Museumsleiter über Georg Elser: Er hat alles richtig gemacht

Der 70-jährige Hermann Wilhelm ist Leiter des Haidhausen-Museums. Mit der AZ spricht er über den Widerstandskämpfer Georg Elser.
AZ: Herr Wilhelm, in Ihrem Stadtteilmuseum in der Kirchenstraße gab’s 1987 die erste Ausstellung überhaupt zu Georg Elser. Wie kam es dazu?
HERMANN WILHELM: Ja, wir waren die Ersten, die das Thema Widerstand jenseits der Wissenschaft darstellten. Auslöser war eine parteiübergreifende Initiative des Bezirksausschusses von Haidhausen. Zuvor hatte der Historiker Lothar Gruchmann die Verhörprotokolle entdeckt und bewiesen, dass Elser ein Einzeltäter war.
Warum zog es Hitler in den Bürgerbräukeller?
Der Bürgerbräukeller war für die Nazis interessant, da er von allen Gasthäusern in München die beste Akustik hatte. Das war wichtig für einen Redner wie Hitler. Außerdem passten 3.000 Menschen rein. 1923 wurde dort der Hitlerputsch niedergeschlagen. Seit 1933 sprach er dort immer am 8. November vor seinen alten Mitkämpfern. 1938 hat sich Elser das angesehen, um das Attentat vorbereiten zu können.
"Georg Elser war ein ganz normaler Bürger"
Warum begann die öffentliche Auseinandersetzung mit Georg Elser erst so spät?
Es war alles verdrängt. Auch Ende der 80er war man noch nah dran an der NS-Zeit. Es gab noch ehemalige Nazis. Es gab jüdische Menschen, die das KZ überlebt hatten und nicht über das, was sie erlebt hatten, sprechen konnten. Und es gab die Widerstandskämpfer, die noch lange nicht von allen akzeptiert waren.
Wie war die Resonanz auf die Ausstellung?
Es war ein sehr wichtiges und neues Thema. Am Eröffnungstag, einem Sonntag, standen die Besucher in Trauben auf der Straße. Bis dahin war das Thema tabuisiert. Niemand wollte darüber sprechen. Auch aus Heidenheim, der Heimatregion von Georg Elser, kamen Besucher. Es war eine unserer bestbesuchten Ausstellungen. Sie führte dazu, dass wir zwei Jahre später in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat eine größere Ausstellung im Gasteig gemacht haben.
Wer ist Georg Elser für Sie?
Das Interessante an ihm ist, dass er weder aus der politischen Szene, noch dem Militär oder einer Organisation kam. Er war ein ganz normaler Bürger, der den Mut entwickelt hat, so etwas durchzuführen. Und der vorhersah, was auf Deutschland zukam. Bizarr ist: Er hat alles richtig gemacht und trotzdem ging alles schief. Noch bevor es in München krachte, wurde er in Konstanz verhaftet. Die Polizisten haben am Radio von der Bombe erfahren. Und dann hatte ihr Gefangener eine Postkarte vom Bürgerbräukeller eingesteckt... .
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