Mutiges München: Im Nachthemd die Schläger vertrieben
BAD AIBLING - Irene Durukan fackelt nicht lange, als sie nachts Schreie hört. Vor ihrem Haus wurde ein Mann verprügelte. Sie schritt ein – und rettete einem 28-Jährigen vermutlich das Leben.
Einen guten Schlaf hat Irene Durukan nicht mehr. „Seit damals bin ich nachts hellhöriger“, sagt sie. Damals, das war das Pfingstwochenende vor zwei Jahren. Volksfeststimmung herrschte in Bad Aibling. Doch Irene Durukan war nicht zum Feiern zu Mute. Sie hatte eine Gebärmutter-OP hinter sich. Heftige Schmerzen pochten in ihrem Unterleib. Schlaflos lag sie im Bett. Dann hörte sie Schreie.
„Es war gruselig“, erinnert sich die 46-Jährige an den Vorfall, der sich damals direkt vor ihrem Haus abspielte. Zehn Schläger hatten einen 28-Jährigen durch das Dorf gehetzt, bis vor die Haustüre von Irene Durukan. Ohne Gnade schlagen die Gewalttäter auf ihr Opfer ein. Die Mutter zweier Kinder stürmt aus dem Bett auf die Straße, wirft sich schützend auf das Opfer am Boden und schreit aus voller Kehle. In den umliegenden Häusern gehen Lichter an. Die Schläger starren fassungslos auf die Frau im Nachthemd vor ihnen. Dann hauen sie ab.
„Es war ein Schutzmantel aus Wut um mich herum“, sagt Irene Durukan, „in diesem Moment hatte ich keine Angst“. Für ihr mutiges Handeln bekam sie 2008 den XY-Preis, eine Auszeichnung, die Menschen mit Zivilcourage ehrt. Auch der in Solln zu Tode geprügelte Dominik Brunner wird posthum diesen Preis bekommen – er hatte versucht, Kinder vor zwei Schlägern zu schützen.
Würde sie in einer ähnlichen Situation wieder so mutig handeln? „Ich weiß nicht – wie in Solln hätte es auch bei mir laufen können“, sagt Irene Durukan ganz offen. Glücklicherweise ist ihr nur ein kleines Trauma geblieben. Dabei sind es nicht nur Schlafstörungen, die sie an jene Nacht erinnern. Auch an das Wiedersehen mit dem Opfer muss sie oft denken. „Er war sehr froh, danke sagen zu können.“ rke
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