004/05 und 2007/08 nicht in die Schule. Dafür kassierte die untersetzte Mutter gestern vor dem Münchner Amtsgericht ein hartes Urteil: Vier Monate Gefängnis ohne Bewährung wegen der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht.
Da halfen keine Ausreden und keine Tränen: „Ich gebe zu, dass ich meine Kinder nicht zur Schule geschickt habe“, gestand Anke G. und versuchte, das Problem auf ihre Kinder zu schieben. Die 16-jährige Tochter (365 Fehltage) hatte angeblich keinen Bock auf Schule. „Ich musste sie mit Gewalt hinbringen“, so die Angeklagte. Die 14-Jährige (169 Fehltage) hatte Übergewicht und wurde von den Klassenkameraden stets gehänselt. Anke G.: „Sie hat keine Freunde in der Klasse, weinte immer, wenn sie zur Schule musste.“
Für die Zwölfjährige (41 Fehltage) sei die Oma verantwortlich. „Das Jugendamt hat es so angeordnet. Ich habe zwar noch das Sorgerecht, aber was meine Mutter mit meiner Tochter macht, weiß ich nicht“, sagte die Angeklagte. Der achtjährige Sohn (145 Fehltage) fehlte einmal drei Monate wegen einer Herz-OP. Nur für den zehnjährigen und dessen 203 Fehltage hatte sie keine Ausrede.
Die Folge für die Fehlzeiten: Die Älteste hat keinen Schulabschluss und die Kinder blieben ständig sitzen, weil sie vom Schulstoff nichts mitbekamen. Inzwischen ist die Mutter von München nach Essen umgezogen und hat einen neuen Lebensgefährten. „Die Kinder gehen jetzt zur Schule. Ich habe jetzt volle Unterstützung von meinem Mann und dessen Familie“, sagte die Angeklagte, die mit ihrem arbeitslosen Lebensgefährten, der auch zwei Kinder mit in die Ehe gebracht hat, von 1075 Euro Sozialhilfe lebt.
Erschwerend kam hinzu, dass Anke G. einschlägig vorbestraft ist (Betrug, Beleidigung, Leistungserschleichung) und bereits 2004 zu fünf Monaten Haft mit Bewährung verurteilt worden war, weil ihre Kinder die Schule schwänzten.
Für die Richterin Susanne Hemmerich habe sie notorisch gegen Bewährungsauflagen verstoßen: „Sie wollen nicht so leben, wie es der Staat vorsieht. Deshalb konnte ich keine Bewährung mehr geben.“
Torsten Huber