Mutmacher in Corona-Zeiten: Bunte Stein-Schlangen in Neuhausen
Neuhausen - Heute ist familiäres Teamwork angesagt: Ferdinand (7) bemalt gemeinsam mit seinen Eltern Gabi (45) und Stefan (53) Steine, die das von den Corona-Ausgangsbeschränkungen gebeutelte Trio während einer gemeinsamen Radtour gesammelt hat.
Gabi hat bei der Auswahl der Farben ein Wörtchen mitzureden, Stefan wird sogar selbst kreativ. "Ferdi" steht da auf seinem Stein in blauen Lettern – und damit steht auch fest, wer bei dieser Aktion den Hut aufhat.

Etliche Stein-Schlangen in ganz München
Warum Steine bemalen? "Wir haben am Abenteuerspielplatz diese lange Reihe von Steinen gesehen, und da haben wir uns gedacht, da machen wir mit", erzählt Ferdi. Dahinter steckt ein lokaler, landesweiter, ja nationaler Trend. Überliefert sind Münchner Hot Spots beispielsweise im Westpark, am Rande des großen Erdbeerfeldes an der Verbindungsstraße zwischen Obermenzing und Untermenzing oder eben hier in Neuhausen.

Neuhausen: "Wir möchten diese Zeit ein wenig bunter machen"
Da finden sich nicht weit voneinander entfernt gleich zwei Reihen aus bunten Steinen – zum einen nahe des derzeit geschlossenen Abenteuerspielplatzes (ASP) in der Hanebergstraße, zum anderen an der Braganzastraße auf der Fußgängerbrücke über der Landshuter Allee.
Da kommen wir dann auch hinter das Geheimnis der kleinen Künstler. "Liebe Spaziergänger jung oder alt", heißt es da in einem aufs Pflaster geklebten Brief, "wir möchten diese Zeit und Neuhausen ein wenig bunter machen und würden uns freuen, wenn Ihr auch mitmachen würdet. Helft uns dabei, dass unsere bunte Steineschlange über die Brücke kommt!"
Steine bemalen als Ablenkung in Corona-Zeiten
Ein bisschen Freude, ein bisschen Farbe in jenes Leben bringen, das ja gerade den Familien in Corona-Zeiten inmitten der immensen Anforderungen von Homeschooling und den mitunter neuen Herausforderungen von Homeoffice einiges abverlangt. "Wir kommen ganz gut klar", sagt Gabi, "aber Ferdi kann sich eben auch gut mal allein beschäftigen und braucht nicht ständig andere um sich herum".
Ferdi bemalt die Steine am liebsten mit Filzstiften ("da kann man auch feine Linien ziehen"), benutzt aber auch Wachsmalkreiden – wie sie die anderen Kids in der Nachbarschaft hernehmen.
Die haben auch von der ASP-Schlange Wind bekommen und daraus ein eigenes "Geschäftsmodell" entwickelt – Carlo (11) bietet an der Nymphenburger Straße gemeinsam mit den Brüdern Gustav (10) und Gabriel (5) gegen Spenden die mit viel Sorgfalt und Liebe bemalten Steine an. Die Passanten sind auf jeden Fall sehr neugierig – und auch großzügig: "Gestern hat ein Mann acht Steine genommen, und er hat uns zehn Euro gegeben", erzählt Carlo.
ASP Neuhausen: Aktion der Mutmach-Steine geht weiter
Tatsächlich kommen die Kunstwerke der Kinder sehr gut an. Ein älteres Pärchen entscheidet sich für drei mit Blumen dekorierte Steine. "Einer findet seinen Ehrenplatz auf dem Grab meines Bruders", sagt die Frau, die es grundsätzlich "einfach schön" findet, dass die Kinder sinnvolle Beschäftigungen im Kampf gegen die tägliche Langeweile entdecken.
Am Abenteuerspielplatz darf und soll die ganz besondere Schlange weiterwachsen. "Wir befestigen draußen an unserem Zaun Behältnisse mit Steinen drin und rufen die Familien, die Kinder dazu auf, Steine zu bemalen und sie beim ASP abzulegen", berichtet ASP-Leiterin Susanne Kußmaul.

ASP Neuhausen dicht: Ideen in der Corona-Krise
Der Spielplatz ist noch bis Mittwoch (6. Mai) geschlossen, wie alle Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit des Kreisjugendrings (KJR) München-Stadt. Das ASP-Team gibt sich alle Mühe, die Kinder bei Laune zu halten und in ständiger Abstimmung mit den anderen Einrichtungen in Zeiten der Ausgangsbeschränkungen pfiffige Angebote auf die Beine zu stellen.
Wie zum Beispiel mit dem sogenannten Walk-in: Dabei können die Kinder zu bestimmten Zeiten ein Bastelset für Zuhause abholen, auch das IdeenReichMobil und das Musikmobil des KJR sind an der Aktion beteiligt. Kußmaul: "Beim ersten Mal waren etwa 36 Kinder da, manche von ihnen waren das erste Mal seit zwei Wochen wieder mal vor der Tür."
Umso wichtiger sei nun der Zusammenhalt: "Unsere Mutmach-Steine schlängeln sich heraus zum Kindergarten und bald auch zum Hort." Weitere Wege von Einrichtung zu Einrichtung sollen die bunten Steine verbinden, auch die sonst beim Weihnachtsmarkt aktiven Partner des Kooperationsprojekts "Wir für Neuhausen" sind jetzt eingebunden, so Kußmaul. Gelebtes Miteinander im Viertel eben.
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